Die Überlegenheit von US-Assets war Anfang des Jahres gesetzt. Sechs Monate später sieht die Welt anders aus. Während die US-Suprematie von der Trump-Administration geschreddert wurde, erleben PIGS und Euro-Banken ein Comeback. Welche Lektionen uns das lehrt.
Was haben folgende Aktienmärkte gemeinsam? MSCI Greece, der Index für die großen Euro-Banken, der portugiesische PSI 20, der Mailänder Aktienindex MIB und der MSCI Spain?
Korrekt: Das sind die Märkte mit sehr hohen Renditen im ersten Halbjahr dieses Jahres. Griechenland-Aktien liegen mit über 40 Prozent sensationell im Plus, spanische Titel sind um 24 Prozent gestiegen, der PSI legte um 21 Prozent zu und der MIB stieg um 19 Prozent. Letzterer lag damit einen Tick vor dem langjährig sklerotischen DAX, der dieses Jahr bisher um 18,8 Prozent zulegte. Die ehemals mit dem unsäglichen Akronym geschmähten „PIGS“ (plus Euro-Banken) feiern also ein beachtliches Revival.
Wir erinnern uns, dass Anfang des Jahres die These von der US-Suprematie die Anlegerwelt dominierte. Doch wie steht es aus mit dem S&P 500 und dem NASDAQ? Wiederum richtig geraten: Aus Sicht von Euro-Anlegern liegen die großen Aktienbarometer der USA deutlich im Minus, mit jeweils rund sieben Prozent. Die Verluste kommen dadurch zustande, dass der Dollar gegenüber dem Euro abgeschmiert ist. Im Geleitzug zum Dollar wurden amerikanische Staatsanleihen von nervösen Anlegern massiv verkauft. Deutlich besser haben sich Schwellenländer-Anleihen in lokalen Währungen geschlagen, die rund zehn Prozent im Plus liegen. Zur Erinnerung: Schwellenländer-Märkten wurden wegen der hohen Renditen in den USA für 2025 eher schlechte Prognosen ausgestellt.
Diese Auswahl an Highlights zur ersten Jahreshälfte zeigt, dass manche Investoren Diversifikation als Loser-Strategie für Weicheier bezeichnen mögen. In der Praxis stellt sie allerdings sicher, dass Portfolios auch mit Rendite rechnen können, wenn die Sunny Boys der Märkte versagen. Dann schlägt oft die Stunde vermeintlicher Performance-Krücken. Wir haben bereits 2023 in unseren Beratungsmandaten Europa-Aktien und US-Titel weitgehend gleichgewichtet. Nicht, weil wir gewusst hätten, dass sich eine US-Administration anschicken würde, den Dollar und die ehemals als unsinkbar geltenden US-Staatsanleihen eigenhändig zu schreddern, sondern genau, weil wir wussten, dass wir nicht wissen, welche Trends an den Märkten in Zukunft vorherrschen werden.
Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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