Ach, wie war es doch vordem
Mit dem starken Dollar so bequem!
Denn war man faul, … kaufte man einfach den MSCI World ETF
Und legte sich
Hin auf die Bank und pflegte sich.
(…)
Analog zum Märchen von den Kölner Heinzelmännchen lebten Anleger aus der Eurozone seit 2009/10 in einer Art Wunderwelt. Wer in den amerikanischen Aktienmarkt investierte, wurde reichlich belohnt. Der starke Dollar wirkte wie ein Turbo: Es war gewissermaßen eine Magnificent-7-Rally auf Speed. Die goldene Ära hat uns konditioniert: Wer weltweit diversifiziert – also ETFs auf den MSCI World oder S&P 500 kauft – wird selbstredend mit Währungsgewinnen belohnt.
Doch wie einst die Kölner Bürger erleben Euro-Anleger nun ein böses Erwachen. Der Status des US-Dollars als globale Reservewährung wird zunehmend infrage gestellt. Die erratische US-Handels-, Außen- und Sicherheitspolitik seit Beginn der Trump-Ära hat das Vertrauen vieler Investoren erschüttert. In den vergangenen sechs Monaten hat der Dollar gegenüber dem Euro rund 15 Prozent an Wert verloren. Für die meisten Euro-Anleger steht unter dem Strich ein deutliches Minus bei ihren Dollar-Investments.
Es wird Zeit, sich von der Illusion zu verabschieden, Währungsgewinne seien ein Naturgesetz. Sie sind kein Automatismus, sondern können sich schnell ins Gegenteil verkehren. (Fragen Sie einmal US-Anleger, die nach 2009 global diversifiziert haben!) Genau das erleben derzeit Euro-Investoren, die ihr Aktienportfolio mit US-Titeln vollgeladen haben. Der doppelte Rendite-Turbo verkehrt sich in ein „double whammy“. Für Fans des MSCI World ist es an der Zeit, Aktiendiversifikation neu zu denken. Sonst ergeht es ihnen wie den Kölner Bürgern, die nach dem Exodus der Heinzelmännchen schmerzlich erfahren mussten, wie hart der Alltag ohne wundersame Hilfe sein kann:
Seit Trumps Zeit ist er fort,
Und keiner hat ihn je mehr gesehn,
Drum ist das Leben nicht mehr so bequem,
Und alle müssen selber gehn
Und selber schaffen und selber tun –
Ach, wär’ der Dollar-Effekt doch geblieben nun!
Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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