Andrej Brodnik von Oddo BHF Asset Management berichtet über die Herausforderung, in Zeiten haussierender Märkte in Mischfonds eine Balance zwischen Risiko und Ertrag zu finden
Michael Weisz: Herr Brodnik, in der Polaris Multi-Asset-Familie verwaltet Ihr Haus derzeit mehr als 3 Milliarden Euro an Kundengeldern. Die Fonds sind allesamt 4 und 5 Sterne Fonds bei Morningstar. Gratulation hierzu. Wie würden Sie für unsere Leser die generelle Herangehensweise beim Verwalten der Fonds beschreiben?
Andrej Brodnik: Ja. Vielen Dank, darauf sind wir sehr stolz. In den vier Polaris Fonds verfolgen wir einen globalen und langfristig ausgerichteten Investmentansatz. Bei der Aktienauswahl schauen wir zum Beispiel, dass wir im Schnitt die Aktien 3 bis 5 Jahre im Portfolio halten, um einen möglichst geringen Portfolioumschlag zu haben. Wir fahren hierbei einen wirklich globalen Ansatz. Neben Europa und den USA investieren wir auch in den Emerging Markets.
Weisz: Welche Kriterien spielen bei der Aktienauswahl eine Rolle? Ist es ein Länder- oder eher Sektor-basierter Ansatz?
Brodnik: Ich würde unseren Ansatz eher als Themen-orientiert beschreiben. Wir haben vier nachhaltige Trends an den Aktienmärkten identifiziert, die unserer Meinung nach langfristig überproportional wachsen sollten.
Weisz: Welche sind das?
Brodnik: Digitalisierung, also Themen wie Automatisierung in der Wirtschaft, Datenspeicherung in der Cloud, Datenanalyse mit Big Data. Den zweiten Trend nennen wir neue Verbraucher- und Arbeitstrend. Gemeint sind Plattformen, die Käufer und Verkäufer miteinander verbinden, wie bspw. PayPal. Beim dritten Trend geht es um die zunehmende Alterung der Bevölkerung. Interessant ist zum Beispiel, dass im Jahr 2019 eine Milliarde Menschen auf der Welt über 60 Jahre alt waren. Im Jahr 2050 sollen es bereits 2 Milliarden sein. Das ist die am schnellsten wachsende Altersgruppe laut den Vereinten Nationen.
Weisz: Und der vierte Trend?
Brodnik: Der vierte Trend befasst sich mit dem steigenden Einkommen in der weltweit aufstrebenden Mittelschicht. Schätzungen besagen, dass die globale Mittelschicht im Jahr 2009 aus ungefähr 1,8 Milliarden Menschen bestand, im Jahr 2030 sollen es schon 4,9 Milliarden sein.
Weisz: Das hört sich nach einem eher wachstumsorientierten, oder qualitätsorientieren Ansatz an. Wie sieht es da mit den Bewertungen aus?
Brodnik: Die Bewertungen an den Aktienmärkten sind natürlich hoch im Vergleich zur Historie. Es mangelt aber an sinnvollen Alternativen. Schauen Sie sich bspw. die Bewertungen der Rentenmärkte an, die sind deutlich höher. Daher ist es wichtig Aktien auszuwählen, die aufgrund gewisser Markteintrittsbarrieren eine höhere Bewertung rechtfertigen können.
Weisz: Sie sind also vorsichtig optimistisch für den Aktienmarkt. Das heißt, die Aktienquoten in den Fonds liegen derzeit eher über ihrem langfristigen Durchschnitt?
Brodnik: Genau.
Weisz: Können auch kurzfristige taktische Überlegungen eine Rolle spielen?
Brodnik: Unser Fokus liegt klar auf der langfristig ausgelegten, strategischen Asset Allokation. Es gibt aber auch Situationen, in denen wir über Futures kurzfristige Absicherungen vornehmen.
Weisz: Wann könnte das zum Beispiel der Fall sein?
Brodnik: In unserem Balanced-Mandat haben wir zur Zeit einen Short auf den Nasdaq, um die aus unserer Sicht hohen Bewertungen im Tech-Bereich abzusichern.
Weisz: Wie hoch ist die Aktienquote aktuell in der flexibelsten Variante – also dem ODDO BHF Polaris Flexible? In dieser Strategie kann der Aktienanteil ja zwischen 25 und 100 Prozent liegen.
Brodnik: Zur Zeit bei 67%.
Weisz: Eine Frage zum „Nicht-Aktien-Teil“ des Portfolios. Dieser ist ja im aktuellen Marktumfeld wahrscheinlich schwieriger zu managen als der Aktien-Part. Wo setzen Sie hier die Schwerpunkte? Wie stark gehen Sie ins Risiko?
Brodnik: Die Anleihen dienen zur Stabilisierung des Portfolios, um die Risiken auf der Aktienseite abzufedern. Der Schwerpunkt liegt auf Euro Anleihen. Wobei dies Staatanleihen, Pfandbriefe, aber auch Unternehmensanleihen sein können.
Weisz: Kaufen Sie dabei auch High-Yield-Anleihen?
Brodnik: Wir dürfen bis maximal 10 Prozent in High-Yield-Anleihen investieren. Das schöpfen wir derzeit aber bei weitem nicht aus.
Weisz: Solche Strategien bottom-up zu managen, ist sehr aufwendig. Wie groß ist das Management-Team – also Analysten und Portfolio-Manager, deren Entscheidungen miteinfließen?
Brodnik: In unserem Multi-Asset-Team arbeiten 25 Performance-verantwortliche Anlageexperten. Die Rentenseite wird von einem spezialisierten Anleihen-Team gemanagt, die auch die Verantwortung für unsere Rentenfonds haben. Das sind nochmal 30 Anlageexperten.
Weisz: Spielen nachhaltige Investmentkriterien eine Rolle in Ihrem Investmentprozess? Stichwort ESG?
Brodnik: Absolut. Alle Polaris Fonds haben ein A- oder AA-Rating von MSCI.
Weisz: Und wie machen sie das? In diesem Bereich gibt es ja die unterschiedlichsten Ansätze.
Brodnik: Wir stellen schon im Research-Prozess sicher, dass alle Unternehmen, die wir uns anschauen nachhaltigen Kriterien standhalten. Dies überprüft ein internes ESG-Team, wir nutzen aber auch externe Daten-Provider.
Weisz: Sie arbeiten also nicht nur mit Auschlusskriterien?
Brodnik: Nein. Es geht darüber hinaus. Wir wollen zum Beispiel sicherstellen, dass die CO2-Emissionen der Unternehmen, in die wir investieren, unterhalb des Marktdurchschnitts liegen. Und wir möchten auch, dass die Firmen von sich aus Anstrengungen unternehmen, um nachhaltiger zu werden. Alleine diese Kriterien reduzieren das Anlageuniversum um mindestens 20 Prozent. Um das sicherzustellen, gehen wir auch in den direkten Dialog mit den Unternehmen.
Weisz: Herr Brodnik. Ich danke für das Gespräch und wünsche weiterhin viel Erfolg.