Die Aktien-Volatilität war 2025 bemerkenswert. Auch wenn sich die Kurse seit Anfang April erholt haben, sitzt der Trump-Schreck vielen Anlegern noch in den Gliedern. Wir ziehen anhand der Performance der großen Aktien fünf Lehren aus den vergangenen zwei turbulenten Monaten.
Defensive Sektoren schützen – aber nicht immer
Diese Weisheit hat sich nur teilweise bei der Aktien-Volatilität 2025 bewahrheitet. Das zeigt sich anhand der Performance der großen Fondskategorien, die Morningstar regelmäßig berechnet. Voll und ganz ihrer Rolle gerecht wurden dagegen Infrastrukturfonds, die im Durchschnitt 2,5 % zulegten. Noch besser performten Aktienfonds für Versorger (siehe Tabelle). Indes haben Fonds für Pharma-Aktien, typischerweise ein Sektor, der in volatilen Märkten profitiert, im laufenden Jahr deutlich verloren, und zwar im Schnitt aller Pharma-Fonds um 8 % (in Euro gerechnet). Das liegt an der wissenschaftsfeindlichen US-Administration, die mit Robert Kennedy Jr. einen Impfgegner an die Spitze des US-Gesundheitsministeriums installiert hat.
Auch Wasserfonds, die der Gruppe der Versorger zugerechnet werden können, gaben in diesem Jahr um 2,8 % nach. Dass die Märkte 2025 vom klassischen „Aktiendrehbuch“ abgewichen sind, zeigt die Performance der zyklischen Sektoren. Mit einem Plus von knapp zehn Prozent konnten Fonds für Finanz-Aktien überzeugen. Aktienfonds für Industrietitel legten 2025 um knapp 5,5 % zu. Das ist keine typische Entwicklung für volatile Zeiten. Es kommt also immer auf die Marktkonstellation an, und diese war bisher nicht eindeutig. Sie wurde vom „Sell America, buy Europe“-Trade überlagert.
Was Sie tun können: Defensive Sektoren wie Versorger und Infrastruktur bleiben eine sinnvolle Beimischung in Aktien-Portfolios, aber sie schützen nicht immer vor Verlusten – es kommt auf den Zyklus und das Sentiment der Anleger an. Streuen Sie daher breit über verschiedene Sektoren und Märkte und stellen Sie konventionelle Weisheiten in Frage. Prüfen Sie regelmäßig, ob Ihre Sektorallokation nicht zu Überschneidungen mit anderen Fonds in Ihrem Portfolio führt.
Low-Volatility-Fonds schützen – nicht nur kurzfristig
Fonds, die auf niedrig schwankende Aktien setzen, konnten in diesem Jahr insgesamt die Verluste begrenzen. Je nach Kategorie bzw. Markt konnten sogenannte Low-Volatility-Fonds sogar ein Plus verbuchen. In der Finanzwissenschaft ist vom Low-Volatility-Faktor die Rede, der im Gegensatz zur klassischen Lehre steht, wonach die Rendite eine reine Funktion des Risikos ist. Vielmehr gilt auch langfristig das Motto: Wer weniger verliert, hat weniger aufzuholen. Das spielt risikoaversen Investoren in die Hände. So war es auch bei der Aktien-Volatilität 2025. Auch in den vergangenen 30 Jahren haben Low-Volatility-Aktien überzeugt: Seitdem der Indexanbieter MSCI 1998 angefangen hat, den MSCI World Low Volatility Index zu berechnen, hat dieser den MSCI World (sehr) leicht outperformt. Grund hierfür sind die zahlreichen Krisen, die die Märkte erschüttert haben: die LTCM-Krise 1998, das Platzen der Dotcom-Blase (2000 bis 2003), die große Finanzkrise 2008/09, die Eurokrise 2011, der Covid-Einbruch 2020, der Inflationsschock 2022. Das alles hat – der Zinseszinseffekt sei Dank – defensive Portfolios beflügelt. Diese dürften allerdings dann zurückfallen, wenn die Märkte ohne große Zwischensetzter langfristig steigen, wie es in den 1990er-Jahren oder auch zwischen 2012 und 2022 der Fall war.
Leider kommt beim Low-Volatility-Faktor den Investoren das eigene Verhalten in die Quere. In der Regel kaufen Investoren dann einen Fonds oder einen Markt, wenn dieser gut gelaufen ist. Das ist bei Low-Volatility-Fonds nicht anders. Nach einer Korrektur sehen Investoren deren Outperformance und kaufen. Dann wäre es allerdings geboten, klassische Marktportfolios zu kaufen und keine defensiven Titel. Sinngemäß dazu werden Low-Volatility-Fonds dann verkauft, wenn sie in freundlichen Marktphasen (erwartbar) underperformen. Gefördert wird dieses Verhalten leider auch von den Fonds- und ETF-Anbietern: Sie lösen Low-Volatility-Fonds dann auf, wenn die Nachfrage abnimmt. So sind zwischen 2017 und 2021 etliche dieser Fonds und ETFs vom Markt genommen worden. Das ist allerdings kein gutes Signal für Anleger: Würden Sie, nachdem man Ihnen den Verkaufserlös eines liquidierten Fonds aufs Konto überwiesen hat, umgehend Ausschau nach einem anderen Fonds oder ETF in diesem Segment halten? Eben!
Was Sie tun können: Low-Volatility-Fonds eignen sich besonders für sicherheitsorientierte Anleger. Sie dienen als Stabilisator von Depots. Bleiben Sie aber langfristig investiert und vermeiden Sie taktische Umschichtungen, nur weil ein Fonds kurzfristig underperformt. Prüfen Sie vor dem Kauf die Kosten und die Investmentstrategie. Low-Volatility-Strategien gibt es in vielen Ausprügungen, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können.
Aktien-Hedgefonds sind meistens keine gute Lösung
Fonds mit Aktienstrategien, die Long und Short gehen können, etwa Long-Short-Equity oder Equity Market Neutral, sind nach wie vor keine überzeugende Alternative zu klassischen Aktienkategorien, auch wenn sie in Zeiten von Krisen die Verluste besser begrenzen. Wie haben solche Fonds in der Aktien-Volatilität 2025 performt? Global anlegende Long-Short-Aktienfonds verloren nur etwas mehr als ein Prozent, Fonds mit Schwerpunkt Europa gewannen sogar gut 2,2 %. Das klingt ordentlich, aber faktisch folgen diese Fonds der zugrunde liegenden Marktbewegung. Diese Fonds steigen in guten Marktphasen nur begrenzt. Und weil die Aktienmärkte in den vergangenen Jahren in Aufwärtsphasen ziemlich stark zugelegt haben, fällt die Bilanz der Fonds in den vergangenen Drei-, Fünf- und Zehnjahresperioden ziemlich bescheiden aus. Das liegt auch an den hohen Kosten, die sich 1:1 negativ auf die Rendite der Anleger niederschlagen. Die allermeisten Anleger sind also mit Low-Volatility-Fonds (die sie dann aber langfristig halten sollten) besser bedient als mit teuren Mimikri-Hedgefonds.
Was Sie tun können: Lassen Sie sich von den Marketing-Aussagen über die vermeintliche Krisenfestigkeit von Hedgefonds nicht blenden. Für Privatanleger sind diese Produkte meist zu teuer und bieten langfristig keinen Mehrwert gegenüber klassischen, breit gestreuten Aktienfonds oder Low-Volatility-Fonds. Setzen Sie auf kostengünstige, transparente Fonds und bleiben Sie bei einfachen, nachvollziehbaren Strategien.
Sell USA, Buy Europe: Ein neuer säkularer Trend?
Wir haben bereits viel darüber geschrieben: In diesem Jahr ist die seltene Konstellation zu beobachten, dass europäische Aktien mit Abstand die beste Rendite aller Fondskategorien auf der Aktienseite in diesem Jahr erzielt haben (Ausnahme: Edelmetallaktien, die durch die Decke gingen). Egal, ob österreichische, spanische, italienische oder deutsche Aktienfonds, oder Fonds für Europa- und Eurozonen-Aktien: Der alte Kontinent hat den USA den Schneid abgekauft. War es das? Ist der Einstieg jetzt nicht mehr zu empfehlen angesichts der starken Outperformance der vergangenen sechs Monate? Blickt man auf die Bewertungen europäischer Aktien und bedenkt, dass wir möglicherweise einen tektonischen Wandel an den Aktienmärkten sehen, dann sind Europa-Aktienfonds nach wie vor ein Kauf. Auch Japan und Emerging Markets könnten – alleine aus Bewertungsgründen – nach wie vor in Portfolios aufgestockt werden.
Was Sie tun können: Nutzen Sie die aktuelle Stärke europäischer Aktien, aber vermeiden Sie es, alles auf eine Karte zu setzen. Eine ausgewogene regionale Diversifikation bleibt das A und O. Prüfen Sie regelmäßig die Bewertungen und passen Sie Ihre Gewichtung an, ohne kurzfristigen Trends hinterherzulaufen. Auch Japan und Schwellenländer können attraktive Chancen bieten – bleiben Sie flexibel und offen für Veränderungen.
Wer sich hektisch bewegt, verliert (auch 2025)
Auch in dieser Korrektur hat sich gezeigt, dass taktisches Hin und Her die Anlegerrendite schädigt. Wer am 2. April nach der Verkündigung des sogenannten „Liberation Day“ sein Aktienportfolio liquidiert hat, wähnte sich gerade einmal eine Woche von der Seitenlinie aus als Gewinner. Danach kam der Rebound, der seit dem 9. April die Verluste bei Risiko-Assets in diesem Jahr ausgeglichen hat. Das bedeutet, dass Anleger auch beim Ausstieg kein gutes Händchen hatten. Bei längeren Korrekturen bekommen viele den Ausstieg recht gut hin. Sie verpassen allerdings den zeitigen Wiedereinstieg. Dieses Mal hat ein Ausstieg nach dem 2. April nicht einmal das Portfolio vor Verlusten bewahrt, zu kurz war die – zugegebenermaßen heftige – Korrektur.
„Wer sich bewegt, verliert“ ist auch bei der Aktien-Volatilität 2025 das Motto. Diese Erkenntnis steht nicht im Widerspruch zu Punkt 4: Auch wenn man der These anhängt, dass es Verschiebungen an den Märkten gibt, sollte man nicht erst dann handeln, wenn die Märkte bereits wanken oder fallen. Envestor-Beratungskunden sind bereits seit rund zwei Jahren in den USA untergewichtet und in Europa und Japan übergewichtet. Weil US-Aktien inzwischen auch in der Dreijahresbilanz hinter die Performance europäischer und japanischer Aktien zurückgefallen sind, hat sich diese Gewichtung auch mittelfristig ausgezahlt. Selbstentscheider sollten daher ihr Portfolio stets im Blick haben und Klumpenrisiken rechtzeitig bereinigen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Was Sie tun können: Bleiben Sie ruhig, auch wenn die Märkte schwanken. Vermeiden Sie hektische Umschichtungen und kurzfristige Entscheidungen aus Angst oder Gier. Überprüfen Sie Ihr Portfolio regelmäßig, passen Sie es strategisch an und halten Sie an Ihrer langfristigen Anlagestrategie fest. Wer besonnen bleibt, fährt meist besser.
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Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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