Wer die Zuschüsse zur Mütterrente den Zuschüssen zur Frühstart-Rente gegenüberstellt, kann nur zum Schluss kommen: Die Bundesregierung hasst Kinder. Ein Rant wider die Bräsigkeit und Zukunftsvergessenheit der Großen Koalition, die hartnäckig die Versäumnisse der Vergangenheit fortschreibt und die dringende Reform der privaten, geförderten Altervorsorge aufschiebt.
Man könnte über die Absurdität lachen, wenn es nicht so traurig und so dramatisch wäre: Noch bevor sie das Licht der Welt erblickt, wird die Frühstart-Rente bereits beschnitten. Die Große Koalition setzt den Rotstift bei der geplanten Förderung der kapitalmarktgedeckten Vorsorge für jüngere Generationen an. Die Frühstart-Rente umfasst laut Haushaltsgesetz 2026 nicht länger alle Sechs- bis 18-Jährigen, sondern zunächst nur die jüngste Alterskohorte. Nur Sechsjährige bekommen den Zuschuss von zehn Euro monatlich für eine private Altersvorsorge. Die Sieben- bis 18-Jährigen gehen zunächst leer aus. Tröpfchenweise soll jedes Jahr eine neue Jahrgangskohorte dazukommen. Laut Berechnung der Tagesschau sind für das nächste Jahr 50 Millionen Euro im Haushalt für die Frühstart-Rente eingeplant.
Spätestens jetzt ist klar: Die Bundesregierung hasst Kinder. Anders lässt sich die Summe aller Nachlässigkeiten der GroKo aus SPD und der Union nicht deuten. Das absurde Wahlgeschenk Mütterrente, das Meisterstück Markus Söders, lässt sich die GroKo bis zu fünf Milliarden Euro jährlich kosten. Im Duell Mütterrente gegen Frühstart-Rente, also Boomer gegen Jugend, steht es 5000:50.
Übrigens war es die Union, genauer gesagt Konrad Adenauer, die uns die Misere der gesetzlichen Rente eingebrockt hat. Adenauers Wahlgeschenk an Rentnerinnen und Rentner im Wahljahr 1957 bestand aus der Kopplung der gesetzlichen Rente an die Lohnentwicklung (und nicht etwa an die Inflation). Das sicherte seiner Union die absolute Mehrheit bei der Wahl – und uns eine längst nicht mehr finanzierbare Rentenformel.
Bis auf Weiteres wird diese nicht reformiert. Das Rentenniveau bleibt bis 2031 auf dem derzeitigen Stand von 48 Prozent des letzten Durchschnittsverdienstes. Das bringt den Haushalt regelmäßig an seine Belastungsgrenze. Inzwischen werden gut 120 Milliarden Euro jedes Jahr für die Stützung des gesetzlichen Rentensystems aus Steuermitteln verwendet, ungefähr ein Viertel des Bundeshaushalts. Angesichts der dramatischen Demografieentwicklung ist vollkommen klar, dass die gesetzliche Rente den Jüngeren nur ein mickriges Zubrot bieten wird. Gerade deshalb wäre es so wichtig, den jüngeren Generationen mit einer großzügigen Reform der privaten Altersvorsorge die richtigen Waffen im Kampf gegen die Altersarmut an die Hand zu geben.
Die Investment-Industrie und Finanzdienstleister werden zu den Gewinnern des gesetzlichen Rentendramas zählen. Denn wer kann, sorgt bereits jetzt privat vor. Auch wenn es mich als Unternehmer freut, Teil einer Wachstumsbranche zu sein, ist mir als Bürger der Gedanke an die Ungleichbehandlung der Generationen durch die Politik ein Graus. Viele junge Menschen haben schlicht nicht die Mittel, ausreichend vorzusorgen. Wer heute die wachsende Altersarmut beklagt, sieht nur die Spitze des Eisbergs.
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Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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