ETF-Gebühren

ETF-Gebühren: Wie nachlässige Anleger iShares und Co. füttern

ETF-Gebühren sind günstig, und sie werden immer günstiger. Wirklich? Im Windschatten dieser Binsenweisheit machen einige ETF-Anbieter ein richtig gutes Geschäft mit der Nachlässigkeit vieler Investoren. Welche Fallstricke Anleger beachten müssen.

ETFs gelten als Traum für Anleger und als Musterbeispiel für effiziente Märkte – die ETF-Gebühren sind niedrig, und sie sinken mit zunehmendem Wettbewerb. Die ETF-Branche zeichnet sich durch einen harten Wettbewerb aus, und profitieren tun die Anleger. Diese Binsenweisheit ist leider nicht ganz richtig. Es gibt pfiffige Hamster unter den ETF-Anbietern, die an der Nachlässigkeit vieler Anleger gut verdienen. Denn manche ETFs sind teurer, als Jack Bogle jemals erlaubt hätte. Worum es geht? Anschnallen, bitte!

ETF-Gebühren: Die Anfänge waren teuer

Als die ETF-Branche noch jung war, ging es noch recht robust in Sachen Indexreplikation zu. Tracking Errors waren mitunter haarsträubend hoch, und auch bei den Gebühren langten ETF-Anbieter ordentlich zu. Auf der Aktienseite waren in den Nullerjahren, in der Sturm-und-Drang-Phase Kosten von 0,5 Prozent für Standard-ETFs gang und gäbe. Das lag vor allem, aber nicht immer am Pricing-Power der Anbieter. Die Deutsche Börse gab beispielsweise in den Nullerjahren die DAX-Lizenz nur sehr teuer her, sodass die damalige Indexchange (heute iShares) auch deshalb für ihren DAX-ETF 0,5 Prozent an Kosten aufrief. Aber im ersten Jahrzehnt waren für die wenigen Anbieter üppige ETF-Gebühren der Standard.

Mit zunehmendem Wettbewerb wurden ETFs immer günstiger. Aber eben nicht immer durch Preissenkungen. Es wurden neue, wettbewerbsfähige ETFs aufgelegt; die Gebühren der bestehenden teuren ETFs blieben dagegen oft unverändert. Wer heute genau hinsieht, stellt fest, dass manche ETFs auf Standard-Indizes noch immer 40 oder sogar 50 Basispunkte kosten, auch wenn mitunter derselbe Anbieter den identischen Index mit einem anderen ETF für deutlich niedrigere Gebühren anbietet. Beispiele: Der 2007 aufgelegte Amundi MSCI Emerging Markets ETF (FR0010429068) kostet sage und schreibe 0,55 Prozent pro Jahr. 2018 brachte Amundi den Amundi MSCI Emerging Markets für nur 0,2 Prozent an jährlichen Gebühren auf den Markt. Wer nun glaubt, dass der teure ETF ein Schattendasein fristen würde, staunt über das stolze Vermögen des teuren ETF: gut 800 Millionen Euro bringt er noch auf die Waage.

Es handelt sich um kein Einzelfall: Der iShares MSCI World ETF (IE00B0M62Q58) wurde im Jahr 2005 als einer der ersten ETFs auf den MSCI World Index auf den Markt gebracht. Er kostete damals wie heute 0,5 Prozent an Gebühren pro Jahr. Auch dieser ETF ist mit einem Vermögen von 5,3 Milliarden Euro kein Zwerg. Einige Anleger dürften nicht gemerkt haben, dass iShares bereits seit 2014 einen MSCI World ETF für nur 0,2 Prozent pro Jahr anbietet. Anleger sollten auf das Wörtchen „Core“ im Namen achten – oder aber sich die ISIN merken: IE00B4L5Y983.

Auch die Deutsche Bank hält gerne an den Gebühren von den Legacy-Produkten fest. Der Xtrackers MSCI World Swap (LU0274208692), aufgelegt im Jahr 2006, kostet 0,45 Prozent pro Jahr und bringt es immer noch auf ein stolzes Vermögen von gut 4,2 Milliarden Euro. Derweil der 2014 aufgelegte Xtrackers MSCI World ETF nur Gebühren von 0,19 Prozent auf die Waage bringt.

Anleger sollten keinem ETF über 15 trauen

ETF-Anbieter hatten im Zuge des steigenden Wettbewerbs in Europa ab 2010 zwei Optionen: Entweder die Gebühren ihrer teuren ETFs zu senken, oder aber neue, günstige ETFs aufzulegen und die Kosten bei den Legacy-ETFs hoch zu halten. Die Wette auf die Trägheit vieler Anleger ist aufgegangen, wie die üppigen Vermögen der erstaunlich teuren ETFs zeigen. Das stabilisiert der Marge der Anbieter in einem ganz erheblichen Umfang.

Anleger sollten also die Bleistifte spitzen und nachrechnen. Oftmals reicht schon für den ersten Anhaltspunkt ein Blick auf das Auflagejahr des ETFs.  Als Daumenregel sollte zudem bei Aktien-ETFs gelten: kein ETF auf einen Standard-Index (S&P 500, MSCI World, MSCI Emerging Markets usw.) muss mehr als 0,2 Prozent pro Jahr kosten.

Anleger können ihre Kosten sogar drastisch senken, wenn sie nicht auf die Index-Brands achten. Manche ETFs auf  Standard-Märkte gibt es auch für nur vier oder fünf Basispunkte (0,04 bzw. 0,05 Prozent p.a.) zu haben. Diese Segeln häufig nicht unter der MSCI- oder S&P-Marke, sondern unter weniger bekannten Namen wie Solactive. Aber weil ein Index letztlich nur ein Algorithmus ohne Copyright ist, sind Marken bei Standard-Indizes Schall und Rauch.  Entscheidend ist vielmehr, um den seligen Altkanzler Helmut Kohl zu paraphrasieren: was hinten rauskommt. Und wir alle wissen ja inzwischen, dass günstige Fonds und ETFs bessere Ergebnisse bringen als teure Fonds und ETFs.  

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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