S&P kontra CSI

(Fast ohne Worte): Das unglaublich ungleiche Duell zwischen S&P und CSI

Seit Ende 2022 haben sich die großen Aktienmärkte weltweit erholt und konnten neue Höhen erklimmen. Alle großen Märkte? Nein, ein wichtiger Markt weist eine negative Korrelation mit Aktien weltweit auf: China-Aktien. Wir sind Zeugen des unglaublich ungleichen Duells S&P kontra CSI. Merkmale, Hintergründe, Perspektiven.

Es ist erstaunlich, wie schwer es Anlegern fällt, überkommene, aber lieb gewordene Investment-Thesen auf den Müllhaufen der Geschichte zu schmeißen. Das gilt auch für China-Aktien. Viele Anleger hängen noch dem Super-Zyklus der Nullerjahre nach, als China-Aktien vielleicht keine Tenbagger waren, aber doch „Verdoppler“. Seitdem Chinas Führung unter Xi Jinping im Herbst 2021 begann, China-Tech an die Kandare zu nehmen, befinden sich die Kurse chinesischer Aktien im Sinkflug. Neben der Regulierungs-Keule, die inzwischen auf alle möglichen Branchen niedergegangen ist, haben die verbockte Reaktion auf die Corona-Pandemie und die Immobilienkrise das Verbraucher-Sentiment in China einbrechen lassen.

Die Folgen dieser verfehlten Wirtschaftspolitik lassen sich eindrücklich am Performance-Vergleich zwischen S&P und CSI ablesen. Der CSI 300, das wichtigste Barometer chinesischer Festlandsaktien hat seit Anfang 2023 knapp 20 Prozent verloren. Hingegen hat der S&P 500, das wichtigste Börsenbarometer der USA, um knapp 50 Prozent zugelegt. Wäre das nicht so bitter für viele Anleger, könnte man den Scherz machen, dass China-Aktien ein perfektes, weil mit Aktien weltweit unkorreliertes Asset seien.

CSI kontra S&P

Performance Indexiert bei 100 am 1.1.2023, Performance in der jeweiligen Landeswährung, per 12.9.2024, Quelle: Bloomberg.

Die Gründe für die Underperformance chinesischer Aktien sind Legende und wurden bereits häufig benannt: die Immobilienkrise in China, das abflachende Wirtschaftswachstum, die steigende Verschuldung von Regionen und Privathaushalten, die deflationäre Richtung der Wirtschaft infolge der Konsumzurückhaltung und die negativen Folgen der geopolitischen Konfrontation Chinas mit dem Westen.

Notorisch optimistische Anleger könnten die Ballung schlechter Nachrichten und Daten zum Anlass nehmen, angesichts günstiger Aktienbewertungen zum (Wieder-) Einstieg zu blasen. Aber auch die größten Optimisten kommen nach und nach zur Erkenntnis, dass die chinesische Malaise eine Ursache hat: die Politik Xi Jinpings. Solange der „Strongman“ in Beijing den Anspruch hat, die Politik, Wirtschaft, das Unternehmertum und die Gesellschaft bedingungslos in den Dienst der Großmachtpläne der Kommunistischen Partei Chinas zu stellen, kann es keine optimistische Prognose für China-Aktien geben.

Das haben auch die Anbieter von Investmentfonds und ETFs erkannt. Mit China-Fonds ist kein Staat zu machen. Sie bieten immer mehr Schwellenländerfonds mit dem Zusatz „ex China“ an. Schwellenländer-Aktien, ja, aber bitte ohne Xi’s World! Auch Negativ-Marketing kann seinen Reiz haben.

Der Aufstieg Chinas gilt für viele Beobachter noch immer als „gesetzt“.  Versteht man den Aktienmarkt als frühzyklischen Indikator, sind Zweifel erlaubt. Das ungleiche Duell S&P kontra CSI könnte für die Verlängerung des unipolaren Moments der USA stehen. Wer einer „multipolaren Weltordnung“ den Mund redet, sollte einen Blick auf das unglaublich ungleiche Aktienduell S&P 500 kontra CSI 300 werfen. 

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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