Langfristsparer könnten beim Verkauf ihrer Fondsanteile von der Fondsbesteuerung böse überrascht werden. Seit Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 ist das Wertpapiersparen nicht nur um eine Spur unrentabler, sondern um einige Spuren komplexer geworden. Wir wollen heute auf einen eher selten thematisierten Aspekt der Fondsbesteuerung eingehen: auf die sogenannte FiFo-Regel.
FiFo macht Fondsbesteuerung kompliziert
Anleger, die langfristig in Fonds und ETFs investieren, machen vieles richtig. Die meisten von uns haben nicht fett geerbt und müssen über Sparpläne Vermögen langfristig aufbauen. Das ist mühsam und erfordert Disziplin. Langfristig winken hohe Erträge. Doch es drohen steuerliche Tücken. Geht es ums Verkaufen, ist es wichtig, eine gute Übersicht über die Einstiegspreise der Investments zu behalten. Sonst droht die sogenannte FiFo-Regel. Sie macht vielen Anlegern einen unerwarteten Strich durch die Rechnung.
Worum es bei der FiFo-Regel geht: In unseren Wertpapierdepots ist die Wertentwicklung von Aktien, Fonds und ETFs seit dem Kaufzeitpunkt für die Übersicht maßgeblich. Steuerlich ist das unter Umständen nicht so einfach. Zumindest nicht für Investoren in Sparplänen sowie Investoren, die immer mal wieder ihre Fondspositionen aufstocken. Wenn diese ihre Fondspositionen stückweise verkaufen und die Abgeltungssteuer vermeiden möchten, müssen sie berücksichtigen, dass bei der Fondsbesteuerung nicht der im Depot angezeigte Durchschnittspreis (aus dem sich die Performance-Übersicht ableitet) entscheidend ist, sondern der Erwerbszeitpunkt der ersten Anteile eines Wertpapiers.
Dazu ein einfaches Beispiel:
Kauf von 100 Fondsanteile zu je 20 Euro (2.000 Euro) am 1.1.2010;
Kauf von weiteren 100 Fondsanteilen am 1.1.2015 zu je 80 Euro (8.000 Euro).
Im Depot werden 200 Fondsanteile mit einem durchschnittlichen Kaufpreis von 50 Euro angezeigt
Verkauf von 100 Anteilen am 1.1.2020 zu je 100 Euro (10.000 EUR).
Besteuerungsgrundlage: 8.000 Euro (100-20= 80 Euro je Fondsanteil); nicht 5.000 Euro (100-50=50 Euro je Fondsanteil).
FiFo machte zuletzt das Finanzamt froh, Sparer leider weniger
Die sogenannte FiFo-Regel besagt konkret, dass steuerlich immer die Wertpapiere veräußert werden, die zuerst angeschafft wurden. Das gilt gleichermaßen bei Auszahlplänen wie bei einzelnen Teilverkäufen. Es ist leider schwierig bzw. sehr aufwändig, bei langfristigen Sparplänen die einzelnen Einstandspreise nachzuvollziehen und sein Verkaufsverhalten steueroptimiert danach auszurichten.
Anders sieht es bei Einmalanlagen aus. Hier ist die steuerliche Ermittlung eine simple Angelegenheit: Endsumme beim Ausstieg minus Anfangssumme zum Einstieg, ergibt die fällige Fondsbesteuerung. Wer seinen persönlichen Sparer-Freibetrag nicht geltend gemacht, muss bei Erträgen über 801/1.602 Euro (ab 2023: 1.000 Euro/2.000 Euro) die Abgeltungssteuer an den Fiskus abführen. Das sind 25 Prozent, ggf. plus Soli und ggf. Kirchensteuer auf die Rendite des Investments. Einmalanlagen sind also auch hier Sparplänen überlegen!
Die höchst wohltuende Aktienhausse seit der großen Finanzkrise 2007-2009 bringt also für viele Anleger die steuerlich unangenehme Konstellation mit sich, dass die Rendite der zuerst erworbenen Fondsanteile zumeist deutlich über den Durchschnittspreisen liegt, die in den Depots für die Anzeige der Fondsperformance maßgeblich ist. Auf den Punkt gebracht: Bei Fondspositionen, die durch Sparpläne aufgebaut wurden, sind die steuerlichen Folgen einer Teilentnahme negativer, als es die Performance-Übersicht im Depot vermuten lässt.
Auf dieses Problem gibt es bedauerlicherweise keine zufriedenstellende Lösung. Natürlich können Anlegerinnen und Anleger die gesamte Fonds-Position verkaufen. Dann wäre der Durchschnittspreis auch für die steuerliche Ermittlung maßgeblich, was unter Umständen die Steuerlast gegenüber einem Teilverkauf verringern würde. Allerdings ist das für denjenigen keine gute Lösung, die nur eine Teilentnahme anstreben und das restliche ersparte Geld im Fonds oder ETF weiter für sich arbeiten lassen möchten.
Steuerliches Dilemma bleibt dennoch eine Nebenbedingung
Eine weitere Alternative ist, dass Investoren mehrere Depots oder Unterdepots führen, in denen die Fonds-Positionen nach Kaufzeitpunkt voneinander abgegrenzt werden. Doch diese Lösung ist bei Sparplänen auch nicht optimal, da sich die steuerliche Abgrenzung nur rudimentär verbessern würde – außerdem ist die Einrichtung mehrerer Depots in der Regel mit Kosten verbunden.
Ein Trost, der auch keiner ist: Der wohlgemeinte Ratschlag, möglichst wenig Trading zu betreiben und möglichst lange an den Fondspositionen im Depot festzuhalten. Wer seinen Sparprozess beendet hat und in die Konsumphase eintreten möchte, weil er seine Sparziele erreicht hat, sollte auf keinen Fall die Sparphase künstlich verlängern. Damit würde er sich einem Kursrückschlagrisiko aussetzen und den Sparerfolg aufs Spiel setzen. Generell gilt das Motto: Steuerliche Aspekte sind Nebenbedingungen bei der Kapitalanlage und sollten nicht zum Haupttreiber werden. FiFo hin oder FiFo her.