Warum Donald Trump sich ein unnötiges Benchmark-Problem aufgehalst hat, wie viele Scaramuccis lang Marco Rubio noch durchhält und was der Nasdaq und der 1. FC Köln gemein haben. Ein nicht ganz ernstgemeinter Wochenrückblick.
Als leidgeprüfter Fan des 1. FC Köln („Effzeh“) kann ich erahnen, wie es Donald Trump gerade geht. Was muss der Mann beim Blick auf die Aktientabelle leiden! Russell 2000, Nasdaq, Russell Growth, MSCI USA, Wilshire 5000, S&P 500: Alle wichtigen US-Marktbarometer zählen in diesem Jahr im weltweiten Vergleich zu den Schlusslichtern. In Euro gerechnet liegt der Nasdaq Composite um zehn Prozent hinten, auch der S&P 500 verliert gut 6 Prozent. Der piefige MDAX und der grottige SDAX liegen dagegen scheinbar uneinholbar vorn, mit plus 18 bzw. 15 Prozent. Für jemanden, der seinen beruflichen Erfolg an der Entwicklung des Aktienmarkts festmacht, ist das ein Desaster. Nun ist es nicht so, dass meine Leidenschaft für Fußball Grenzen hätte. Allerdings hat mich meine Erfahrung mit dem Effzeh, der schon Mitte der 1990er Jahre zur Talfahrt ansetzte, früh gelehrt: Niemals den Erfolg eines Fußballteams als Karriere-Messlatte verwenden! Auch Fondsmanager wissen: Benchmarks müssen mit Bedacht ausgewählt werden.
Was kann Donald jetzt tun? Den Trainer feuern? Erkennbar nicht. Er wird absehbar einige seiner Minions über die Klinge springen lassen. (Wie viele Scaramuccis lang wird Marco Rubio noch Außenminister sein?) Notfalls könnte Donald sogar Elon-Hennes aufs Altenteil abschieben. Immerhin deutet der US-Präsident mit seinem Schlingerkurs in Sachen Zollpolitik an, dass er über einen gewissen Pragmatismus verfügt. Er probiert – ähnlich wie damals Christoph Daum – immer wieder ad hoc neue Spielsysteme aus. Aber er sollte es nicht übertreiben. Häufige Kurswechsel können alte Tanker ins Schlingern bringen.
Trumps Agonie könnte noch schmerzhafter werden, jetzt, wo im Zuge der EU-Infrastruktur- und Rüstungsinitiative Industriewerte – und davon gibt es in Deutschland viele – zum Höhenflug in der Realwirtschaft und an der Börse ansetzen. Der Digital Services Act könnte zudem einigen der Magnificent 7 bös zusetzen. Und überhaupt: kauft noch irgendjemand in Deutschland einen Tesla? Europa hat sich in dieser Woche eindrucksvoll zurückgemeldet. Trump muss sich möglicherweise mit der abgewandelten Effzeh-Fan-Weisheit trösten: Willst du den Nasdaq oben sehen, musst du die Tabelle drehen.
Weniger satirisch geht es in unserem Spezial zu Deutschland- und Europa-Aktien diese Woche zu, in der wir die dramatischen Rüstungs- und Infrastrukturprogramme in Deutschland und Europa aufgreifen und eine Umschau zu Rüstungs-ETFs geben.
Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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