Warren Buffett tritt ab – und hat sich längst auf dem Anleger-Olymp verewigt

Warren Buffett tritt zum Jahresende als CEO von Berkshire Hathaway ab. Der 94-Jährige hat sich schon längst auf dem Olymp der erfolgreichsten Investoren verewigt. Unsere Würdigung einer beispiellosen Karriere, die Anlegenden nicht nur Reichtum, sondern auch viele Weisheiten und Lehren beschert hat.

Das „Orakel von Omaha“, hat auf der 60. Hauptversammlung von Berkshire Hathaway am vergangenen Wochenende seinen Rücktritt als CEO angekündigt. Er bleibt zwar als President dem Unternehmen, das er 1965 übernommen hat, aber es besteht kein Zweifel daran, dass wir das Ende einer Ära sehen. Buffett hat nicht nur ein ehemals schwächelndes Textilunternehmen zur größten US-Holding gemacht, die den S&P 500 langfristig um etwa das Fünffache outperformt hat. Seit 1965 hat die Berkshire-Aktie um jährlich knapp 20 Prozent zugelegt, fast doppelt so viel wie der US-Standardwerte-index. 

Warren Buffett und Charlie Munger – eine perfekte Combo

Buffett hat jedoch in erster Linie die globale Investmentkultur geprägt. Dabei hat er sich vom knochentrockenen Value-Investor zum Anleger, der auch Wachstumsaktien zum Repertoire zählt, weiterentwickelt. Er hat nicht zuletzt auch deshalb Generationen von Anlegern geprägt, weil sein Auftreten demütig und bescheiden war. So hat er stets die Rolle seines im Herbst 2023 verstorbenen Sozius Charlie Munger als sein intellektuelles Korrektiv hervorgehoben. Auch seine Fähigkeit, die wesentlichen Erfolgs- bzw. Misserfolgs-Rezepte beim Investieren in klarer Sprache zu benennen (siehe die zehn besten Buffett-Bonmots), zählen zu seinem Vermächtnis. 

Warren Buffett, geboren 1930 in Omaha, Nebraska, übergibt das Steuer an Greg Abel, bleibt aber als Berater im Hintergrund aktiv. Die Nachricht überraschte selbst seinen designierten Nachfolger und wurde von der Wirtschaftswelt mit Respekt und Standing Ovations aufgenommen. Tosenden Applaus bekam Buffett auch mit einer vernichtenden Kritik an der Zollpolitik des US-Präsidenten, ohne Trump freilich beim Namen zu nennen. Die Frage, wie Berkshire ohne Buffett dastehen wird, wird gerade in US-Analysten-Zirkeln diskutiert, soll uns hier aber nicht weiter beschäftigen. 

Von Graham zu GARP und Moats

Buffetts Karriere begann als Schüler von Benjamin Graham, dem Vater des Value Investing. Anfangs folgte er strikt der Graham’schen Lehre: Er suchte nach sogenannten „Cigar Butts“ – Unternehmen, die tief unter ihrem Buchwert notieren. Doch diese mechanistische Sichtweise änderte sich grundlegend durch den Einfluss von Charlie Munger. Munger, seit den 1970er Jahren Buffetts engster Partner, überzeugte ihn, dass Qualität und Wachstum entscheidende Werttreiber sind. Die Übernahme von See’s Candies 1972 markierte die Wende: Buffett zahlte erstmals einen Aufpreis für ein Unternehmen mit starker Marke und Preissetzungsmacht – ein Bruch mit Grahams Dogma. 

In den folgenden Jahrzehnten entwickelte Buffett seinen Ansatz weiter zum GARP-Investing (Growth at a Reasonable Price). Er kombinierte das Konzept der Sicherheitsmarge des Value Investing mit der Suche nach Unternehmen, die nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsvorteile bieten – etwa Coca-Cola, American Express oder Apple. Munger war dabei nicht nur Inspirationsquelle, sondern auch Korrektiv: Seine multidisziplinären Denkmuster und sein Fokus auf Managementqualität und Unternehmenskultur verhinderten, dass Buffett in reine Zahlenverliebtheit verfiel. Gemeinsam schufen sie ein Investmentmodell, das auf Disziplin, Weitblick und ethischem Handeln basiert. Das Research-Haus Morningstar hat sich in seinem Moat-Ansatz vom Duo Buffett/Munger mehr als inspirieren lassen. Unternehmen, die ihre Cashflows durch strukturelle Wettbewerbsvorteile wie Wechselkosten oder Netzwerkeffekte schützen, finden sich häufig in Quality- und Dividenden-Portfolios, die langfristig durch Stabilität glänzen.

Warren Buffett und Jack Bogle: Zwei Seiten einer Medaille

Buffetts Einfluss reicht weit über Berkshire hinaus. Seine jährlichen Briefe an die Aktionäre sind Pflichtlektüre für Investoren weltweit und haben das Verständnis von Aktien als Unternehmensbeteiligungen tief verankert. Er hat Generationen von Anlegern ermutigt, sich nicht von kurzfristigen Moden, sondern von fundamentalen Werten leiten zu lassen. In der Debatte um aktives versus passives Investieren nimmt er eine Sonderrolle ein: Während John Bogle das Index-Investing demokratisierte, hat Buffett das aktive, langfristige Investieren für Millionen zugänglich gemacht – beide stehen für Rationalität und Kostenbewusstsein als Erfolgsfaktoren.

Buffetts Vermächtnis ist damit doppelter Natur: Er hat gezeigt, wie man mit klugem, geduldigem Investieren Wohlstand schafft, und wie man mit diesem verantwortungsvoll umgeht. Für die Aktienkultur ist er das, was John Bogle für das Index-Investing ist – ein Wegbereiter, der Millionen Menschen zu rationalem, langfristigem Vermögensaufbau inspiriert hat. Seine Lehren werden bleiben, weil sie auf gesundem Menschenverstand, Integrität und Weitblick beruhen. Zugänglich gemacht hat er sie mit Demut, Bescheidenheit – und einer gehörigen Portion feiner Ironie.

Autor

  • Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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