Die Nachricht kam wie ein Paukenschlag: Acatis Investment feuert die Gané AG als Berater des Acatis Value Event Fonds. Das betrifft viele Anleger, da der Mischfonds rund acht Milliarden Euro schwer ist. Welche Optionen Anleger haben und wer bereits jetzt als Gewinner feststeht.
Für die eher konsensorientierte Fondsbranche ist ein öffentlich ausgetragener Streit ungewöhnlich. Der Wechsel von Achim Küssner von BlackRock zu Schroders im Jahr 2007 war so ein seltenes Beispiel, das sogar vor Gericht landete (die Klage BlackRocks wurde abgewiesen). Am Montag überraschte Acatis Investment mit einer Mitteilung, man werde künftig den Acatis Value Event Fonds selbst managen. Das Beratungsmandat der Gané AG laufe zum 31. März ab. Ab April wird Johannes Hesche, Leiter des qualitativen Portfoliomanagements bei Acatis, die Verantwortung für den Fonds übernehmen. Der nachfolgende, über die Medien ausgetragene Schlagabtausch bestätigte schon länger kursierende Gerüchte in der Branche, dass sich Acatis und Gané nicht grün sind. Allerdings hatte niemand mit einem derartigen Eklat gerechnet.
Acatis Value Event Fonds: Anleger-Darling und Streitobjekt
Nun ist Gané nicht irgendein Berater, sondern faktisch der verantwortliche Manager des Fonds seit dessen Auflage 2008. Die Gané-Partner Henrik Muhle und Uwe Rathausky haben mit ihrer erfolgreichen Strategie den Acatis Value Event Fonds zu einem der größten Mischfonds in Deutschland gemacht. Und damit auch viele Anleger glücklich. In den vergangenen zehn Jahren machte der Fonds aus einem hypothetischen Startkapital von 10.000 Euro knapp 18.900 Euro. Das ist mehr, als der Star der Mischfondsbranche zustande brachte: Der Flossbach von Storch Multiple Opportunities machte im selben Zeitraum aus 10.000 Euro gut 17.000 Euro, der durchschnittliche flexible Mischfonds am Markt schaffte gerade einmal auf 12.500 Euro.
Den Ursachen des Streits auf den Grund zu gehen, ist eigentlich müßig. Acatis unterstellt, dass Gané mit der Gründung einer eigenen Fondsgesellschaft und der Auflage eines Aktien- und eines Mischfonds von langer Hand das Ausbluten des Acatis Value Event Fonds geplant habe. Den Verdacht, man wolle die Kunden des Acatis Value Event zu den eigenen Fonds locken, weist Gané von sich. „Wir hätten das gerne noch 15 Jahre und länger mit Acatis so weitergemacht“, sagt uns Henrik Muhle.
Mit den beiden Fonds GANÈ Global Balanced Fund und GANÉ Global Equity Fund habe man zwei Fonds aufgelegt, die ein anderes Rendite-Risiko-Profil aufwiesen als der Acatis Value Event Fonds. Ein Investment in die beiden Fonds ergebe faktisch das identische Profil des Acatis Value Event Fonds, hält man bei Acatis dagegen. Weil der Vertrieb und die Regulatorik (Acatis) und das Fondsmanagement und das Marketing (Gané) bis zum Schluss gut funktioniert haben und beide Seiten hervorheben, es sei nicht ums Geld gegangen, darf man getrost davon ausgehen, dass es sich um einen Kampf der Egos handelt.
Das ist vor allem für Anleger bedauerlich. Sie stehen jetzt vor einigen kniffligen Entscheidungen. Auch wenn Acatis eigene Mischfonds managt und Fondsmanager Johannes Hesche als Manager des Acatis Value und Dividende Erfahrungen vorzuweisen hat, hat jeder Fondsmanager seinen eigenen Stil. Der Vorsatz von Acatis, die „gerade Linie weiterzuführen“, besagt gerade nicht, dass veränderte Marktbedingungen nicht auch unterschiedliche Reaktionen bei Muhle/Rathausky und Hescher auslösen könnten. „Angesichts der gravierenden Änderung im Management wäre eine Aussetzung des Ratings angebracht“, schrieb Morningstar-Analystin Natalia Wolfstetter in einem Kommentar. (Morningstar bewertet den Acatis Value Event derzeit nicht.)
Welche (suboptimalen) Optionen Anleger haben
Bei Acatis bleiben: Angesichts der zu erwartenden Änderung im Management ist das ein Spiel mit Unbekannten. Zwar setzt der Acatis Value Event Fonds auf der Aktienseite vor allem auf Megacaps wie Alphabet, Amazon und Apple, die fast schon Selbstläufer sind. Auch Berkshire Hathaway zählt zum Standard-Repertoire von Acatis-Chef Hendrik Leber. Nicht einfach replizierbar dürfte dagegen die Bond-Seite und die Steuerung der Asset-Allocation sein. Gerade das Beispiel des langfristig erfolgreichen Mischfonds Acatis Datini Valueflex Fonds zeigt, dass Marktveränderungen auch erfolgreichen Fonds arg zusetzen können – der Fonds schwächelt seit der Growth-Korrektur im Herbst 2021 merklich.
Aussteigen und weitersehen: Das ist eine typische Reaktion von Investoren bei Fondsmanagerwechseln. Das ist für Profis kein Problem. Sie haben in jeder Asset-Klasse mehrere Alternativen auf ihrer Short-List. Das ist bei Privatanlegern anders. Nicht hilfreich ist in diesem Zusammenhang, dass Medien bereits Alternativen zum Value Event Fonds ins Spiel bringen. Das bringt zwar Klicks, ist aber keine seriöse Alternative für beratungsbedürftige Anleger. Ein Ausstieg hat in jedem Fall den Nachteil, dass Anleger zunächst Abgeltungssteuer berappen müssen. Und das mutmaßlich nicht zu knapp, angesichts der herausragenden Performance des Acatis Value Event. Wer etwa mit 10.000 Euro Anfang 2009 dabei war und investiert blieb, wird vom Gewinn von 26.800 Euro, die der Fonds bisher abwarf, bei einem Verkauf rund 7.000 Euro Steuern bezahlen müssen.
Zu Gané wechseln: Dieser nahtlose Übergang wäre naheliegend, zumal davon auszugehen ist, dass Gané kurzfristig einen Acatis Value Event Fonds 2.0 aus der Taufe heben wird, um möglichst viele Kunden herüberzuziehen. Allerdings spricht einiges gegen eine massenhafte Absatzbewegung. Einmal wäre da die Trägheit der Masse zu nennen, zumal viele Anleger den Fondsmanagerwechsel nicht mitbekommen werden. Zum anderen wirkt der oben erwähnte steuerliche Nachteil nicht förderlich für einen Wechsel. Und schließlich werden Finanzdienstleister durch eine Erhöhung der Bestandsprovision für den Acatis Value Event Fonds incentiviert, Kunden von einem Wechsel abzuhalten. Statt 0,4 Prozent erhalten Banken und andere Finanzdienstleister nach Angaben von Acatis künftig eine Bestandsvergütung von 0,6 Prozent des Fondsvermögens des Acatis Value Event Fonds pro Jahr.
Acatis Value Event Fonds: Kundenorientierung geht anders
Der Eklat um den Acatis Value Event hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack für Anleger. Ihnen bleiben drei Optionen, die entweder teuer sind oder mit Unsicherheit behaftet. Besonders unschön ist, dass Acatis als Entschädigung für die Ungewissheit nicht die Kosten für Anleger senkt, sondern die Bestandsprovisionen für den Vertrieb erhöht. Das ist kein Beispiel für Kundenorientierung. Einige Anleger votierten bereits mit den Füßen, wie die dreistelligen Millionen-Abflüsse aus dem Acatis Value Event Fonds in dieser Woche zeigen. (Die Gané-Fonds verzeichnen höher als übliche Zuflüsse, wenn auch auf einem viel niedrigeren Niveau).
In der kommenden Woche will Acatis umfassend über den Acatis Value Event informieren, und bis dann dürfte auch einiges über die Pläne der Gané AG bekannt werden. Wer bei Cliffhangern den Atem anhält und auf Suspense steht, sieht dem erwartungsvoll entgegen. Der Otto-Normal-Anleger wendet sich dagegen mit Grausen ab. Zumindest die Kunden von envestor, die im Acatis Value Event Fonds investiert sind, können sich trösten: sie erhalten jede Erhöhung der Bestandsprovision, die bei envestor ankommt, mit dem envestor Cashback 1:1 zurückvergütet.