Die verwirrende Vielfalt der Aktienmärkte Asiens

Bei Schwellenländern ist Asien alles, aber die Story der Aktienmärkte Asiens ist vielfältig und verwirrend. Anleger müssen bei der Auswahl der Märkte ihre Hausarbeiten machen und auf das Kleingedruckte achten. Oder unser Glossar zu Aktien Asiens griffbereit halten.

Fragen, die Anleger klären müssen

Wer Schwellenländer Aktien sagt, meint eigentlich Asien. Aktien aus Asien dominieren die Schwellenländer-Portfolios. China, Taiwan, Indien und Südkorea machen über 70 Prozent der gängigen Marktindizes aus. Zu Zwergen mutiert sind die Märkte Lateinamerikas (Schulden- und Wirtschaftskrisen), Afrikas (Schulden, allgemeines Missmanagement) und Osteuropa (Russland-Boykott).

Aber geht es darum, Asien als Anlageregion für Anleger zu definieren, wird es verwirrend. Soll Asien mit oder ohne Japan ins Portfolio? Was hat das Wörtchen “Pazifik” zu bedeuten? Was besagt das Kürzel EM? Unser Leitfaden soll Anlegern in Fonds und ETFs gleichermaßen helfen, sich im Dickicht von Fondskategorien und Benchmarks zurechtzufinden. In der unteren Tabelle finden sich die Details. 

Aktien Asien: Mit oder ohne Japan?

Global gesehen ist Japan bei Aktien eher eine Mittelmacht: deutlich unter zehn Prozent sind sie in typischen globalen Aktienportfolios vertreten. Im MSCI World macht der Japan-Anteil gerade einmal sechs Prozent aus. Anders sieht es bei den Aktienmärkten Asiens aus. Benchmarks wie der MSCI Asia Pacifik oder der MSCI Asia bestehen zu rund einem Drittel aus Japan Aktien. Ob Japan dabei ist, signalisiert bei Fonds und ETFs das Mini-Kürzel “ex”. Ohne ex sind Japan Aktien fett dabei.

Der Pazifik macht einen großen Unterschied

Der Pazifik macht rund ein Drittel der gesamten Erdoberfläche aus, und auch bei den Aktienmärkten Asiens ist ein ganz bestimmtes Land am Pazifik eine Macht: Australien. Wer in der Region Asien Pazifik ex Japan investiert, kann eigentlich gleich einen Fonds für Australien Aktien kaufen: Fast ⅔ eines typischen kapitalgewichteten Portfolios besteht aus Aktien aus “Down Under”. Wer in Asien-Pazifik investiert, bekommt noch gut 16 Prozent Australien ins Portfolio geliefert, und wer in Asien-Pazifik ex Japan investiert, hat noch gut zehn Prozent Aktien Australien im Depot.

 

Der China Drachen lockt oder droht in vielen Portfolios

China ist in Sachen Aktien Asien der sprichwörtliche Elefant im Raum. In allen Asiatischen Portfolios dominiert das Reich der Mitte, und wenn Festlandsaktien (“A-Shares”) perspektivisch immer stärker in das weltweite Finanzsystem integriert werden, wird die Dominanz Chinas immer größer. Die Region “Greater China” besteht zu knapp 60 Prozent aus China Aktien, gefolgt von Taiwan (30 Prozent) und Hongkong (gut zehn Prozent). Aber auch im MSCI EM Asia macht China rund 40 Prozent aus, im MSCI AC Asia ex Japan sind es gut 35 Prozent. Wer China aus seinem asiatischen Investment-Universum ausschließen will, wird bei einem Portfolio landen, das zu über 85 Prozent aus Aktien aus Taiwan, Indien und Südkorea besteht. Man kann dann getrost gleich in die Aktien von Taiwan Semiconductor und Samsung investieren.

Emerging oder nicht Emerging?

Wer in Asien investieren will, hat höchstwahrscheinlich Schwellenländer im Blick. Wer aber bei seinem Asien-Fonds oder -ETF das Kürzel “DM” und/oder “Pazifik” vorfindet, landet bei einem Portfolio, das fast nur aus Japan und Australien besteht. DM steht für Developed Markets, und dann sind Aktien aus China, Taiwan und Indien (und viele weitere Länder) nicht dabei. Gelegentlich, leider nicht immer, gibt das Kürzel “EM” Aufschluss, ob es sich bei einem Asien-Fonds oder -ETF über ein breit streuendes Produkt handelt.

Wer auf Nummer sicher gehen will, hält sich an das Kürzel “AC”. Es steht für All Countries und beinhaltet sowohl Schwellenländer wie Industrieländer. Über den Status von Südkorea scheiden sich übrigens die Geister: Viele Fondsmanager und Indexanbieter sehen Südkorea nicht mehr als Schwellenland und entsprechend fehlen Südkorea-Aktien gelegentlich in asiatischen Aktienportfolios mit Fokus auf Schwellenländern. So handhabt es auch der Index-Anbieter FTSE. MSCI und viele andere Fondsmanager sehen Südkorea aber wegen Markteintrittshürden für ausländische Anleger noch immer als Schwellenland. Taiwan wird indes fast durchgängig als Emerging Market definiert, auch wenn in dem Land mit Taiwan Semiconductor der weltweit führende Chip-Hersteller beheimatet ist.TSCM ist mit Abstand der größte Einzeltitel in typischen Marktportfolios Asiens und übrigens auch in globalen Schwellenländer-Indizes. Im MSCI Emerging Markets macht TSCM über sechs Prozent aus.

Tabelle: Asien Aktienmärkte in der Übersicht

Farblichkeit signalisiert Höhe der Ländergewichtung im jeweiligen Index (grün=hoch, gelb=niedrig, rot=nicht vorhanden, in Prozent und per 31.3.2023, Quelle: Morningstar

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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