Katastrophen-Anleihen, auch CAT-Bonds genannt, erweisen sich als stabile und diversifizierende Anlageklasse. CAT-Bonds haben ihre ganz eigenen Risiken, die allerdings eine geringe Korrelationen zu traditionellen Anlageklassen aufweisen. Unser Deep Dive in eine weitgehend unbekannte Asset-Klasse.
Katastrophen-Anleihen, oder kurz CAT-Bonds, sind eine spezielle Form von Anleihen, die Versicherungsunternehmen emittieren, um sich gegen große Naturkatastrophen abzusichern. Daniel Grieger, Portfolio-Manager und Chief Investment Officer bei Plenum Investments, erklärt im jüngsten envestor Webinar die Entstehung dieser Anlageklasse: „1992 traf der Hurrikan Andrew auf Florida. Dieses Ereignis war so teuer, dass man ahnte: Vielleicht sind die Rückversicherer gar nicht groß genug, um die künftigen Schäden zu decken?“
Die Idee hinter CAT-Bonds ist es, das Risiko von Naturkatastrophen vom Versicherungssektor auf den Kapitalmarkt zu übertragen. Dies ermöglicht es Versicherern und Rückversicherern, ihre Risiken zu diversifizieren und ihre Kapazitäten für die Deckung von Großschäden zu erhöhen.
Struktur und Funktionsweise von CAT-Bonds
Die Struktur eines CAT-Bonds ist komplex, aber entscheidend für das Verständnis dieser Anlageklasse. Wie die untere Grafik zeigt, umfasst ein typischer CAT-Bond mehrere Parteien und Transaktionen:
- Der Sponsor (in der Regel ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen) gründet eine Zweckgesellschaft.
- Die Zweckgesellschaft emittiert den CAT-Bond an Investoren.
- Die Investoren zahlen den Nennwert des Bonds in die Zweckgesellschaft ein.
- Die Zweckgesellschaft investiert dieses Geld in sichere, kurzfristige Wertpapiere (meist Staatsanleihen).
- Der Sponsor zahlt Prämien an die Zweckgesellschaft.
- Die Zweckgesellschaft zahlt Zinsen (Coupons) an die Investoren.
Grieger betont die Besonderheiten dieser Struktur: „Sie sind immun gegenüber Kredit- und Zinsrisiken, was sie von traditionellen Anleihen unterscheidet.“ CAT-Bonds haben ihre eigenen Risiken: Tritt eine vorab definierte Naturkatastrophe ein, kann der Investor einen Teil oder den gesamten Nennwert des Bonds verlieren. Dieses Risiko wird durch attraktive Risikoprämien kompensiert. Die Attraktivität bemisst sich an einem Risikoaufschlag, also einer Prämie, gegenüber kurzfristigen Anleihen bzw. gegenüber dem Geldmarkt.
Quelle: Plenum Investments.
Performance und Korrelation
Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften von CAT-Bonds ist ihre Performance im Vergleich zu anderen Anlageklassen. Wie die untere Grafik zeigt, haben CAT-Bonds seit 2002 eine stabile Performance gezeigt. Diese mag auf den ersten Blick unspektakulär erscheinen, aber da keine großen Crashs (2000-2003, 2007/8, 2022) anfielen, ist die Outperformance über die Zeit beachtlich.
Fondsmanager Grieger von Plenum Investments: „Der Swiss Re Global Cat Bond Index Total Return bildet die Gesamtrendite aller CAT-Bonds ab, die seit 2001 emittiert wurden. Der Track Record von bald einem Vierteljahrhundert zeigt eine eindrückliche Performance.“
Besonders auffällig ist die geringe Korrelation von CAT-Bonds zu anderen Anlageklassen. Während traditionelle Anleihen und Aktien in Krisenzeiten oft gleichzeitig fallen, zeigen CAT-Bonds eine relative Stabilität. Die Korrelation zu Aktie tendiert gen null, und gegenüber klassischen Bonds ist die Korrelation nur leicht positiv. Dies macht sie zu einem wertvollen Diversifikationsinstrument in Portfolios.
Quelle: Plenum Investments, Bloomberg
Die obere Tabelle zeigt die jährlichen Renditen verschiedener Anlageklassen. Auffällig ist, dass CAT-Bonds in Jahren, in denen Aktien und traditionelle Anleihen stark fielen (2008, 2022), positive oder nur leicht negative Renditen zeigten.
Resilienz auch in Klima-Stresssituationen
Ein kritischer Aspekt bei der Beurteilung von CAT-Bonds ist ihr Verhalten in Stresssituationen, insbesondere bei großen Naturkatastrophen. Die untere Grafik zeigt die Kursrückschläge und Erholungszeiten bei verschiedenen Ereignissen:
- Hurrikan Katrina (2005): Maximaler Verlust von 3,38%, Erholung innerhalb von 8 Monaten
- Erdbeben in Japan/Mexiko (2011): Maximaler Verlust von 3,12%, Erholung innerhalb von 10 Monaten
- Hurrikan-Saison 2017: Maximaler Verlust von 6,33%, Erholung innerhalb von 8 Monaten
- Ukraine-Krieg/Hurrikan Ian (2022): Maximaler Verlust von 8,75%, Erholung innerhalb von 6 Monaten
Grieger kommentiert: „Die Perioden, in denen wir die Verluste wieder ausgleichen, sind relativ kurz. Bei Katrina waren es acht Monate, bei Hurrikan Ian haben wir Verluste nach nur sechs Monaten wieder reingeholt.“
Diese schnelle Erholung ist ein Schlüsselmerkmal von CAT-Bonds und unterscheidet sie von vielen anderen Anlageklassen, die nach schweren Krisen oft Jahre brauchen, um sich zu erholen. Anleger in Nasadaq-orientierten Aktienportfolios benötigten mitunter 14 Jahre, um die Verluste aus dem Dot-Com-Crash von 2000 bis 2002 auszugleichen.
Quelle: Plenum Investments, Bloomberg/Swiss Re Cat Bond Index
Risiko, Renditekomponenten und Ausblick
Die Rendite von CAT-Bonds setzt sich aus zwei Hauptkomponenten zusammen, wie die untere Grafik zeigt:
- Die Risikoprämie (Spread): Dies ist die Entschädigung für das übernommene Katastrophenrisiko.
- Das Geldmarkt-Einkommen: Dies ist die Rendite aus der Anlage des Nennwerts in kurzfristige, sichere Wertpapiere.
Grieger von Plenum Investment taxiert die Aussichten für das kommende Jahr: „Bei einer Geldmarktrendite von 4% in den USA können wir mit einer Risikoprämie von rund 6,3% bei den CAT-Bonds rechnen. Das heißt, dass der Gesamt-Coupon in Dollar bei CAT-Bonds bei gut 10% liegen könnte.
„Die Kombination aus attraktiver Risikoprämie und immer noch ordentlichen Geldmarktzinsen macht CAT-Bonds in der aktuellen Marktphase interessant“, so Grieger.
Trotz der vielen positiven Aspekte sind CAT-Bonds nicht ohne Risiken. Das Hauptrisiko bleibt das Ereignisrisiko – der potenzielle Verlust bei Eintritt einer definierten Naturkatastrophe. Zudem ist der Markt für CAT-Bonds relativ klein und weniger liquide als traditionelle Anleihemärkte.
Grieger spricht einen weiteren Aspekt an: das regionale Konzentrationsrisiko: „Ungefähr 80% aller CAT-Bonds betreffen Risiken in den USA.“ Diese geografische Konzentration wird manifest, wenn mehrere Katastrophen in den USA auftreten: Ein Erdbeben in Kalifornien und ein Hurrikan in Florida können durchaus in derselben Saisorn auftreten.
Quellen: Plenum Investments, Bloomberg
Ausblick: Folgen des Klimawandels
Ein wichtiges Thema, das im Webinar diskutiert wurde, ist der Einfluss des Klimawandels auf CAT-Bonds. „Schadenshäufigkeit und die Schadenshöhen haben in den letzten Jahren eindeutig zugenommen. Aber der größere Effekt ist, dass die versicherten Summen gestiegen sind.“
Die Versicherungsbranche reagiert auf den Klimawandel, indem sie ihre Risikomodelle anpasst und strengere Kriterien für die Versicherbarkeit von Immobilien in gefährdeten Gebieten einführt. Dies hat auch Auswirkungen auf den CAT-Bond-Markt, da die Risikoeinschätzungen und Prämien entsprechend angepasst werden.
Dieser Mechanismus greift auch in Zeiten des Klimawandels. Daher bleibt der Ausblick für CAT-Bonds positiv. Die Kombination aus attraktiven Risikoprämien und noch immer auskömmlichen Geldmarktzinsen macht diese Anlageklasse in Marktphasen interessant, in denen Anleger von Aktienrisiken angesichts hoher Bewertungen zurückschrecken und zugleich die Renditen von klassischen Anleihen gerade einmal den Inflationsausgleich schaffen.
Für Investoren bieten CAT-Bonds eine Möglichkeit, ihr Portfolio zu diversifizieren und potenziell von einer Anlageklasse zu profitieren, die weitgehend unabhängig von traditionellen Marktbewegungen ist. Allerdings erfordert die Komplexität dieser Instrumente ein tieferes Verständnis der Risiken und eine sorgfältige Due Diligence bei der Bond- bzw. Managerauswahl.
Hier geht es zur Aufzeichnung des envestor Webinars zu CAT-Bonds am 4.12.2024.
Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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