DWS Deutschland: Neuer Manager, ruhigeres Fahrwasser?

Der DWS Deutschland ist einer der bekanntesten Deutschland-Aktienfonds am Markt. In den vergangenen Jahren war die Reise alles andere als ruhig, und seit wenigen Wochen steht mit Marcus Poppe ein neuer Manager an der Spitze des DWS-Flaggschifffonds. Was Anleger beachten müssen.

DWS Deutschland: Die Strategie

Der DWS Deutschland investiert in alle Segmente des deutschen Aktienmarkts. Sein Anlageuniversum ist der CDAX („C“ steht für Composite), der den größten Zugang zum deutschen Aktienmarkt bietet. Er enthält alle im General und Prime Standard vertretenen Aktien und umfasst mehr als 400 Einzeltitel. Er ist also deutlich breiter gefasst als DAX (40 Aktien), MDAX (50) und SDAX (70). Damit stellt der DWS Deutschland einen sogenannten One-Stop-Shop für deutsche Aktien dar. Investoren, die einen passiven Zugang zum deutschen Aktienmarkt suchen, müssten in drei ETFs investieren, um eine ähnlich breite Abdeckung zu erhalten.

Wie setzt die DWS diesen All-Cap-Ansatz um? Die Deutsche-Bank-Tochter hebt ihre Analyse-getriebene Strategie hervor, die nicht nur die Bilanzkennzahlen der Unternehmen in Betracht zieht, sondern auch die Qualität des Managements, die Marktstellung von Unternehmen, Bewertungen, technische Faktoren sowie Nachhaltigkeits-Aspekte. Zusätzlich steuert das DWS-Fondsmanagement beim DWS Deutschland je nach Markteinschätzung den Investitionsgrad mittels Derivaten. Dieser kann zwischen 90 und 130 Prozent variieren, und dieser Spielraum wurde in der Vergangenheit leidlich – und zuletzt mit wechselhaftem Erfolg – ausgeschöpft. Es wird in 40 bis 60 Aktien investiert, von denen bis zur Hälfte Nebenwerte sein können. In der Praxis lag die Quote in den vergangenen zwei Jahren allerdings mit unter 20 Prozent deutlich niedriger.

Auch wenn die DWS dies nicht explizit hervorhebt, so gibt es einen ganz entscheidenden Faktor für die Umsetzung der Strategie: die Person des Fondsmanagers. Teil der DWS-Unternehmenskultur waren bisher die großen Freiheitsgrade der Fondsmanager bei der Umsetzung der Strategie. In den vergangenen Jahren wurden Leitplanken, wie etwa die CIO Hausmeinung, eingeführt, dennoch waren die Fondsmanager bisher ziemlich frei bei der Verwaltung der ihnen anvertrauten Fonds. Maßgeblich geprägt hat den DWS Deutschland in dieser Hinsicht Tim Albrecht, der von 2003 bis Anfang 2023 die Geschicke des Fonds gelenkt hat – überwiegend mit Erfolg, zuletzt aber mit wenig Fortune. Aber dazu unten mehr.

Ein Blick auf die Portfolio-Praxis: Die größten Positionen im DWS Deutschland zeigen ein DAX-zentriertes Bild, kleine Unternehmen finden sich selten unter den Top-zehn. Das zeigt, dass dieser Fonds ein Mandat hat, die breite des Marktes abzubilden. Auch der CDAX ist ein marktkapitalisierungsgewichteter Index, in dem die DAX-Giganten die erste Geige spielen. Der DWS Deutschland liefert ein ausgewogenes Portfolio, in dem sich die traditionellen Stärken der deutschen Wirtschaft widerspiegeln – Exportwerte wie Automobile, Chemie und Industrie. Anleger, die es „sportlicher“ möchten, finden mit dem DWS Aktien Strategie Deutschland einen eher auf Wachstumssektoren ausgerichteten Fonds vor, der den enger gefassten HDAX als Messlatte hat.

DWS Deutschland: Die Performance

„Mission erfüllt“, lautet das Fazit einer langfristigen Performance. Seit Mai 2003 konnte der DWS Deutschland aus einem hypothetischen Startkapital von 10.000 Euro (per 10.5.2023) ein Ergebnis von gut 70.000 Euro erzielen – verglichen mit 53.700 Euro beim DAX und 54.600 Euro beim CDAX.

Langjährig erfolgreich ...

Was nach 20 Jahren aus einem hypothetischen 10.000 Euro-Investment wurden, in Euro, per 10.5.2023, Quelle: Morningstar

Die kurzfristige Bilanz sieht dagegen bescheiden aus: In den vergangenen zehn Jahren lag der DWS Deutschland leicht hinter beiden Indizes, und in den vergangenen fünf Jahren trat der DWS Deutschland mehr oder weniger auf der Stelle, wohingegen der DAX um 22 Prozent und der CDAX um 15 Prozent stiegen. Seit 2018 hinkt der Fonds auch der Konkurrenz hinterher. Das äußert sich im unterdurchschnittlichen Zwei-Sterne-Morningstar-Rating. Dies ist erklärungsbedürftig. Wir haben ein Zusammenspiel von zwei Faktoren ermittelt: einmal machten die Märkte der Fondsstrategie einen Strich durch die Rechnung, zum anderen unterliefen dem langjährigen Fondsmanager Tim Albrecht in den vergangenen Jahren einige Fehleinschätzungen, die schlussendlich in seinem Abgang in diesem Jahr einmündeten.

Kurzfristig fällt der DWS Deutschland zurück

Was nach 5 Jahren aus einem hypothetischen 10.000 Euro-Investment wurden, in Euro, per 10.5.2023, Quelle: Morningstar

Stellschrauben: Fondsmanager und Markt

Zunächst zu den Märkten: Seit 2018 schwankten die Märkte erheblich. Auf eine Korrektur 2018 folgte die Corona-Krise 2020 und im Jahr 2021/22 korrigierten Aktien erneut im Zuge der russischen Ukraine-Invasion. Vor allem Nebenwerte brachen ein. Diese kurze Abfolge an volatilen Marktphasen hat die Performance des DWS Deutschland überdurchschnittlich beeinträchtigt, weil er rund ein Fünftel der Fondsgelder in Nebenwerte investiert. Zudem war ein wichtiger Bestandteil der Fondsstrategie, durch den Einsatz von Derivaten den Markt in Aufwärtsphasen outzuperformen. Das ist langfristig und auch kurzfristig so eingetreten, aber weil an der Börse bekanntlich nicht zum Ausstieg geklingelt wird, verliert der Fonds überdurchschnittlich viel in Abwärtsphasen. 

Die ungünstigen Umstände fielen zusammen mit einigen Fehlentscheidungen des Fondsmanagements. Die schwerste war die Wette Albrechts auf das Betrugunternehmen Wirecard 2019 und 2020, als er eine große Position aufbaute, obwohl die Spatzen längst von den Dächern pfiffen, dass bei Wirecard Betrug im Spiel sein könnte. Die Folgen sind bekannt, und die DWS (und nicht nur sie) erlitt einen großen Reputationsschaden, weil sie wider zahlreicher Warnungen – die Berichterstattung der Financial Times ist Legende – fast bis zum bitteren Ende an Wirecard festhielt. So etwas hätte einem Haus, das sich seiner Fähigkeiten bei der Aktienanalyse rühmt, schlicht nicht passieren dürfen. 

Weniger spektakulär, aber für die Performance 2022 abträglich waren einige Nebenwerte-Holdings des DWS Deutschland – Bechtle, Sixt, Kion, Evotec brachen massiv ein und trugen zur Underperformance im vergangenen Jahr bei. Albrecht hat die DWS inzwischen verlassen, und seit März ist der ehemalige Co-Manager des DWS Top Dividende, Marcus Poppe, der neue Fondsmanager. Zudem wurde das DWS-Team für deutsche Aktien in das europäische Team integriert.

Offenbar will der neue Manager den Fonds zunächst in ruhigeres Fahrwasser bringen; die Nebenwerte-Quote wurde reduziert, und der Derivate-Einsatz beschränkt. Zudem wurde nach dem Wirecard-Desaster das Risikomanagement verschärft mit Blick auf die Gewichtung von einzelnen Aktien. Diese Neuerungen kann man positiv sehen, oder aber vorsichtig stimmen, weil die beschränkten Freiheiten des neuen Fondsmanagers dem Fonds möglicherweise ein neues Gesicht geben könnten.   

Fazit: DWS Deutschland am Scheideweg

Die Turbulenzen der vergangenen Jahre habe an dem glänzenden Image des DWS Deutschland als Star unter den Fonds für deutsche Aktien genagt. Besonders stark schlug die „irre Wirecard Wette“ von Fondsmanager Albrecht ins Kontor, die im Nachhinein Anlass für einige Veränderungen gab. Man kann ein verbessertes Risikomanagement und den neuen Fondsmanager für den DWS Deutschland positiv bewerten.

Allerdings muss man festhalten, dass die Freiheitsgrade von Star-Fondsmanagern wie Albrecht, Henning Gebhardt oder Klaus Kaldemorgen einen großen Teil der langjährigen Erfolgsstory etlicher DWS-Fonds geschrieben haben. Deshalb ist der einseitige Fokus auf die letzten fünf Gruseljahre unfair. Ja, die zusätzlichen Risikokontrollen könnten eine zweite Causa-Wirecard verhindern, aber sie könnten auch die Freiheiten des Fondsmanagements so beschneiden, dass eine Voraussetzung für die Vergangenheits-Outperformance für die Zukunft nicht mehr gegeben ist. Vor diesem Hintergrund werden wir die künftige Entwicklung beim DWS Deutschland weiter kritisch begleiten.

DWS Deutschland: Envestor Cashback senkt die Gebühren deutlich

Mit laufenden Kosten von 1,40 Prozent jährlich bewegen sich die Gebühren im unteren Rand des Mittelfelds von Fonds für deutsche Aktien. Es fällt keine Performance Fee an. envestor macht den DWS Deutschland allerdings noch attraktiver. Beim Kauf fällt bei envestor kein Ausgabeaufschlag an, und wer keine Beratung benötigt, profitiert vom envestor Cashback. Die besten Konditionen bietet bei diesem Fonds die FIL Fondsbank (FFB) – 0,07 Prozent des Fondsvermögens erhalten Anleger bei envestor zurück, die den Fonds bei der Fidelity Fondsbank verwahren lassen – und zwar jedes Jahr. Bei einer Investitionssumme von 10.000 Euro und einer angenommenen jährlichen Rendite von neun Prozent entspräche der Wert des envestor Cashbacks bei der umgehenden Wiederanlage nach zehn Jahren 901 Euro.

Angenommene Verzinsung der umgehend wiederangelegten Cashbacks und einer Einmalanlage von 10.000 Euro nach zehn Jahren, Quelle: envestor

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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