Hochzinsanleihen bessere Aktien

Sind Hochzinsanleihen die besseren Aktien?

Hochzinsanleihen gelten als sehr riskant, weil ausfallgefährdet. Wer so argumentiert, sieht die Sache durch die Aktienbrille. Im envestor Webinar sind wir mit Fondsmanager Ottmar Wolf von der FAM AG den Eigenschaften, Risiken und Potenzialen dieser Anlageklasse nachgegangen.

Hochzinsanleihen sind festverzinsliche Wertpapiere, die von Unternehmen mit einem niedrigeren Kreditrating ausgegeben werden. Diese Anleihen bieten in der Regel höhere Renditen als Investment-Grade-Anleihen, um das erhöhte Ausfallrisiko zu kompensieren. Aber wie hoch ist das Risiko? Die englische Bezeichnung „Junk Bonds“ lässt Schlimmes erahnen. Indes waren die niedrigen Verluste von Hochzinsanleihen im Bond-Crash-Jahr 2022 aufsehenerregend. Und die langfristig ordentlichen Renditen im Vergleich zu Aktien machen diese Asset-Klasse für viele Investoren interessant – investiert sind indes nur die wenigsten. Im envestor Webinar vom 21. November sprachen wir mit dem Anleihen-Experten Ottmar Wolf. Er managt den FAM Renten Spezial, einer der langfristig besten Hochzinsfonds in Deutschland über Hochzinsanleihen, ihre Eigenschaften, Risiken und Potenziale. 

Hochzinsanleihen: Rendite-Risiko-Profil

Eine der Hauptattraktionen von Hochzinsanleihen ist ihr Rendite-Risiko-Profil. Wie in der Präsentation des Webinars dargestellt, zeigen Hochzinsanleihen im Vergleich zu anderen Anlageklassen ein interessantes Verhältnis von Rendite zu Volatilität:

Hochzinsanleihen Asset Klassen

Diese Grafik verdeutlicht, dass europäische Hochzinsanleihen über einen Zeitraum von 25 Jahren eine durchschnittliche jährliche Rendite von etwa 5,1% erzielten, bei einer relativ moderaten Volatilität. Im Vergleich dazu zeigten europäische Aktien eine ähnliche Rendite, aber mit deutlich höherer Volatilität. US-Hochzinsanleihen boten sogar eine Rendite von etwa 6,5%, ebenfalls bei geringerer Volatilität als Aktien. „Hochzinsanleihen bieten eine Rendite im Bereich von Aktien, aber mit wesentlich geringeren Schwankungen. Das macht sie für viele Anleger attraktiv, die eine gute Performance suchen, aber nicht bereit sind, die hohe Volatilität von Aktien zu akzeptieren“, erläuterte Ottmar Wolf. 

Drawdowns und Diversifikation

Ein wichtiger Aspekt bei der Betrachtung von Hochzinsanleihen ist ihr Verhalten in Krisenzeiten. Die Präsentation enthielt einen aufschlussreichen „Unterwasser-Chart“, der die maximalen Drawdowns von Hochzinsanleihen im Vergleich zu Aktien zeigt:

Dieser Chart verdeutlicht, dass Hochzinsanleihen in Krisenzeiten zwar auch Verluste erleiden, diese aber in der Regel geringer ausfallen als bei Aktien. Zudem erholen sich Hochzinsanleihen oft schneller von Rückschlägen. Wolf erklärte dazu: „Der maximale Drawdown bei Hochzinsanleihen lag bei etwa 40%, während er bei Aktien über 70% betrug. Zudem war die Zeit bis zur Erholung bei Hochzinsanleihen deutlich kürzer.“Diese Beobachtung wird durch akademische Studien unterstützt.

Hochzinsanleihen erleiden zwar in Krisenzeiten häufig höhere Kursverluste als Anleihen aus dem Investment-Grade-Bereich, aber die Ausfallraten waren historisch gesehen relativ niedrig – bei rund 3,5 Prozent, wie beispielsweise Edward Altman und Brenda Kuehne ermittelt haben. Der obere Chart zeigt zudem, dass sich High Yields sich nach Verlusten schneller erholen als Aktien. Dies macht sie zu einer interessanten Option für Anleger, die ein ausgewogenes Risiko-Rendite-Profil suchen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Hochzinsanleihen ist ihr Diversifikationspotenzial. Traditionell wurden Anleihen oft als Gegengewicht zu Aktien in Portfolios eingesetzt. Mit dem Aufkommen von Niedrig- und Negativzinsen verloren viele Anleihen jedoch an Attraktivität. Hochzinsanleihen können hier eine interessante Alternative bieten. Bereits im Jahr 2001 hat eine Studie von Reilly, Wright und Chan ergeben, dass die Korrelation zwischen Hochzinsanleihen und anderen Anlageklassen moderat positiv sowohl gegenüber Aktien als auch Investment-Grade-Anleihen ist. Dies bedeutet, dass sie zwar keine perfekte Diversifikation bieten, aber dennoch zur Risikoreduktion in einem gemischten Portfolio beitragen können.

Zinsumfeld und Ausfallrisiken von Hochzinsanleihen

Das Zinsumfeld spielt eine entscheidende Rolle für die Performance von Hochzinsanleihen. Wie wirken sich steigende und fallende Zinsen auf Hochzinsanleihen aus? Diese Frage wurde ebenfalls im envestor Webinar angesprochen. Die untere Grafik zeigt die Entwicklung der Renditen europäischer Hochzinsanleihen über die letzten Jahre.

Hochzinsanleihen Europa

Diese Grafik verdeutlicht, dass die Renditen von Hochzinsanleihen in den letzten Jahren gestiegen sind und sich auf einem attraktiven Niveau befinden. Wolf kommentierte dazu: „Die aktuellen Renditen bieten eine interessante Einstiegsmöglichkeit für Anleger. Allerdings muss man beachten, dass steigende Zinsen kurzfristig zu Kursverlusten führen können.“ 

In Zeiten steigender Zinsen schneiden Hochzinsanleihen tendenziell besser ab als Investment-Grade-Anleihen, da die höheren Kupons und die kürzeren Laufzeiten einen gewissen Schutz bieten. Allerdings ist dies gegenüber der niedrigeren Kreditqualität der Emittenten abzuwägen. Führen die steigenden Zinsen in eine Bilanzrezession, kann es bei High Yields kräftig reinregnen.

Ein zentraler Aspekt bei der Betrachtung von Hochzinsanleihen ist daher die Analyse des Ausfallrisikos. Wolf betonte in diesem Zusammenhang die große Bedeutung einer sorgfältigen Kreditanalyse: „Es ist entscheidend, die Bilanzen und Geschäftsmodelle der Emittenten genau zu prüfen. Nicht alle Hochzinsanleihen sind gleich riskant, und eine gute Selektion kann das Ausfallrisiko deutlich reduzieren.“

Hochzinsanleihen: Aktives Management toppt ETFs

Die Komplexität des Hochzinsanleihenmarktes wirft die Frage auf, ob aktives oder passives Management die bessere Strategie ist. Wolf argumentierte für einen aktiven Ansatz: „Die Heterogenität des Marktes und die Bedeutung der Kreditanalyse machen aktives Management zu einem wichtigen Faktor für den Erfolg im Hochzinsbereich.“

Ein Grund hierfür liegt in der Liquiditätsprämie. Im Vergleich zu Staatsanleihen oder Large-Cap-Aktien ist der Markt für Hochzinsanleihen weniger liquide. Das kann zu höheren Transaktionskosten und potenziellen Schwierigkeiten beim Kauf oder Verkauf großer Positionen führen. Wolf erklärte dazu: „Die geringere Liquidität kann in Krisenzeiten zu stärkeren Kursausschlägen führen. Allerdings bietet sie auch Chancen für aktive Manager, die Ineffizienzen im Markt ausnutzen können.“

Eine Studie von Bao, Pan und Wang (2011) untersuchte die Liquidität im Markt für Unternehmensanleihen und fand heraus, dass die Liquidität in Krisenzeiten stark abnehmen kann, was zu höheren Risikoprämien führt. Sie betonten die Bedeutung der Liquiditätsanalyse bei der Bewertung von Hochzinsanleihen. Auch wenn sich die meisten Hochzinsmanager die liquiden Segmente des Hochzinsmarktes konzentrieren, können kleinere Fonds und Fondsmanager mit großer Expertise durch die Erschließung illiquider Bestandteile des Marktes Vorteile gegenüber ETFs haben, die sich ebenfalls auf die liquiden Marktsegmente konzentrieren.

Hochzinsanleihen: Gibt es noch Speck am Knochen?

Hochzinsanleihen bieten Anlegern eine interessante Möglichkeit, ihr Portfolio zu diversifizieren und potenziell höhere Renditen zu erzielen. Ihre Eigenschaften – höhere Renditen bei moderater Volatilität, geringere Drawdowns im Vergleich zu Aktien und attraktive Diversifikationseffekte – machen sie zu einer beachtenswerten Anlageklasse.

Allerdings bringen Hochzinsanleihen auch spezifische Risiken mit sich, insbesondere in Bezug auf Kreditqualität und Liquidität. Eine sorgfältige Analyse und Selektion sowie ein umsichtiges Risikomanagement sind daher unerlässlich. „Hochzinsanleihen sind nicht die besseren Aktien, aber sie können eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung zu Aktien sein, insbesondere für Anleger, die ein ausgewogenes Risiko-Rendite-Profil suchen“, so der Fondsmanager des FAM Renten Spezial. Mit einem Aufschlag von gerade einmal drei Prozentpunkten gegenüber Bundesanleihen sind Euro-Hochzinspapiere aktuell ziemlich teuer – ein Argument mehr, fernab von ETFs die Kompetenz von aktiven Managern zu suchen, die in der Lage sind, einen Schnaps mehr Rendite zu erzielen, ohne zu große Ausfallrisiken einzugehen. 

Die Aufzeichnung des envestor Webinars mit Ottmar Wolf (FAM AG) vom 21.11.2024 können Sie sich hier anschauen.

Autor

  • Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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