Investieren in Aktienfonds – wann soll ich kaufen?

Wie investiere ich am besten in Aktienfonds? Diese Frage treibt Anleger seit Jahrhunderten um. Sollte man mit dem Markt schwimmen, oder folgen nur tote Fische der Richtung des Stroms? Wir wollen heute auf einen wichtigen Aspekt des Timings erläutern, der vor allem Value-Investoren nicht so recht schmecken dürfte. 

Es gibt viele Herangehensweisen, sich den Märkten zu nähern.  Wir haben bereits die Frage „Einmalanlage oder Sparplan?“ aufgegriffen. Eine weitere wichtige Frage ist, wann ich investieren soll. Es geht also um die leidige Timing-Frage. Manche Investoren schwimmen mit der Masse und kaufen das, was andere kaufen. Andere wiederum schwimmen gegen den Strom, weil sie der Meinung sind, dass Aktien, die andere nicht mit der Kneifzange anfassen, die größten Chancen bieten, weil der Markt ihre „Story“ nicht erkannt hat. Viele dieser Anleger dürften nicht protestieren, wenn man sie als Value-Investoren bezeichnen würde – auch wenn längst nicht alles, was gerade verkauft wird, billig sein muss – siehe die Highgrowth-Favoriten von Cathie Wood, die nach klassischen Bewertungskennziffern mutmaßlich nie billig sein werden. 

Investieren in Aktienfonds – am besten also antizyklisch? Im Prinzip ja, aber wir wollen heute auf einen wenig beleuchteten Aspekt eingehen, den Value-Verfechter oft ignorieren: Dass manche Investments nicht gefragt sind, hat manchmal schlechte Gründe, oft aber auch gute. Man kann eben leider nicht immer durch antizyklische Investments in Aktienfonds Mr. Market austricksen. Mit einem Value-Ansatz läuft man Gefahr, auch längerfristig schwache Renditen zu erzielen – nur weil wir der Meinung sind, dass eine Aktie unterbewertet ist, kann das die Mehrheit der Marktteilnehmer auch längere Zeit ganz anders sehen. Das Phänomen der Value-Falle wollen wir anhand einer gerade in den USA beliebten Strategie zeigen, die gezielt auf unbeliebte Investments setzt – sie heißt passenderweise „buy the unloved“. 

Kaufen Sie die Unbeliebten: antizyklische Strategie mit langer Tradition

Das US-Researchhaus Morningstar hat das Konzept, auf unbeliebte Aktien zu setzen, popularisiert. Es ist denkbar einfach: Man bastele ein gleichgewichtetes Portfolio aus den drei Fondskategorien, aus denen Anleger im Vorjahr besonders viel Geld abgezogen haben und halte es drei Jahre lang. Um den Erfolg dieser Strategie nachvollziehen zu können, wird ein spiegelbildliches Portfolio konstruiert: aus Fonds der Kategorien, die im Jahr zuvor besonders hohe Mittelzuflüsse hatten. Die untere Grafik zeigt, dass diese Strategie in den USA seit 1994 sehr erfolgreich war. Seit Auflage konnte das „unbeliebte“ Portfolio jährlich ein Plus von 11,0 Prozent erzielen, derweil das „beliebte“ Portfolio pro Jahr nur um 5,6 Prozent zulegte.

Investieren in Aktienfonds: langfristig haben die Antizykliker die Nase vorn

Die Langfristergebnisse sind bestechend. Wir wollten diese Strategie auf europäische Verhältnisse übertragen und haben uns exemplarisch den Zeitraum zwischen 2018 und 2022 angesehen. 

Wir haben Portfolios aus Fonds gebildet, die einmal in die beliebtesten und einmal in die unbeliebtesten Fondskategorien investieren. Die untere Grafik zeigt die Anlageergebnisse der Portfolios für jeweils drei Dreijahres-Zeiträume. Die Portfolios, die auf beliebte Investments setzen, konnten die Portfolios aus unbeliebten Fonds in allen drei Zeiträumen übertreffen. So konnte das beliebte Portfolio, das die Top-Seller des Jahres 2017 zusammenbrachte in der Zeit zwischen 2018 und 2020 jedes Jahr eine Performance von 4,8 Prozent pro Jahr erzielen. Das Portfolio aus den Fonds, die 2017 die höchsten Mittelabflüssen hinnehmen musste, legte dagegen nur 3,6 Prozent pro Jahr zwischen 2018 und 2020 zu. Blickt man auf die in den Portfolios enthaltenen Fondskategorien, wird der Grund für den Performance-Unterschied klar: Die Fondskategorien mit den höchsten Abflüssen des Jahres 2017 waren u.a. Fonds für britische Dividendenaktien, USA-Value; beide liefen deutlich schlechter als die Fondskategorien mit den höchsten Zuflüssen im Jahr 2017 – u.a. Aktien Welt und Aktien Emerging Markets. 

Auch in den Folgejahren konnten die prozyklischen Portfolios die antizyklisch zusammengestellten Portfolios übertreffen. Erstere bestanden zumeist aus USA und Growth Aktien, letztere oft aus europäischen und Value Aktien. Seit 2010 war aber meistens eine gute Idee, Europa und Value zu verkaufen und Fonds für USA, Growth und Welt Aktien zu kaufen. Diese Beispiele zeigen das Dilemma der Value-Falle: Wer ein Portfolio aus wenig glamourösen Aktien zusammenstellt, läuft mitunter Gefahr, eine ganze Weile daneben zu liegen. Geduld ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste , aber ob Ruhe wirklich erste Anlegerpflicht ist, steht auf einem anderen Blatt.   

In Europa lagen seit 2018 die beliebten Fondskategorien vorn

In Europa lagen seit 2018 die beliebten Fondskategorien vorn
Rendite in Prozent und pro Jahr, Daten per 31.12.2022, Quelle: Morningstar

Fazit: Ladenhüter sind nicht immer ein guter Deal

Unser kleines Experiment zeigt, dass Anleger mit regelbasierten Investments zwar richtig liegen können, weil sie systematisch und emotionslos investieren, und das steht für Disziplin. Das ist eine prinzipiell gute Idee, garantiert aber nicht den Erfolg, schon gar nicht kurzfristig. Denn man sollte seine Investmentthese immer durch Plausibilitäts-Checks überprüfen. Dass Anleger nach dem Brexit-Entscheid nach 2016 in großem Stil aus britischen Aktienfonds ausgestiegen sind, hätte man nicht unbedingt als Einstiegssignal sehen müssen. Zumal britische Großanleger wie Pensionspläne im Zuge des Übergangs von Defined Benefit- auf Defined Contribution-Ansätze immer weniger auf heimische Aktien und stattdessen auf Anleihen setzen. Und angesichts des Nullzinsumfelds bis 2022 hatten Value-Aktien, die in europäischen Aktienfonds massiv vertreten sind, gegenüber Growth-Aktien, die eher in den USA vertreten sind, stets einen strukturellen Nachteil. Das zeigt, dass Investieren auch immer etwas mit gesundem Menschenverstand hat.  

Anders sieht es aktuell aus: 2022 wurden wiederum britische Aktien, USA Growth und Eurozonen-Aktienfonds verkauft; gesucht waren dagegen globale Dividendenfonds, Fonds für US-Aktien und Aktien Welt. Ein Portfolio aus den unbeliebten Kategorien hätte in den ersten 2,5 Monaten dieses Jahres ein Plus von 7,9 Prozent erzielt. Dagegen liegt ein Portfolio aus den beliebtesten Fondskategorien des Vorjahres im Jahr 2023 (per 9. März) nur mit 3,6 Prozent im Plus. Antizyklische Investoren werden also aktuell belohnt. Unsere Beispiele zeigen aber, dass das Popularitäts-Paradigma kein Selbstläufer ist. Es kann hervorragende Kaufgelegenheiten zutage fördern, aber schlimmstenfalls auf falschen Prämissen basieren. 

Provisionsverbot für Fonds? Nur ohne meine Ampel

Und was ist der Stand der Debatte in Deutschland? Die Politik ist gespalten: Die Grünen sind für das Provisionsverbot, die FDP strikt dagegen, Union und SPD tendenziell auch. Auch die Finanzaufsicht Bafin hat sich nicht festgelegt, lässt aber auch eine ablehnende Haltung durchblicken. Beratung müsse schließlich immer bezahlt werden, egal, wie der Vertrieb honoriert werde, zitierte die Süddeutsche Zeitung Frank Grund, Chef der Versicherungsaufsicht der Bafin. Zudem sei die Honorarberatung nicht zwangsläufig eine bessere Lösung.  Ein Provisionsverbot ist in Deutschland daher in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Das liegt einmal an der nachrangigen Bedeutung des Themas in Zeiten der „Zeitenwende“. Zum anderen wären die Folgen eines Provisionsverbots nicht so eindeutig positiv, wie das Beispiel UK zeigt.

Der Envestor Cashback als faire Lösung für Selbstentscheider

Eine Kundengruppe wird heute allerdings massiv durch die unlösbare Verknüpfung von Fonds- und Vertriebskosten benachteiligt: die Selbstentscheider, die auf aktiv verwaltete Fonds setzen. Sie müssen überall Vertriebskosten bezahlen, auch wenn sie nicht beraten werden. Egal, ob bei klassischen Filialbanken, bei Direktbanken, Neo-Brokern oder bei bankenunabhängigen Fondsplattformen im Internet: alle halten die Hände auf und nötigen Anlegern die Erklärung ab, dass sie auf die Vertriebsgebühren verzichten. Money for nothing – eine Wahl haben Kunden dabei nicht: stimmen sie ihrer Enteignung nicht zu, werden sie von der „Bank ihres Vertrauens“ abgewiesen. In der Vergangenheit wurden penetrante Bestandskunden, die auf die Erstattung ihrer Vertriebsgebühren wegen aktiv praktizierter Nichtberatung pochten, sogar vor die Tür gesetzt. 

Aber halt: Selbstentscheiderinnen und Selbstentscheider müssen nicht überall ihr Geld zum Fenster hinauswerfen. Wer seine oder ihre Finanzentscheidungen selber trifft, bekommt bei Envestor den roten Teppich ausgerollt. Anlegerinnen und Anleger, die ihre Fondsportfolios von uns ohne Beratung betreuen lassen, erhalten – abzüglich unserer Marge von 0,19 Prozentpunkten – die gesamte laufende Vertriebsgebühr zurück. Unser Cashback liefert also einer benachteiligten Anlegergruppe eine bestechend einfache und faire Lösung, unabhängig davon, ob nun das Provisionsverbot der EU kommt oder nicht.

Investor Cashback

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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