Märkte und Anleger sind gefangen zwischen Inflation und der Gefahr einer drohenden Rezession. Auf dem Jahrestreffpunkt der Fondsbranche in Mannheim überwiegen skeptische Stimmen. Doch auch wenn die konjunkturellen Aussichten trübe sind, sehen Fondsmanager auch die Chance, dass es nicht ganz so schlimm kommen wird, wie es die Märkte derzeit einpreisen.
„Folgt auf die galoppierende Inflation die Rezession?“ Auf dem Fondskongress in Mannheim gab es etliche Elefanten im Raum, und die wollte auf den ersten Post-Corona-Treffen der Fondsmanager und Fondsberater keiner totschweigen. Schließlich dreht sich auf dem Fondskongress alles um Investmentstrategien, die Renditen für Anleger auch im aktuellen Umfeld erzielen sollen – oder zumindest das Schlimmste verhindern. Wir haben die Stimmen einiger Fondsmanager gesammelt, gefiltert und zusammengefasst.
Beim Sauren Fondsmanager Gipfel 2022 trafen unter der Moderation des Dachfondsmanagers Eckhard Sauren mit Bert Flossbach, Peter E. Huber und Klaus Kaldemorgen gleich drei Fondsmanager aufeinander, die alle Freiheiten haben, wenn es darum geht, das Vermögen der Anleger an den Märkten unterzubringen. Dabei herrschte mit Blick auf die Inflation weitgehende Einigkeit. „Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben“, sagte Huber, der mit dem Huber Portfolio einen flexibel investierenden Mischfonds verantwortet. Wie sehr sich die Märkte in einer Ausnahmesituation befinden, zeigt, dass der ehemalige Rentenfondsmanager derzeit kaum Anleihen hält – gerade einmal zwölf Prozent im Huber Portfolio. Dagegen machen Aktien rund zweidrittel des Fondsvermögens aus. Gold-Zertifikate machen rund zehn Prozent aus. Das ist ein Portfolio, das auf Inflation getrimmt ist.
Auch Klaus Kaldemorgen hält sich derzeit von Anleihen fern – vor allem durch Absicherungsstrategien. „Wir haben die Duration nicht nur verkürzt, sondern sind auch short gegangen“, beschreibt Kaldemorgen die Vorgehensweise in dem von ihm verantworteten Mischfonds DWS Concept Kaldemorgen. Auch im Kredit-Bereich habe er die Risiken reduziert. Allenfalls, um Exposure zum US-Dollar zu bekommen, halte er kurzlaufende US-Anleihen. Auch Kaldemorgen investiert derzeit in Sachwerte – Aktien und Gold.
Bert Flossbach, Fondsmanager des flexiblen Mischfonds FvS Multiple Opportunities, meidet derzeit Anleihen vollständig. Gemäß der letztmals Ende Mai veröffentlichten Portfolio-Zusammensetzung besteht der Fonds zu gut 75 Prozent aus Aktien, Edelmetalle machen knapp zehn Prozent aus, der Rest entfällt auf Kasse und indirektes Gold-Exposure.
Nicht nur, was die Vermögensaufteilung im Groben anbelangt, auch bei der Diagnose waren sich die drei Fondsmanager einig: Die realen Renditen, also die Verzinsung nach Abzug der Inflation, wird über Jahre hinweg negativ bleiben. Hier sehen die Fondsmanager ein Problem in der mangelnden Effektivität der EZB, die nicht nur die Inflation bekämpfen, sondern mit ihrer Politik auch verhindern muss, dass die Eurozone destabilisiert wird. In den vergangenen Wochen schossen die Risikoaufschläge auf italienische Anleihen massiv in die Höhe, was Erinnerungen an die Eurokrise im Jahr 2011 weckt.
Angesichts dieser Konstellation ist laut Peter Huber eine Inflationsbekämpfung, wie sie der ehemalige US-Notenbankchef Paul Volcker Anfang der 1980er Jahre durch massive Zinserhöhungen erfolgreich betrieb, in der Eurozone undenkbar sein. Angesichts der hohen Staatsschulden Italiens und anderer Länder halten Flossbach und Huber deutlich höhere Zinsen für undenkbar. „Es gibt keine Lösung des Problems“, so die pessimistische Aussage Hubers. Alle drei Manager rechnen mit weiterem Preisdruck – nicht nur wegen der hohen Energiepreise, sondern auch der sich abzeichnenden Regionalisierung und der fortlaufenden De-Carbonisierung der Wirtschaft.
Vor diesem Hintergrund setzen alle drei Fondsmanager auf Aktien – wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten. Während Peter Huber vor allem Aktien aus den Sektoren Rohstoffe und Energie im Blick hat und Aktien wie Shell, Total hält (seine Top-Position war bis in den April hinein die Verbriefungsurkunde für die Gazprom Aktie), setzt Flossbach unverändert auf defensive, hohe Cashflows erwirtschaftende Qualitätsaktien. Bei ihm stehen Alphabet, Berkshire Hathaway, Nestle, 3M und Amazon an oberster Stelle, Aktien, die sich schon seit einer gefühlten Ewigkeit im Flossbach Multiple Opportunities befinden. Bei Kaldemorgen finden sich indes vor allem Telekom-Aktien (Deutsche Telekom, Alphabet, AT&T), Gesundheitstitel (Bayer) und IT-Werte (Microsoft) im Fokus – Aktien, die er als Value-Titel beschreibt.
Die drei Fondsmanager setzen auf unterschiedliche Rezepte als Antwort auf die steigende Inflation, und sie müssen zugleich auch die Folgen der sich abschwächenden Konjunktur im Blick behalten. „Die Rezession kommt zu 100 Prozent, aber es ist müßig zu versuchen, das zu timen“, rät Flossbach. Auch für Kaldemorgen stellt sich nicht die Frage ob, sondern wann die Rezession kommt.
Auch wenn sie konzedieren, dass die Lage schwierig sei, sind Flossbach und Kaldemorgen nicht pessimistisch für Aktien per se gestimmt. „Eine Rezession muss nicht zum Weltuntergang führen“, sagte Kaldemorgen und machte darauf aufmerksam, dass auch zwischen 1970 und 1980 annualisierte Renditen von sechs Prozent bei Aktien möglich waren. „Wenn einer weiß, wie man mit einer anderen Anlageklasse als Aktien so viel verdienen kann, wäre ich erstaunt“, bricht Kaldemorgen eine Lanze für Aktien. Als bestes Rezept gegen die derzeitige Unsicherheit sieht Kaldemorgen eine breite Diversifikation auf verschiedene Anlagen, die wenig miteinander korreliert seien.
Bei Flossbach geht es dagegen eher um das Stock-Picking, also um die Auswahl der Aktien. Aufschluss zur Gewinnsituation der Unternehmen erhoffe er sich aus der Berichterstattung zum zweiten Quartal, die ab Juli ansteht. Er werde sich nicht nur die Gewinn- und Verlustrechnung der Unternehmen genau studieren, sondern sich auch die Prognosen in den Quartalsberichten vornehmen. „In einer Rezession wird man nicht massive Gewinnrevisionen querbeet sehen“, so Flossbach. Im Laufe der Quartalssaison werde er die Kaufchancen, die sich durch die Kursverluste bisher in diesem Jahr ergeben würden, wahrnehmen. Die Märkte, so Flossbach, hätten bereits viele schlechte Nachrichten eingepreist.