Provisionsverbot für Fonds? Was die EU vorhat und worauf es für Anleger ankommt

Die EU-Kommission will das Thema Provisionsverbot für Fonds angehen. Was der Stand der Debatte ist, worum es geht und warum Anleger, die keine Beratung brauchen, wegen des Envestor Cashbacks dieser aufgeregten Debatte ganz entspannt begegnen können. 

Die Debatte um das EU Provisionsverbot im Vertrieb von Fonds und Versicherungen ist im Gange. Wieder einmal. Die EU erwägt, Vermittlungsprovisionen bei Fonds und Versicherungsprodukten zu verbieten. Die EU-Kommissarin für Finanzen, Mairead McGuinness, verwies im Dezember in einem Brief an den Europaabgeordneten Markus Ferber darauf, dass die aktuellen Regelungen nicht dazu beigetragen hätten, die unabhängige Finanzberatung zu stärken. Zudem würden Privatanleger nach wie vor überteuerte Produkte angeboten. Die Kommissarin kündigte neue Vorschläge an, die Vertriebsvergütung und die Produktkosten voneinander zu trennen. In der Fachsprache heißt es auch „Fee Unbundling“. 

Die Idee dahinter klingt schlüssig und ist nicht neu: Aktuell bestehen die Fondsgebühren aus zwei großen Posten: Einmal die Verwaltungsgebühr, die die Fondsmanager bekommen, und zum anderen die Vertriebskosten, die Berater als Bestandsprovision für die laufende Betreuung und Beratung von Kunden erhalten. Diese beiden Posten zu trennen, so die Argumentation der EU-Kommission, verhindere Interessenkonflikte im Vertrieb und würde im Ergebnis die Kosten für Anleger reduzieren. Aktuell bestehe die Gefahr, dass Berater Kunden die teuersten Fonds empfehlen, weil dort die Vertriebsgebühren am höchsten sind. Fondsgebühren werden prozentual am verwalteten Vermögen berechnet. 

Fonds-Provisionen: Interessenkonflikt für den Vertrieb

Dazu ein einfaches Beispiel: Kostet ein Fonds jedes Jahr 2,0 Prozent des verwalteten Vermögens, dann bekäme der Vertrieb bei der häufigen 50:50 Aufteilung 1,0 Prozent des Fondswerts pro Jahr. Ein Fonds mit Gebühren von 1,0 Prozent brächte dem Vertrieb nach diesem Split nur 0,5 Prozent an Betreuungsgebühr. Es besteht also ein latenter Interessenkonflikt. Um die eigenen Erträge zu optimieren, könnten Berater ihren Kunden überteuerte Fonds aufs Auge drücken und damit gegen ihre Interessen handeln. 

Die Initiative der EU ist nicht neu: Bereits in der ersten EU-Finanzmarktrichtlinie (Mifid I) aus dem Jahr 2007 sind Vertriebsprovisionen nur erlaubt, wenn sie dazu beitragen, die Qualität der Beratung zu verbessern. Das Geschäftsmodell des klassischen Finanzvertriebs basiert also seit 2007 auf einem Ausnahmetatbestand. Das ist bedenkenswert und auch bedenklich. Daran hat sich unter der Finanzmarktrichtline Mifid II nichts geändert. Die zentrale Annahme der Befürworter eines Provisionsverbots ist, dass dies mehr Transparenz (und damit eine bessere Entscheidungsgrundlage) für Anleger brächte und zudem Finanzprodukte und -Dienstleistungen günstiger mache. 

Provisionsverbot für Fonds: Was das Labor Großbritannien offenbart

Machen wir also den Realitäts-Check. Das ist möglich, weil mit Großbritannien bereits ein Land frühzeitig (2012) ein Provisionsverbot durchgesetzt hat. 2016 und 2020 hat die Finanzaufsicht FSA den Zustand des Finanzvertriebs in Großbritannien untersucht. Die Ergebnisse der ersten Untersuchung waren gemischt. So hätten sich die Qualität der Beratung und auch die „Business Ethics“ im Vertrieb verbessert. Doch es sei, so der Bericht der FSA, eine „Beratungslücke“ entstanden. Viele Kleinanleger könnten sich Finanzberatung nicht mehr leisten und würden deshalb von Banken nicht länger bedient. Diese würden sich vielmehr auf die reiche Klientel beschränken. 

Gut vier Jahre später folgte eine weitere Untersuchung. Sie kam zum Schluss, dass die Zahl der mit Finanzberatung „versorgten“ Anleger seit 2016 gestiegen sei. Besonders positiv hervorgehoben wurden automatisierte Vermögensverwaltungen (Robo Advisor). Ist also alles gut auf dem provisionsfreien Markt UK? Nicht ganz. 37 Prozent der Personen mit einem Vermögen über 10.000 GBP gaben an, ihr gesamtes Vermögen in Cash zu halten. Die Depots von 18 Prozent der Kunden wiesen eine Cashquote von über 75 Prozent aus. Zudem gaben 54 Prozent an, keine Finanzberatung in den vorangegangenen 12 Monaten erhalten zu haben. Diese Bilanz ist nicht nur ernüchternd, sondern verheerend. Über die Hälfte der erwachsenen Investoren in UK hatten 2020 keinen Plan, wo sie ihr Cash unterbringen sollen. Zur Erinnerung: Wer zwischen 2012 und 2021 Cash hielt, verpasste nicht nur hohe Aktienrenditen, sondern machte mit Null-Zinsen verheerende reale Verluste. 

Der Finanzmarkt in UK zeichnet daher kein uneingeschränkt positives Bild aus Anlegersicht. Das Ende der Provisionsberatung reduziert offenbar die Motivation der Finanzindustrie, „kleine Leute“ zu bedienen, weil diese sich Honorare nicht leisten können. Von denen haben wiederum viele keinen Plan und bleiben auf ihrem Cash sitzen. Das bringt uns zu zwei oft zitierten Vorteilen des Provisionsverbots: Kosten und Transparenz.

Reduziert das „Unbundling“ die Fondskosten für Anleger?

Senkt ein Provisionsverbot die Kosten für Anleger? Diese These ist strittig. Im erwähnten Bericht kommt die britische Aufsicht auf laufende Fondskosten von 1,1 Prozent pro Jahr. Weil der Vertrieb seine Dienstleistungen seit 2012 separat in Rechnung stellt, kommen zusätzlich im Schnitt Beratungskosten von 0,8 Prozent jährlich hinzu. Was kosten demgegenüber Fonds, in denen die Vertriebsgebühren enthalten sind? Die EFAMA, der europäische Fondsverband, kommt in einer Untersuchung aus dem Jahr 2021 auf Kosten von 1,68% pro Jahr für den durchschnittlichen aktiv verwalteten Fonds. Davon erhalten Fondsmanager 0,69 Prozent und der Vertrieb 0,64 Prozent des Fondsvermögens pro Jahr (der Differenzbetrag geht an Daten- und Research-Anbieter). Grob gesagt zahlen Anleger in UK, die sich beraten lassen, also über 0,2 Prozentpunkte mehr als Anleger, die in Fonds investieren, deren Gebühren Provisionen erhalten. Das Argument, dass das Provisionsverbot günstiger für Anleger sei, sticht also nicht. 

Fonds Provisionen: Transparenz ist bereits längst gewährleistet

Das zweite große Argument der Freunde des Provisionsverbots: Dies würde die Transparenz erhöhen und Interessenkonflikte reduzieren. Auch wenn ein Provisionsverbot Anlegern unter Umständen keine günstigeren Kosten brächte, so würden sie deshalb einen besseren Deal machen, weil Vertrieb und Anleger gleich gerichtete Interessen hätten. Würde ein Berater sein Honorar „sicher“ haben, würde er im nächsten Schritt alles daran setzen, dem Kunden das beste Produkt anzubieten, um gegenüber anderen Beratern zu glänzen. Diese Argumentation ist absolut schlüssig, weil sie Anleger animiert, die beste Performance für Anleger herauszuholen.  

Allerdings hat dieses Argument auch einen Haken: Auch unter dem  heutigen Provisionsregime in Deutschland ist der Finanzvertrieb sehr transparent. Anleger haben heute die Möglichkeit zu ermitteln, ob ihr Berater einen guten Job macht. Finanzberater, die Fonds empfehlen, sind dazu verpflichtet, zu Beginn des Beratungsgesprächs auf Interessenkonflikte hinzuweisen. Und sie müssen vor dem Geschäftsabschluss alle voraussichtlichen Kosten offenlegen. Nicht nur die Produkt-, sondern auch die Beratungskosten. Diese werden im sogenannten Ex Ante Kostenausweis aufgeführt. Darüber hinaus gibt es mit dem Ex Post Kostenausweis nach jeder Umsetzung von Portfolio-Vorschlägen eine weitere Konkretisierung der Gebühren. Schlussendlich erhalten Anleger einmal im Jahr von ihrer Depotstelle einen Ausweis der angefallenen Kosten – einschließlich der Vertriebskosten. Mehr Transparenz ist schwer vorstellbar. Die Transparenz beseitigt nicht den Interessenkonflikt, den Provisionsberatung mitbringt, eröffnet dem Anleger aber klaren Handlungsoptionen. 

Kunden, die wissen, was der Vertrieb an Ihnen verdient, hat die Freiheit zu entscheiden, ob er diese Kosten tragen will. Der Einwand, wonach das alles kompliziert und nicht zu verstehen sei, ist ein Strohmann-Argument. Vertriebskosten, die in Produktkosten enthalten sind, sind anderswo gang und gäbe. Oder gibt es jemanden, der noch nie von der Händlermarge der Autohäuser gehört hat? Zudem berichten Medien und Verbraucherschützer seit Jahren kritisch über die negativen Folgen bei der Provisionsberatung. Wer will, kann diese Berichte zur Kenntnis nehmen. 

Provisionsverbot für Fonds? Nur ohne meine Ampel

Und was ist der Stand der Debatte in Deutschland? Die Politik ist gespalten: Die Grünen sind für das Provisionsverbot, die FDP strikt dagegen, Union und SPD tendenziell auch. Auch die Finanzaufsicht Bafin hat sich nicht festgelegt, lässt aber auch eine ablehnende Haltung durchblicken. Beratung müsse schließlich immer bezahlt werden, egal, wie der Vertrieb honoriert werde, zitierte die Süddeutsche Zeitung Frank Grund, Chef der Versicherungsaufsicht der Bafin. Zudem sei die Honorarberatung nicht zwangsläufig eine bessere Lösung.  Ein Provisionsverbot ist in Deutschland daher in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Das liegt einmal an der nachrangigen Bedeutung des Themas in Zeiten der „Zeitenwende“. Zum anderen wären die Folgen eines Provisionsverbots nicht so eindeutig positiv, wie das Beispiel UK zeigt.

Der Envestor Cashback als faire Lösung für Selbstentscheider

Eine Kundengruppe wird heute allerdings massiv durch die unlösbare Verknüpfung von Fonds- und Vertriebskosten benachteiligt: die Selbstentscheider, die auf aktiv verwaltete Fonds setzen. Sie müssen überall Vertriebskosten bezahlen, auch wenn sie nicht beraten werden. Egal, ob bei klassischen Filialbanken, bei Direktbanken, Neo-Brokern oder bei bankenunabhängigen Fondsplattformen im Internet: alle halten die Hände auf und nötigen Anlegern die Erklärung ab, dass sie auf die Vertriebsgebühren verzichten. Money for nothing – eine Wahl haben Kunden dabei nicht: stimmen sie ihrer Enteignung nicht zu, werden sie von der „Bank ihres Vertrauens“ abgewiesen. In der Vergangenheit wurden penetrante Bestandskunden, die auf die Erstattung ihrer Vertriebsgebühren wegen aktiv praktizierter Nichtberatung pochten, sogar vor die Tür gesetzt. 

Aber halt: Selbstentscheiderinnen und Selbstentscheider müssen nicht überall ihr Geld zum Fenster hinauswerfen. Wer seine oder ihre Finanzentscheidungen selber trifft, bekommt bei Envestor den roten Teppich ausgerollt. Anlegerinnen und Anleger, die ihre Fondsportfolios von uns ohne Beratung betreuen lassen, erhalten – abzüglich unserer Marge von 0,19 Prozentpunkten – die gesamte laufende Vertriebsgebühr zurück. Unser Cashback liefert also einer benachteiligten Anlegergruppe eine bestechend einfache und faire Lösung, unabhängig davon, ob nun das Provisionsverbot der EU kommt oder nicht.

Investor Cashback

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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