S&P 500 ETFs

S&P 500 ETFs: Das große Einmaleins des Königsindex

ETFs auf den MSCI World gelten als Maß aller Dinge. Gemessen an der Nachfrage von Anlegern wurden diese allerdings 2024 von S&P 500 ETFs übertrumpft. Letztere haben regelrecht aberwitzige Zuflüsse erfahren. Anlass genug, sich mit dem S&P 500 etwas näher zu befassen. Was Sie schon immer über den S&P 500 wissen wollten – unser Deep Dive.

Gemessen an der Tatsache, dass es rund 40.000 Fonds und ETFs in Europa gibt, würde das Bild, das die Nachfrage der Anleger 2024 zeigt, eher auf ein Fonds-Oligopol schließen lassen: Von den fünf Fonds mit der höchsten Nachfrage in Europa bilden drei (sic!) den US-Leitindex S&P 500 ab. Die höchsten Nettozuflüsse erzielte der aktiv verwaltete Rentenfonds PIMCO GIS Income mit gut 20,7 Milliarden Dollar in 2024, dicht gefolgt vom iShares Core S&P 500 ETF, der 19,4 Milliarden Dollar an Zuflüssen verbuchte. Auf Platz drei landete der iShares Core MSCI World ETF, gefolgt vom Invesco S&P 500 ETF und SPDR® S&P 500 ETF. In den Top 10 Fonds nach Mittelzuflüssen 2024 befinden sich zwei weitere ETFs auf den US-Leitindex.

Diese US-Suprematie drückte sich auch in der Performance aus: ETFs auf den S&P 500 legten (in Euro) um gut 33 Prozent zu, verglichen mit dem (ordentlichen) Plus von gut 18 Prozent bei DAX-ETFs und eher kümmerlichen 8-10 Prozent bei marktbreiten europäischen Indizes. Die untere Tabelle zeigt die Dominanz des S&P 500 gegenüber einigen anderen.

S&P 500 ETF Performance

Performance 3 Jahre, in Euro und Prozent, Stand der Daten: 16.1.2025, Quelle: Morningstar.

S&P 500 ETFs: Wie sie konstruiert sind

Der S&P 500 umfasst die 500 größten börsennotierten Unternehmen aus den USA. „Groß“ wird hier definiert als der Anteil der frei handelbaren („free float“) Aktien an einer US-Wertpapierbörse, in erster Linie die NYSE, Nasdaq und CBOE. Der Firmensitz muss ebenfalls in den USA sein. Vorzugsaktien, Wandelanleihen, SPACs und Investment-Trusts werden ausgeschlossen. Um den Free Float zu bestimmen, verwendet S&P Dow Jones Indices einen sogenannten Investable Weight Factor (IWF). Zu den Feinheiten gehört die Regelung, dass Aktien, die von Insidern, Kontrollaktionären oder staatlichen Stellen gehalten werden, von der Berechnung der Indexgewichte ausgeschlossen werden.

Für die Aufnahme in den S&P gibt es weitere Hürden: Die Aktien von Kandidaten müssen ein Mindestmaß an Liquidität aufweisen. Ein wichtiges Zusatzkriterium, das vor wenigen Jahren auch beim DAX angewendet wurde, ist eine Profitabilitäts-Hürde: Bevor eine Aktie in den S&P 500 aufgenommen werden kann, muss das Unternehmen in den vorherigen vier Quartalen Gewinne geschrieben haben (GAAP). Das hat dazu geführt, dass Tesla nicht 2013, sondern erst sieben Jahre später in den S&P 500 aufgenommen wurde.

Anleger assoziieren mit Indizes eine radikale Objektivität: Die Logik der Indexkonstruktion ist in Stein gemeißelt, und wer die Kriterien erfüllt, landet im Index-Korb. Das ist tatsächlich bei vielen Indizes der Fall, aber nicht uneingeschränkt beim S&P 500. Ein Index-Komitee spielt bei der Index-Pflege eine wichtige Rolle, und diese folgt keinen Formel-Vorgaben, sondern vieles liegt im Ermessensspielraum der Komitee-Mitglieder. Das fängt damit an, dass die nötigen Liquiditätsregeln zwar für die Aufnahme in den S&P 500 gelten, aber nicht zwingend für die fortdauernde Zugehörigkeit zum Index. Ist eine Aktie im Index, sind die Liquiditätsanforderungen eine Kann-Regel. Hintergrund ist, dass der Umschlag (Turnover) reduziert werden soll. Es macht also durchaus Sinn, Indexkonstruktionen nicht roboterhaft umzusetzen.

Doch auch bei der Auswahl der Aktien hat das Komitee Entscheidungsspielräume – etwa wenn es um die Gewichtungen der Sektoren geht. Kritiker bemängeln zudem die häufigen Änderungen bei der Index-Methodologie, die ebenfalls in der Diskretion des Komitees liegt. Ein Papier der University of Chicago kommt zum Schluss, dass zwischen 1989 und 2017 rund fünf Prozent der Rendite des S&P 500 auf Aktien zurückging, die gemäß der Index-Konstruktionsregeln nicht Teil des S&P 500 hätten sein sollen.

S&P 500: Der Index der Magnificent 7

Und wie sieht das Ergebnis aus? Das Prinzip der Marktkapitalisierung bewirkt, dass die größten Unternehmen das höchste Gewicht haben. Die zehn größten Aktien machen aktuell ein Gewicht von über 35 Prozent des Index aus. Das ist ein sehr hoher Konzentrationsgrad. Vor zehn Jahren machten die größten zehn Bestandteile gerade einmal 17,5 Prozent aus. Aber Anfang 2015 war eine ganz andere Welt. Apple war damals zwar auch schon das größte Unternehmen im S&P 500, hatte aber ein Gewicht von nur 3,6 Prozent, gefolgt von ExxonMobil mit 2,2 Prozent, Microsoft (2,1 Prozent), Johnson & Johnson (1,6 Prozent), Berkshire Hathaway (1,5 Prozent), Wells Fargo, General Electric und Procter & Gamble (1,4 Prozent), JPMorgan (1,43 Prozent) und Chevron (1,2 Prozent).

Heute kommt Apple auf einen Anteil von über sieben Prozent, gefolgt von NVIDIA (6,5 Prozent), Microsoft (6,2 Prozent), Amazon (4,1 Prozent), Alphabet A und C (4 Prozent), Meta (2,6 Prozent), Tesla (2,2 Prozent), Broadcom (2,1 Prozent) und Berkshire Hathaway (1,7 Prozent). Der S&P 500 wird heute also dominiert von den großen Tech-Plattformen, den sogenannten Magnificent 7. Wohl und Wehe der Performance hängt also an den Tech-Mega-Caps. Entsprechend handelt es sich bei S&P 500 ETFs um Fonds in der Kategorie „USA Standardwerte“, wobei das Portfolio (gewichtet) an der Schwelle zu Mega-Caps kratzt. Entsprechend der Tech-Hausse der vergangenen zehn Jahre ist die Bewertung der Aktien im Index hoch. Das KGV von 22 (2025) ist ambitioniert, wie auch das Kurs-Buchwert-Verhältnis von 4,3 und das Kurs-Umsatz-Verhältnis von 2,8.

Der Blick auf die Branchenzusammensetzung spiegelt diese Tech-Dominanz nur unzureichend wider. Tech-Aktien machen einen Anteil von 33 Prozent aus. Allerdings werden Meta und Alphabet den Kommunikationsdienstleistern zugeschlagen, Tesla ist laut Index-Logik ein zyklischer Konsumwert.

S&P 500 ETF Sektorzusammensetzung

Sektorzusammensetzung in Prozent des Fondsvermögens im Vergleich zum Durchschnitt der Fonds in der Morningstar-Kategorie Aktien USA Standardwerte, Daten per 31.12.2024, Quelle: Morningstar.

Die Ausführungen zeigen, dass S&P 500 ETFs zwar den Anspruch haben, im Nebenwertesegment auch die mittelgroßen Unternehmen mit abzudecken, so sind Mid Caps allenfalls in homöopathischen Dosen vertreten. Es lohnt sich, als Kontrast den gleichgewichteten S&P 500 vor Augen zu führen. Dieser bewegt sich im Schnitt im Mid-Cap-Segment mit einem Drall hin zu Substanzwerten. Die Branchenstruktur im S&P 500 Equal Weight ist deutlich ausgewogener, wie das untere Bild zeigt.

S&P 500 ETF EW Sektorzusammensetzung

Sektorzusammensetzung in Prozent des Fondsvermögens im Vergleich zum Durchschnitt der Fonds in der Morningstar-Kategorie Aktien USA Standardwerte, Daten per 31.12.2024, Quelle: Morningstar.

S&P 500 ETFs: Outperformance ... eine Frage der Strategie

Die Frage, ob S&P 500 ETFs für Anleger eine gute Wahl waren, ist aus der Perspektive eines Anlegers in Europa schnell beantwortet: absolut! In den vergangenen fünf Jahren verdienten Investoren mit S&P 500 ETFs jedes Jahr im Schnitt über 16 Prozent. Europäische Aktien brachten bestenfalls halb so viel ein. Hiesige Anleger profitieren gleich doppelt: einmal von der Aktien-Performance, zum anderen von der Aufwertung des Dollar gegenüber dem Euro, die für einen zusätzlichen Performance-Kick von über 1,5 Prozentpunkten sorgte.

Auch gegenüber Fonds der Kategorie Aktien USA Standardwerte waren S&P 500 ETFs eine sehr gute Wahl. Bis auf 2020 lagen S&P 500 ETFs seit 2015 in jedem Kalenderjahr entweder im ersten oder zweiten Performance-Quartil vergleichbarer Fonds. Wegen der konstant überdurchschnittlichen Performance war die Zehnjahresbilanz gut: Die Indexfonds zählten zu den 20 Prozent besten Fonds der Kategorie.

Wer dagegen die ETFs aus allen US-Aktiensegmenten gegeneinander laufen lässt, stellt überrascht fest, dass erst auf Rang 19 in der absteigenden Performance-Sortierung ein ETF auf den S&P 500 liegt. Nasdaq-100-ETFs haben S&P 500 ETFs den Schneid abgekauft und gut fünf Prozentpunkte pro Jahr seit 2020 an Outperformance erzielt. Auch ETFs auf den Russell 1000 Growth und ESG-Screened ETFs lagen vor dem S&P 500 – interessanterweise konnte auch der aktiv verwaltete ETF JPM US Research Enhanced Equity ESG ETF aus dem Hause JPMorgan Asset Management den US-Standard-Index übertreffen.

Und was bringt die Zukunft? Wir wissen es natürlich nicht. Dass der S&P 500 seit der Finanzkrise eine hervorragende Performance gemacht hat, bedeutet nicht, dass er es auch künftig tun wird. Aber er muss nicht spiegelbildlich bald crashen. Am ehesten ist eine überdurchschnittliche Rendite ein Indikator dafür, dass die Bewertungen hoch sind und die künftige Rendite unterdurchschnittlich sein dürfte. Es könnte also sein, dass die heutigen Rohrkrepierer am US-Aktienmarkt, ETFs für Low Volatility, Nebenwerte, Tech-Themenfonds, die nie etwas anderes waren als verkappte USA-Fonds, künftig bessere Renditen einfahren werden als ETFs auf den S&P 500.

Autor

  • Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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