Der Sturz des syrischen Regimes hat die geopolitische Dynamik im Nahen Osten verändert. Während Syrien selbst keine unmittelbare Relevanz für die Kapitalmärkte hat, entstehen für angrenzende Länder und deren Märkte interessante Investitionsmöglichkeiten. Unser optimistisches Szenario für den Nahen Osten.
Besonders die Türkei, Ägypten, Saudi-Arabien und Israel könnten wirtschaftlich von dieser Entwicklung profitieren. Dieser Artikel beleuchtet die potenziellen Auswirkungen auf diese Länder und zeigt konkrete Anlagemöglichkeiten auf. Den Überlegungen liegt ein optimistisches Szenario zugrunde – es kann natürlich auch ganz anders kommen, sollte Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes in ein Chaos stürzen und zum Failed State werden, so, wie es in Libyen und dem Sudan passiert ist.
Türkei: Hauptakteur im Wiederaufbau
Die Türkei steht bei den unmittelbaren Profiteuren des Regimewechsels im Fokus. Durch ihre geografische Nähe und politischen Einfluss ist die Türkei prädestiniert, eine zentrale Rolle im Wiederaufbau Syriens zu spielen. Besonders der türkische Bausektor könnte dabei stark profitieren, da er durch Überkapazitäten bereits auf neue Großprojekte angewiesen ist.
Unternehmen wie Tekfen Holding und Enka İnşaat, die in der Region gut vernetzt sind, bieten hier interessante Anlagemöglichkeiten. Für Anleger, die breiter diversifizieren möchten, bietet der iShares MSCI Turkey UCITS ETF Zugang zu einer Vielzahl türkischer Unternehmen. Auch unabhängig vom Wiederaufbau Syriens zeigt der türkische Markt Erholungstendenzen, was ihn derzeit besonders attraktiv macht.
Jordanien: Stabilitätsanker und Frontier-Markt
Jordanien, das lange stark vom syrischen Bürgerkrieg belastet war, kann nun durch die Stabilisierung Syriens wirtschaftlich profitieren. Die Flüchtlingsströme hatten das Land unter Druck gesetzt, doch mit einer Normalisierung der Lage eröffnen sich neue Chancen.
Der jordanische Markt bietet jedoch aufgrund seiner Frontier-Markt-Struktur nur begrenzte direkte Anlagemöglichkeiten. Investoren können sich über Frontier-Markt-Fonds wie den Franklin Templeton Frontier Markets Fund in jordanischen Unternehmen engagieren.
Ägypten: Ein Markt mit langfristigem Potenzial
Ägypten, die größte Volkswirtschaft Nordafrikas, könnte mittelbar von einer Stabilisierung Syriens profitieren. Besonders der Handelssektor und Infrastrukturprojekte könnten neue Impulse erhalten, wenn die Region insgesamt stabiler wird.
Der ägyptische Aktienmarkt wird durch die Egyptian Exchange (EGX) repräsentiert und umfasst Unternehmen aus den Bereichen Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Industrie. Besonders der Handelssektor sowie Infrastrukturprojekte könnten neue Impulse erhalten, wenn die Region stabiler wird. Für Anleger, die gezielt in Ägypten investieren möchten, stehen Fonds wie der VanEck Egypt Index ETF zur Verfügung. Dieser ist auf den ägyptischen Markt spezialisiert und ermöglicht eine diversifizierte Beteiligung
Saudi-Arabien: Im Fokus der Ölpreisdynamik
Saudi-Arabien ist weniger direkt vom Wiederaufbau Syriens betroffen, doch die geopolitische Neuordnung in der Region könnte dem Königreich zugutekommen. Die Schwächung des iranischen Einflusses stärkt Saudi-Arabien politisch und wirtschaftlich.
Der saudi-arabische Aktienmarkt, der durch den MSCI Saudi Arabia 20/35 Index repräsentiert wird, spielt eine bedeutende Rolle im MSCI Emerging Markets Index. Die Entwicklung des Marktes hängt jedoch stark von der Ölpreisentwicklung ab. Welche Richtung der Ölpreis nimmt, ist alles eine Frage des Investment-Szenarios. Es kann in zwei Richtungen gehen:
•Steigender Ölpreis: Höhere Staatseinnahmen stärken die Wirtschaft und setzen positive Impulse für den Aktienmarkt.
•Fallender Ölpreis: Ein Rückgang der Ölpreise könnte Druck auf den Markt ausüben, allerdings bleibt das Vision 2030-Programm ein stabilisierender Faktor.
Investoren können sich über ETFs wie den iShares MSCI Saudi Arabia Capped UCITS ETF, den Invesco MSCI Saudi Arabia UCITS ETF oder den Franklin FTSE Saudia Arabien ETF am saudi-arabischen Markt beteiligen.
Israel: Stabilität und Wachstum im Technologiesektor
Israel würde von einer Stabilisierung Syriens profitieren, da eine geschwächte iranische Präsenz in der Region die Sicherheitslage verbessert. Eine potenzielle diplomatische Lösung des Gaza-Konflikts würde zudem weitere positive Signale senden.
Für Anleger bietet Israel, das nicht zu den Schwellenmärkten zählt, interessante Möglichkeiten im Technologiesektor. Unternehmen wie Check Point Software und NICE Ltd. profitieren von einer stabileren Region. Zugang zu diesen Unternehmen bietet der ARK Israel Innovative Technology ETF.
Fazit: Chancen für Anleger in einer dynamischen Region
Der Regimewechsel in Syrien hat geopolitische Dynamiken ausgelöst, die angrenzende Märkte beeinflussen. Unser Artikel geht davon aus, dass nach dem Umsturz des Assad-Regimes die Region eine Wende zum Besseren nimmt. Sollte Syrien dagegen ins Chaos stürzen und den „Libyischen Weg“ einschlagen, sind solche Überlegungen Makulatur.
Im optimistischen Szenario würden die Türkei, Jordanien und Israel als unmittelbare Profiteure hervorstechen. Aber bei einer regionalen Stabilisierung wären auch Ägypten, Saudi-Arabien und die anderen Golfstaaten die mittelbaren Gewinner. Der Nahe Osten könnte insgesamt zu einem bedeutenderen Faktor in den Frontier- und Schwellenmärkten werden und langfristig interessante Anlagechancen bieten.
Privatanleger, die von diesen Entwicklungen profitieren möchten, sollten gezielt nach Fonds und ETFs suchen, die den Zugang zu diesen Märkten ermöglichen. Eine sorgfältige Analyse und Diversifikation bleiben dabei entscheidend, um Chancen in einer sich wandelnden Region optimal zu nutzen – natürlich nur als spekulative Beimischung in einem diversifizierten Portfolio.
Autor
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Steffen Gruschka ist CFO und Co-Geschäftsführer von Envestor. Er ist seit über 25 Jahren Fondsmanager für Emerging-Markets-Aktien, zunächst bei der DWS, heute bei Pyfore Capital, wo er als Berater für den Emerging Markets Digital Leaders verantwortlich zeichnet.
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