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US-Staatsanleihen: „Sell America“ oder wie sicher sind Treasuries?

US-Treasuries: Sell America? Lange galten US-Staatsanleihen als sicherer Hafen – doch dieses Narrativ beginnt zu bröckeln. Nach einem Downgrade der Rating-Agentur Moody’s purzeln die Kurse von Treasuries. Ist die Zeit der bedingungslosen Treue zur Treasury vorbei?

 

Moody’s zieht Glaubwürdigkeit der USA in Frage

Die Nachricht von Moody’s kam nicht ganz überraschend, aber sie traf die Rentenmärkte mit Wucht. Die Rating-Agentur stufte die Kreditwürdigkeit der USA herab –  von „Aaa“ auf „Aa1“. Moody’s stellte im Downgrade-Bericht explizit die langfristige Tragfähigkeit der US-Staatsverschuldung infrage. Hintergrund ist der strukturell hohe Budgetfehlbetrag der Vereinigten Staaten: Das Congressional Budget Office (CBO) prognostiziert für 2025 ein Haushaltsdefizit von rund 1,9 Billionen US-Dollar. Gleichzeitig steigen die Zinskosten des Staates auf ein neues Rekordniveau – laut US-Finanzministerium lagen die Nettozinszahlungen zuletzt bei über einer Billion Dollar jährlich.

Solche Zahlen nähren Zweifel an der fiskalischen Solidität der USA. Und genau das ist es, was Moody’s, wie zuvor S&P und Fitch, nun in den Fokus rückt: Wenn der politische Stillstand anhält und keine strukturellen Reformen folgen, könnten Investoren höhere Risikoaufschläge verlangen – was die Refinanzierungskosten weiter steigen ließe. 

Moody’s war die letzte der drei großen Agenturen, die den USA noch das Top-Rating „Aaa“ zugestand. S&P hatte das Triple-A bereits 2011 gestrichen, Fitch folgte 2023 – jeweils mit Verweis auf Defizitdynamik und politische Dysfunktion. Dass nun auch Moody’s sich in den Downgrade-Reigen einreiht, hätte also nicht überraschend kommen müssen – tat es aber offenkundig: Die Rendite der 30-jährigen US-Staatsanleihen kletterte um mehr als zehn Basispunkte auf fünf Prozent, ein Niveau, das zuletzt 2023 für Unruhe sorgte. Nach einer Verschnaufpause gilt jetzt wieder: „Sell America“. Investoren beginnen, die Risiken der US-Fiskalpolitik offenbar ernsthaft neu zu bewerten.

Marktreaktion: Risikoaufschläge statt Sicherheit

Besonders auffällig war die Bewegung bei den 30-jährigen US-Staatsanleihen, deren Rendite innerhalb weniger Handelstage von 4,6 auf über 5,0 Prozent gestiegen ist. Das ist der höchste Stand seit Oktober 2023 – und ein markantes Signal: Denn während der kurzfristige Zinssatz (etwa bei 2-jährigen Treasuries) weitgehend von der US-Notenbank (Fed) gesteuert wird, spiegeln 10-jährige Anleihen die Markterwartungen zur künftigen Inflation und Geldpolitik wider. Die 30-jährigen Bonds hingegen sind die ehrlichsten Gradmesser für das langfristige Vertrauen in die fiskalische und wirtschaftliche Stabilität der Vereinigten Staaten. Wer sein Kapital für drei Jahrzehnte an einen Schuldner bindet, wägt die fiskalischen und wirtschaftlichen Risiken besonders sorgfältig ab. Der Renditeanstieg bei “den 30-Jährigen” war also ein Misstrauensvotum gegen den Schuldner.

Zum Vergleich: Die Rendite der 10-jährigen Treasuries liegt derzeit bei etwa 4,45 Prozent – deutlich unter der Rendite der 30-Jährigen, was auf eine steiler werdende Zinskurve am langen Ende hindeutet. Solche Bewegungen treten auch dann auf, wenn Investoren Risikoaufschläge für die langfristige Solvenz einpreisen – etwa aufgrund wachsender Defizite, politischer Unsicherheiten oder sinkender Nachfrage aus dem Ausland.

Auch ausländische Investoren reagieren: Die Nachfrage asiatischer Zentralbanken nach langfristigen US-Treasuries ist rückläufig. Insbesondere China, lange zweitgrößter Gläubiger der USA, hat seine Treasury-Bestände stark reduziert und stattdessen massiv Goldreserven aufgebaut. Gleichzeitig kehren japanische Investoren zunehmend in den heimischen Anleihemarkt zurück – denn nach Jahrzehnten praktisch zinsloser Staatsanleihen bieten zehnjährige japanische Bonds inzwischen wieder rund ein Prozent Verzinsung. Noch eindrücklicher: Selbst die 40-jährigen japanischen Staatsanleihen rentieren mittlerweile mit über 3,4 Prozent – ein historischer Bruch mit der jahrzehntelangen Niedrigzinsphase und ein starkes Signal, dass Japan als Kapitalmarktstandort wieder an Attraktivität gewinnt.

Die globale Anlegerbasis für US-Staatsanleihen beginnt zu erodieren. Aber noch ist es kein Massen-Exodus, ja nicht einmal ein linearer Prozess. Denn in die Lücke der “Smart Money”-Anleger stoßen offenbar ausgerechnet europäische Investoren hinein – aus einem geopolitischen Reflex heraus und trotz wachsender Differenzen mit Washington. Dass ausgerechnet Europa in die Rolle des letzten treuen Käufers schlüpft, erscheint mit Blick auf mögliche neue Trump-Jahre als geopolitisch riskante Wette.

Unsere Position: Exit US-Staatsanleihen

Vor diesem Hintergrund bestätigt sich eine Entscheidung, die wir bereits im Mitte 2024 getroffen haben: In unseren Beratungsmandaten verzichten wir weitestgehend auf US-Staatsanleihen. Die Gründe lagen schon seinerzeit in der Kombination aus fiskalischen Unsicherheiten, politischem Stillstand und einer zunehmend instabilen Nachfragebasis auf der Käuferseite. Heute sehen wir diese Argumente nicht nur bestätigt – sie haben sich sogar verschärft.

Während viele Investoren US-Treasuries noch als vermeintlich „sichere“ Beimischung halten, glauben wir, dass diese Rolle längst anderen Instrumenten zugefallen ist – etwa inflationsgeschützten Bonds außerhalb der USA oder ausgewählten Unternehmensanleihen  mit hoher Bonität, aber auch Hochzinsanleihen und Nischen wie Loans, CAT Bonds und Nachranganleihen aus dem Versicherungssektor. Auch Schwellenländeranleihen mit kurzen Laufzeiten und (relativ) soliden Primärüberschüssen bieten unseres Erachtens aktuell ein besseres Risiko-Rendite-Profil als auf die überfrachteten US-Staatsfinanzen zu setzen.

Die Parole „Sell America“ ist mehr als ein marktpsychologisches Signal. Sie markiert eine Verschiebung der Wahrnehmung: von den USA als globalem Ankerpunkt für Stabilität hin zu einem hochverschuldeten, politisch gelähmten Schuldnerstaat. Das Institut CSIS sieht mit der zunehmenden fiskalpolitischen Gefahr auch die Führungsrolle der USA schwinden. Das Schlagwort „multipolare Ordnung“ ist nicht mehr nur der Wunsch kleinerer Regionalmächte wie Russland oder aufstrebender Mächte wie Indien oder China, sondern die sich abzeichnende Realität, die wir bereits an anderer Stelle für Anleger skizziert haben.

Noch mag das Vertrauen in den Dollar als Weltleitwährung ungebrochen scheinen – doch die Bewertungsaufschläge im Bondmarkt erzählen eine andere Geschichte. Smart Money hat sich bereits angefangen, von US-Assets zu trennen; immer mehr Anleger werden folgen, vor allem solche, die nicht ad hoc Investment-Entscheidungen umsetzen können. Ich denke hier an Pensionsfonds und andere Altersvorsorge-Einrichtungen, deren Entscheidungsprozesse langwierig sind. Aber kommen die Tanker erst in Bewegung, wird der sich in Ansätzen abzeichnende Trend im Investment-Mainstream ankommen.

Für langfristig orientierte Anleger heißt das: Wer echte Sicherheit sucht, sollte nicht auf Ratings, sondern auf fiskalische Realität und politische Handlungsfähigkeit achten. Und genau hier ist das Vertrauen in die USA derzeit so fragil wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

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Autor

  • Steffen Gruschka ist CFO und Co-Geschäftsführer von Envestor. Er ist seit über 25 Jahren Fondsmanager für Emerging-Markets-Aktien, zunächst bei der DWS, heute bei Pyfore Capital, wo er als Berater für den Emerging Markets Digital Leaders verantwortlich zeichnet.

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