Welche Märkte bringen die beste Performance?

Halbzeit 2023: Welche Märkte bringen die beste Performance?

Das erste Halbjahr neigt sich dem Ende entgegen. Welche Märkte bringen bisher die beste Performance? Welche Assets haben 2023 enttäuscht? Unsere launige Halbjahresbilanz in fünf Stichpunkten, in der wir auch die Perspektiven für das zweite Halbjahr ausloten.

Die Bücher sind in den USA zwar noch nicht geschlossen, aber am letzten Handelstag des ersten Halbjahres 2023 wird nichts Weltbewegendes die Bilanzen verändern. Vieles unterscheidet sich von der Bilanz des ersten Halbjahres 2022. Seinerzeit mussten viele Märkte im Sog des Ukraine-Krieges, der zurückkehrenden Inflation und der Angst vor einer Rezession die schwächste Halbjahres-Performance der vergangenen Jahrzehnte verkraften. Wie stehen die Märkte heute da, und wie sehen die Perspektiven für das zweite Halbjahr aus? Wir fassen in fünf Punkten den Stand der Dinge zusammen.

Die Aktienmärkte: Wie das große Bild aussieht

Blicken wir zunächst auf das Geschehen an den Aktienmärkten, und zwar von ganz oben. Die untere Tabelle zeigt den eklatanten Kontrast zum vergangenen Jahr, und zwar nicht nur mit Blick auf die absoluten Zahlen, sondern auch was die relative Performance zwischen den verschiedenen Märkten anbelangt. Ende Juni blicken Aktienanleger auf eine glänzende Performance in den ersten sechs Monaten zurück. Die wichtigsten Märkte haben ordentlich zugelegt.

Der beste Monat des Jahres war bisher der Januar. Anleger schöpften damals die Hoffnung, dass der Zinserhöhungszyklus zeitlich begrenzt sein könnte. Das bewahrheitete sich bekanntlich nicht, und entsprechend ging es etwas rumpeliger zu – etwa Februar bis April. Das tat aber der guten Gesamtperformance keinen Abbruch. Interessanterweise weitet sich seit März die Schere zwischen Value und Growth aus, obwohl inzwischen klar ist, dass die Zinsen weiter steigen werden. 

Welche Märkte die beste performance bringen Aktien

Performance in Euro, in Prozent und 5 Jahre annualisiert, Daten per 29.6.2023, Quelle: Morningstar.

Wie die Tabelle oben zeigt, waren Wachstumswerte die Könige des ersten Halbjahres. Der MSCI World Growth legte um sensationelle 22,9 Prozent zu. 2022 hatte er im gesamten Jahr knapp 25 Prozent verloren. Das Bild heute spiegelt also die Kurserholung bei Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon und Nvidia wider, den größten Bestandteilen der globalen Growth-Benchmark. Sehr gut lief es auch für den MSCI World und den nach BIP gewichteten Markt für Industrieländer-Aktien; beide Benchmarks legten in Euro gerechnet um je über 11 Prozent zu.

Am schwächsten performten in diesem Jahr Value-Aktien, die um nur 1 Prozent zwischen Januar und Ende Juni stiegen. Im Jahr 2022 waren Value-Aktien noch die Könige. Wer nur in Substanzwerte investiert hatte, überstand das Jahr mit einer roten null. Nur mittelgroße und kleine börsennotierte Unternehmen setzten 2023 ihre unbefriedigende Entwicklung fort. Sie stiegen im ersten Halbjahr nur um knapp fünf Prozent, nachdem sie bereits im Vorjahr starke Verluste erleiden mussten. Übrigens wäre die Performance der 6 großen Märkte in der Übersicht noch besser ausgefallen, wenn nicht der Euro deutlich gegenüber dem Dollar zugelegt hätte. Gut zwei Prozentpunkte haben Euro-Anleger aufgrund des schwachen Dollar liegen lassen.

Anleihen feiern 2023 ihre Wiederauferstehung

Im Jahr 2022 sind Anleihen durch ein tiefes Tal der Tränen gegangen – dem sie offenbar schon wieder entstiegen sind. In diesem Jahr haben sich Anleihen erholt. Das ist angesichts der hohen Inflation und steigender Zinsen bemerkenswert und auch nicht an jedem Punkt in der unteren Tabelle erkennbar, die die Bilanz von 6 großen Anleihenmärkte zeigt.

Einen lupenreinen Turnaround haben Euro-Anleihen geschafft. Der Bloomberg Euro Aggregate Bond, der vor allem Euro-Staatsanleihen enthält, hat sich nach dem massiven Einbruch 2022 in diesem Jahr etwas erholt. Er legte bisher um 2,2 Prozent zu. Verglichen mit der Performance-Ebbe der letzten Jahre ist das ordentlich. Besonders erfreulich ist, dass sich die Renditen auf einem ordentlichen Niveau befinden, was die Performance-Aussichten für die nächsten Jahre aufhellt.

US-Hochzinsanleihen stiegen im ersten Halbjahr um knapp 3 Prozent. Um den Währungseffekt bereinigt, also in Dollar gerechnet, lag das Plus sogar bei über fünf Prozent.

Aus Sicht von Euro-Anlegern war die Performance von globalen Unternehmensanleihen und Emerging Markets Bonds nur leicht positiv; US-Staatsanleihen und Anleihen für globale Währungen waren aus Euro-Anleger-Sicht sogar leicht negativ. Das spricht allerdings nicht gegen diese Bonds, sondern vielmehr dafür, Währungen so abzusichern, dass die Investments in Anleihen auch wirklich die Performance der Zinsmärkte widerspiegeln und nicht durch die Währungsvolatilität überlagert werden. Mit jedem Halbjahr werden wir schlauer!

Welche Märkte die beste performance bringen Anleihen

Performance in Euro, in Prozent und 5 Jahre annualisiert, Daten per 29.6.2023, Quelle: Morningstar.

USA, Europa, Japan: Welche Märkte bringen die beste Performance?

Anleger in der Eurozone, die den vergangenen Jahren in US-Aktien investierten, haben gleich doppelt profitiert. US-Aktien haben so ziemlich alles in Grund und Boden performt, was sich auf der Aktienseite so herumtrieb. Und die Aufwertung des US-Dollar hat die Depotbestände aufgrund des Währungseffekts weiter ansteigen lassen. Zumindest der Währungseffekt hat sich in diesem Jahr unter anderen Vorzeichen gezeigt, und das hat Aktien aus der Eurozone bisher das Rennen machen lassen. In Euro gerechnet war der DAX der Top-Index in diesem Halbjahr – mit einem Plus von 14,5 Prozent, gefolgt von Eurozonen Aktien (MSCI EMU), die um 14,1 Prozent zulegten. Der S&P 500 stieg demgegenüber nur um 13,2 Prozent. Japanische und Schweizer Aktien legten um jeweils rund 11 Prozent zu; britische Aktien haben mit einem mageren Plus von 5,3 Prozent enttäuscht.

Der richtige Star des ersten Halbjahres hätten Japan sein können. Das relativ unspektakuläre Plus von 11 Prozent in Euro entsprach einem Plus von 24,2 Prozent in Yen gerechnet. Weil jedoch die japanische Notenbank unverändert bei ihrer Nullzins-Linie blieb, die EZB dagegen massiv die Zinsen erhöhte, brach der Yen gegenüber dem Euro regelrecht ein, und zwar so massiv, wie man es zwischen zwei Währungsräumen in den Industrieländern nur selten sieht. Auch wenn man in diesen Tagen mitunter schwammige Signale seitens der Bank of Japan vernimmt, dürfte sich an diesem Bild im zweiten Halbjahr nicht viel ändern: Von der Währungsseite weht Euro-Anlegern in japanischen Aktien der Wind ins Gesicht, sodass nur ein deutlicher Aufschwung japanischer Aktien einen nachhaltig positiven Einfluss in Euro-Portfolios hinterlassen dürfte. Die Bewertungen sprechen derzeit eher für Japan – wie auch für Europa

Performance in Euro, in Prozent und 5 Jahre annualisiert, Daten per 29.6.2023, Quelle: Morningstar.

Ewige Nachzügler? Die Bilanz der Emerging Markets

Emerging Markets Aktien (und Anleihen, s.o.) haben Anleger in den vergangenen Jahren nicht für ihr Risiko belohnt. Selbst wer in den vergangenen 15 Jahre brachten Schwellenländer-Aktien im Vergleich zu Aktien aus den Industrieländern nur magere Renditen. So konnte der MSCI World seit 2008 jedes Jahr um knapp 10 Prozent zulegen, dagegen waren es nur 4,5 Prozent beim MSCI Emerging Markets. Die Enttäuschung hat im ersten Halbjahr ihre Fortsetzung erfahren. Der MSCI Emerging Markets brachte gerade einmal ein mageres Plus von 2,5 Prozent.

Richtig gut sah es in diesem Jahr in unserer Auswahl nur in Brasilien aus, wo das Plus bei knapp 14 Prozent lag. Dahinter steckte allerdings die massive Aufwertung des brasilianischen Real – ohne die hätte das Plus nur bei gut sieben Prozent gelegen. Die Enttäuschung über das Wachstum in China nach dem Ende der Covid-bedingten Lockdowns manifestiert sich mit einem Minus von 7,5 Prozent. Im Januar waren China-Aktien noch aufgrund der Hoffnung auf eine substanzielle Erholung mit zweistelligen Renditen durchgestartet, aber die Mini-Erholung war nur ein Strohfeuer. Chinesische Aktien zogen übrigens wegen ihres großen Gewichts den MSCI Emerging Markets, vor allem aber die asiatischen Märkte mit nach unten. Das konnte auch die ordentliche Performance von Taiwan und Südkorea nicht kompensieren. 

Eher mittelprächtig entwickelte sich der indische Aktienmarkt, und die Kapriolen um die türkische Geldpolitik führten zu kräftigen Verlusten bei Türkei-Aktien, was sich aufgrund des inzwischen geringen Gewichts türkischer Aktien in globalen und regionalen Schwellenländer-Benchmarks aber kaum bemerkbar machte.

Welche Märkte die beste performance bringen Emerging Markets

Performance in Euro, in Prozent und 5 Jahre annualisiert, Daten per 29.6.2023, Quelle: Morningstar.

Gold, Rohstoffe, Kryptos: Was machen die Inflations-Hedges?

Wer sich gegen eine galoppierende Inflation schützen wollte, hat in der Vergangenheit auf Edelmetalle, vor allem Gold, gesetzt. Gold ist seit Jahrtausenden ein Wertspeicher und die „letzte Währung“, wenn Krisen Einzug halten. Damit verhält sich Gold anders als Energie/Öl und andere Industrie-Rohstoffe. Sie bieten dagegen in Zeiten steigender Preise einen Inflationsschutz, fallen aber in Rezessionen der sinkenden Nachfrage zum Opfer.

Seit wenigen Jahren hat sich ein weiteres Asset dazugesellt, das allerdings unter Investoren umstritten ist: Bitcoin und andere Krypto-Investments. Halten wir fest, dass sich Bitcoin und Co. in ihrer kurzen Historie nicht wie klassische Wertspeicher verhalten haben. Als 2022 die Inflation zurückkam, Energiepreise aufgrund der Russland-Invasion der Ukraine durch die Decke gingen und Aktien Verluste einfuhren, kollabierten die Krypto-Preise regelrecht. In Euro gerechnet belief sich das Minus 2022 auf gut 60 Prozent.

In diesem Jahr verdoppelte sich der Bitcoin-Kurs fast, und auch Ether konnte um gut 50 Prozent zulegen. Gold brachte es immerhin auf ein Plus von knapp 3 Prozent. Das ist wenig, aber 2022 erfüllte Gold seinen Job mit einem (Euro-) Plus von gut 6 Prozent. Jetzt, wo sich die Konjunkturausichten verdüstern, verlieren Energie und breite Rohstoffkörbe, die überwiegend am Zyklus hängen deutlich bis zu 14,5 Prozent in diesem Jahr.

Betrachtet man die Bilanz der letzten 5 Jahre bei den Inflations-Hedges, dann sticht das Plus von jährlich zehn Prozent bei Gold hervor. Investoren in Kryptos dürften das Plus von jährlich 30 bis 40 Prozent pro Jahr feiern, die maßgeblich auf die fantastische Performance 2019 bis 2021 zurückgeht. Über 2018 (minus 75 Prozent) und 2022 sehen die Krypto-Bros dagegen hinweg. 

elche Märkte die beste performance bringen Rohstoffe

Bei Kryptos wurden die beiden Tracker XBT Provider Bitcoin Tracker EUR ETN
bzw. XBT Provider Ether Tracker Euro ETN als Proxy verwendet. Performance in Euro, in Prozent und 5 Jahre annualisiert, Daten per 29.6.2023, Quelle: Morningstar.

Fazit: Halbzeit und kein Feierabend

Welche Märkte haben 2023 also die beste Performance gebracht? Würde man die Bücher bereits heute für den Rest des Jahres schließen, könnten sich die meisten Aktienanleger nicht beschweren. An den großen Märkten brachte das erste Halbjahr eine bessere Performance als der langjährige Aktiendurchschnitt von 6 bis 8 Prozent. Skeptiker werden vor allem Growth-Anlegern, die mehr erwarten, magisches Denken unterstellen. Die Optimisten werden dagegen den KI-Boom als Riesenschub für Wirtschaft und Börse darstellen.  

Etwas anders stellt sich die Lage bei Anleihen dar. Die Erholung ist da, aber angesichts der Aussichten auf eine konjunkturelle Eintrübung ist 2023 noch mehr drin. Anleihen-Investoren dürften mit den Hufen scharren und sich auf das zweite Halbjahr freuen – eine Hoffnung, die berechtigt ist, aber es ist kein Selbstläufer angesichts der noch für 2023 anstehenden Zinserhöhungen.

Wenig Optimismus dürfte dagegen bei Emerging Markets Investoren herrschen. Steigen die US-Zinsen, ist der beliebte Carry Trade in Gefahr, und da die Schwellenländer entweder am Tropf Chinas und/oder der USA hängen, sind die Aussichten nicht rosig. Die hohen Zinsen und die nach Corona gestiegene Verschuldung beruhigen ebenfalls nicht. 

Bei Rohstoffen sind die Aussichten gemischt. Gold könnte im zweiten Halbjahr von seinem Status als sicherer Hafen und somit als Diversifizierer von Aktienportfolios weiter profitieren. Einen Schub könnte der Goldpreis auch davon bekommen, dass Notenbanken in den Schwellenländern Gold erstmals seit langer Zeit wieder wie eine echte Währung behandeln – nämlich als Ersatz für den US-Dollar. Das ist vor allem bei Russland und China der Fall, die händeringend nach einem Dollar-Ersatz suchen. Das könnte auch den Boom bei den Krypto-Assets befeuern. Das Plus von 90 Prozent und mehr ist natürlich auch dem positiven Stimmungs-Momentum geschuldet, und wie wir 2022 erfahren haben, kann das schnell kippen.

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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