ETFs sind aus dem Depot der deutschen Anleger nicht mehr wegzudenken. Doch wie schneiden Indexfonds im Rendite-Risiko-Vergleich mit aktiven Fonds tatsächlich ab? Wir haben in einer dreiteiligen Auswertung anhand der Morningstar Ratings die Qualität der Ratings überprüft – sowie die Rating-Tendenz.
Im ersten Teil unserer Serie zur ETF-Bilanz haben wir auf die rasante Verbreitung von ETFs geblickt. Im zweiten Teil haben wir die Erfolgsquote von ETFs in Europa analysiert – und dabei festgestellt, dass eine Survivorship-Bias-freie Auswertung die gute Bilanz von ETFs relativiert. Im dritten Teil schauen wir auf das Rendite-Risiko-Profil von ETFs im Vergleich zu den größtenteils aktiv verwalteten Fonds der identischen Kategorien. Die Analyse ist dreigeteilt: Zunächst blicken wir auf die Bilanz der großen Kategorien, die für viele Anleger wichtig sind. Der zweite Teil blickt auf die Kategorien, in denen ETFs besonders gut abschneiden; der dritte zeigt, in welchen Kategorien ETFs schlecht abschneiden. Maßstab sind die Morningstar-Sterne-Ratings.
Ein Durchschnitts-Rating von mehr als 3,0 Sternen signalisiert ein überdurchschnittliches Rendite-Risiko-Profil von ETFs in einer gegebenen Kategorie, ein Rating von unter 3,0 Sternen deutet darauf hin, dass sich ETFs in der Kategorie nicht abheben konnten von aktiv verwalteten Fonds. Um die Rating-Dynamik einzufangen, haben wir auch die Rating-Tendenz aufgegriffen, indem wir den Spread zwischen den Drei- und Fünfjahres-Teilratings berechnet haben. Diese Tendenz finden Sie in den Tabellen in der Spalte rechts der jeweiligen Tabellen. Ein negativer Wert signalisiert ein schwächeres Kurzfrist-Teil-Rating, ein positiver Wert zeigt, dass ETFs kurzfristig besser abgeschnitten haben als in der Fünfjahres-Bilanz.
Standard-ETFs: The Kids are alright
Ein Blick auf die Morningstar Ratings der Gruppen mit den meisten ETFs zeigt: Die durchschnittliche Rating-Bilanz fällt überdurchschnittlich aus, mutet aber weniger beeindruckend an als erwartet. Die Fondskategorie mit den meisten ETFs ist die Gruppe der US-Aktienfonds für Standardwerte. Hier tummeln sich 91 Produkte, wie die untere Tabelle zeigt. Diese weisen ein Durchschnitts-Rating von 3,38 Sternen aus. Angesichts der Tatsache, dass typische S&P-500-ETFs ein Fünf-Sterne-Rating haben, verwundert diese eher befriedigende als gute Bilanz. Grund ist, dass ETF-Anbieter längst nicht nur Standardindizes abbilden, sondern auch ESG-Screens implementieren und Minimum-Volatility-Produkte auflegen. Auffällig ist auch, dass gleichgewichtete USA-ETFs ziemlich mies abgeschnitten haben, was angesichts der Outperformance der Magnificent 7 nicht verwundert.
Daten per 30.9.2025, Quelle: Morningstar
Besser fällt die ETF-Bilanz in der Kategorie „Global Large-Cap Blend Equity“ aus, der Kategorie, in der sich viele Tracker auf den MSCI World und MSCI ACWI tummeln, die auf vier oder fünf Sterne-Ratings kommen. Insgesamt bringen es die 77 ETFs dieser Kategorie im Schnitt auf 3,94 Sterne. Allerdings haben auch hier ESG-Produkte die Bilanz aufgrund der unterdurchschnittlichen Entwicklung nach unten gezogen.
Deutlich über 3,0 Sterne erzielen auch die ETFs der Kategorien Europa- und Euro-Standardwerte. Die wichtigste Botschaft für Anleger lautet: ETFs sind in den großen Kategorien überwiegend eine gute Wahl. Wer die großen Märkte im Portfolio mit Indexfonds abbildet, fährt im Großen und Ganzen gut.
Doch auch in Einzelländer-Märkten liefern ETFs oft gute Ergebnisse: 3,68 Sterne im Schnitt bei ETFs für deutsche Standardwerte. Auch in der Kategorie britische Standardwerte können ETFs überzeugen, wie auch bei US Large Cap Value ETFs.
In einigen wichtigen Märkten können ETFs indes nicht überzeugen: ETFs für Tech-Aktien kommen im Schnitt auf Morningstar Ratings von 2,94 Sternen. Japan-Standardwerte sind ebenfalls kein Ort für gute ETF-Ratings, wie die untere Tabelle weiter zeigt. Das ist auch der Fall bei ETFs in den Kategorien EUR-Unternehmensanleihen, Aktien Dividenden und Schwellenländer-Renten.
Und wie sieht die kurzfristige Rating-Bilanz aus? Hier liefert der Spread zwischen den kurzfristigen (3-Jahres-) und mittelfristigen (5-Jahres-) Teilratings Antworten. In der Tabelle ist die Rating-Tendenz in der rechten Spalte abgebildet. Ein negativer Wert signalisiert, dass sich die kurzfristige Bilanz verschlechtert hat. Das ist in einigen großen Segmenten der Fall, etwa in den Kategorien USA-, Europa- und Eurozonen-Standardwerte: Die Tendenzen von –0,10 bis –0,28 deuten auf Rating-Verschlechterungen hin. Besonders schwach fällt die kurzfristige Rating-Bilanz in den Kategorien Aktien Schwellenländer, Aktien China A (Festlands-Aktien) und Dividenden Welt aus.
Kategorien mit positiven Tendenzen sind bemerkenswerterweise selten, etwa bei EUR-Staatsanleihen, Dollar-Staatsanleihen, Euro-Unternehmensanleihen und Aktien China.
ETF-Ratings: Wo Indexfonds überzeugen
Kommen wir nun zu den Kategorien, in denen ETFs mit guten bis sehr guten Ratings punkten. Im Ranking der Fondskategorien mit den besten durchschnittlichen Morningstar Ratings führen französische, US-Growth-, Europa Mid-Cap- und Wasser-ETFs die Liste an – mit Werten von 4,60 bis 4,83 Sternen. Insbesondere Sektoren wie Water und Infrastruktur sowie Income-basierte Aktiensegmente („Europe Equity Income“) zeigen solide Outperformance-Qualitäten gegenüber dem aktiven Durchschnitt.
Daten per 30.9.2025, Quelle: Morningstar.
Auffällig aber auch hier: Nur wenige der Top-Kategorien weisen zugleich eine positive Rating-Tendenz aus, sprich: Nur in Einzelfällen ist das Drei-Jahres-Rating besser als das Fünf-Jahres-Rating. Insbesondere „Sector Equity Water“ (+0,40) und „Sector Equity Infrastructure“ (+0,18) zeigen, dass sich die kurzfristige Bilanz jüngst verbessert hat – oft getrieben durch Megatrends wie Klimawandel und Versorgungsinfrastruktur.
Deutlich negative Tendenzwerte, wie bei „EUR Moderate Allocation – Global“ (–0,49) und „China A-Shares“ (–0,44), mahnen jedoch zur Vorsicht – dort hat die jüngste Performance überraschend stark nachgelassen.
Schwache Ratings: ETFs als Problemfälle
Und wo schneiden ETFs am schlechtesten ab? Die Schlusslichter finden sich nicht nur in Nischen- und Sektoren wie Alternative Energy, Emerging Markets Bond, Biotechnology und CHF-Bonds, wo Ratings von deutlich unter 3,0 Sternen Programm sind. Der Rating-Absturz des iShares Global Clean Energy liefert beredtes Zeugnis über die schwache Bilanz von ETFs im Bereich Wind- und Solarkraft-Aktien ab, wie das Durchschnitts-Rating von 2,18 Sternen zeigt.
Bemerkenswerter noch ist die schwache Bilanz in Standardkategorien, die viele Anleger heute fast ohne nachzudenken mit ETFs in ihre Asset Allocation besetzen: Japan Aktien, Euro-Unternehmensanleihen, USA Dividenden, Dividendenfonds global liefern weniger als biedere Hausmannskost.
Daten per 30.9.2025, Quelle: Morningstar
Die Rating-Tendenz überzeugt ebenfalls nicht. Die Kurzfrist-Ratings fallen mehrheitlich schwach bis stagnierend aus relativ zu den Fünfjahres-Teilratings, wenn es auch vereinzelt positive Trends gibt, etwa in den Kategorien Aktien China, Rohstoff-Aktien oder britische ETFs für Unternehmensanleihen.
ETFs für alle? Indexfonds kein Selbstläufer
Die Morningstar Ratings offenbaren zwei große Trends: ETFs behaupten sich in den meisten großen Fondskategorien solide gegenüber aktiven Fonds. Insbesondere im Large-Cap-Segment und bei klassischen Märkten sind sie wettbewerbsfähig. Die zweite Tendenz ist die Schwäche von ETFs in Nischensegmenten, Sektoren und illiquiden Märkten, wo der Indexansatz oft seine Grenzen hat – klumpige Indizes, eine viel zu große Fixierung auf den Listing-Ort, können ETFs zu einer schlechten Wahl machen. ETFs müssen nicht zwingend ein guter Spiegel eines Marktes sein.
Doch unter dieser allgemeinen Erkenntnis, die nicht neu ist, verbergen sich interessante Fakten. Einmal liefern die Teilratings von Morningstar interessante Aufschlüsse über die jüngeren Performance-Tendenzen, die vom Gesamtrating, das bis zu zehn Jahre an Fondshistorie abgreift, nicht so klar abgrenzbar ist.
Wichtig zu wissen ist auch, dass ETFs für die großen Märkte keine Selbstläufer sind. Das liegt daran, dass immer mehr ETFs semi-aktive Strategien abbilden: ist hier das Stichwort. Zahlreiche semi-aktive ETFs, etwa für den Faktor Low Volatility, sowie ESG-ETFs haben mitunter in den vergangenen Jahren schwach abgeschnitten in ihren Kategorien.
Die Frage ist allerdings, was Anlegende mit dieser Erkenntnis machen sollten. Wir meinen, dass ein schwaches Rating nicht prinzipiell ein Urteil gegen diese Produkte sein muss: ESG-Strategien drücken etwa die persönlichen ethischen Präferenzen vieler Anleger aus, und hier stehen eben nicht klassische Finanzüberlegungen (Rendite, Risiko) im Vordergrund.
Zudem müssen Anleger die Zyklik der Märkte beachten. Ein Ein-Sterne-Rating von gleichgewichteten USA-Aktien-ETFs spiegelt die Outperformance der Tech- und AI-Highflyer wie Nvidia, Microsoft, Amazon, Alphabet und Meta wider, und die hat inzwischen Dimensionen erreicht, die Anlegern mulmige Gefühle bereiten. Kommt es zu einer Korrektur bei den Magnificent 7, dann wäre ein gleichgewichteter ETF auf den S&P 500 künftig eine Absicherung gegen den AI-Crash und der ETF auf den „S&P 493“ der Star der ETF-Manege.
Ratings sind hilfreich, weil sie uns helfen, strukturell schwache ETFs und Indizes zu identifizieren, aber sie sind ein zyklisches Abbild der Märkte. Quantitative Fonds- und ETF-Ratings fangen die Rendite-Risiko-Bilanz der Vergangenheit ein und müssen nicht die Gewinner der Zukunft identifizieren.
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Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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