EZB-vs-Federal-Reserve

EZB und FED: Die zwei ungleichen Schwestern und ihre Strategien

In der Welt der Zentralbanken gelten die Europäische Zentralbank (EZB) und die Federal Reserve (FED) als zentrale Akteure der globalen Wirtschaft. Doch trotz ähnlicher Instrumente und Machtpositionen könnten ihre Aufgaben und aktuellen Herausforderungen kaum unterschiedlicher sein. 

Der zentraler Unterschied: Während die Fed ein breiteres Mandat hat, das neben der Preisstabilität auch die Förderung von Beschäftigung und Wirtschaftswachstum umfasst, ist die EZB einzig auf die Preisstabilität fokussiert. Dieser Unterschied führt immer wieder zu Spannungen innerhalb der Eurozone und prägt die Unterschiede in der Geldpolitik der beiden Institutionen.

USA robust, Europa fragil

Die wirtschaftliche Lage in den USA und Europa unterscheidet sich derzeit grundlegend. Während die Vereinigten Staaten ein robustes Wachstum und eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote aufweisen, kämpft die Eurozone mit einer Kombination aus schwachem Wachstum, strukturellen Herausforderungen und politischen Konflikten.

USA:

Die US-Wirtschaft profitiert von einer starken Binnennachfrage, Investitionen in Zukunftsindustrien und einer vergleichsweise flexiblen Wirtschaftsstruktur. Unterstützt durch Programme wie den „Inflation Reduction Act“, erlebt das Land eine Erholung in Schlüsselindustrien wie Halbleiter und erneuerbare Energien. Obwohl die Inflation 2022 ein Problem war, konnte die Fed durch eine entschlossene Zinspolitik die Teuerung eindämmen, ohne das Wachstum abzuwürgen.

Eurozone:

Die Eurozone steht vor einem anderen Problem: Die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie wurde durch die Energiekrise 2022 und die geopolitischen Spannungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gebremst. Länder wie Deutschland, traditionell das Zugpferd der europäischen Wirtschaft, kämpfen mit schrumpfendem Wachstum. Hinzu kommt, dass die Eurozone stark fragmentiert ist – wirtschaftlich, politisch und kulturell. Während Länder wie Italien oder Spanien eine lockere Geldpolitik bevorzugen, um ihre hohen Schuldenstände und schwache Wirtschaft zu stützen, pocht der Norden Europas, angeführt von Deutschland und den Niederlanden, auf eine strikte Einhaltung des Preisstabilitätsmandats der EZB.

EZB und FED: Mandate & Strategien

Federal Reserve:

Die Fed verfolgt ein sogenanntes „Duales Mandat“. Neben der Preisstabilität hat sie auch die Förderung von Beschäftigung und wirtschaftlichem Wachstum als Ziel. Diese breitere Zielsetzung gibt der Fed einen größeren Handlungsspielraum und ermöglicht es ihr, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie der COVID-19-Krise expansiv zu handeln, um die Wirtschaft zu stützen.

EZB:

Die EZB hingegen hat laut ihrem Statut ein einziges, klar definiertes Ziel: die Sicherstellung der Preisstabilität. Diese Einschränkung führt regelmäßig zu Spannungen innerhalb der Eurozone. Länder im wirtschaftlich schwächeren Süden fordern häufig, dass die EZB auch Maßnahmen ergreift, die das Wirtschaftswachstum fördern – eine Forderung, die die wirtschaftlich stärkeren und fiskalisch konservativen Länder im Norden ablehnen. Sie argumentieren, dass die EZB strikt ihrem Mandat folgen und sich nicht in die wirtschaftspolitischen Aufgaben der Mitgliedstaaten einmischen sollte.

Geldpolitik im Vergleich

Die unterschiedlichen Mandate und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spiegeln sich auch in der Geldpolitik wider.

Federal Reserve:

Die Fed hat nach der aggressiven Zinsanhebung 2022 und 2023 eine Phase der Konsolidierung eingeleitet. Mit Leitzinsen auf dem höchsten Stand seit 2001 signalisiert sie, dass keine weiteren Erhöhungen mehr notwendig sein könnten. Jerome Powell betont, dass die Teuerung unter Kontrolle gebracht wurde und die US-Wirtschaft robust genug ist, um mit den hohen Zinsen umzugehen. Diese flexible Herangehensweise verdankt die Fed ihrem breiteren Mandat, das es ihr ermöglicht, eine Balance zwischen Wachstum und Inflation anzustreben.

EZB:

Im Gegensatz dazu bleibt die EZB unter massivem Druck. Die Inflation in der Eurozone ist weiterhin ein Problem, insbesondere die Kerninflation. Christine Lagarde hat mehrfach betont, dass die Bekämpfung der Inflation oberste Priorität hat, auch wenn dies das Wachstum hemmen könnte. Hier zeigt sich der Nachteil des engen Mandats: Die EZB hat keine legale Grundlage, um Wirtschaftswachstum aktiv zu fördern, und ist somit gezwungen, an einer restriktiven Geldpolitik festzuhalten. Dies verschärft die Spannungen zwischen Nord und Süd, da Länder wie Italien und Griechenland unter den hohen Zinsen leiden, während der Norden Stabilität fordert.

Einheit versus Fragmentierung

Ein weiterer Unterschied liegt in der politischen und institutionellen Struktur, in der die beiden Zentralbanken operieren.

Federal Reserve:

Die Fed agiert in einem politisch einheitlichen Rahmen mit einer klar definierten Zielsetzung und breiter Unterstützung für ihre Unabhängigkeit. Trotz gelegentlicher Kritik aus dem politischen Lager – etwa von US-Präsidenten – genießt die Fed ein hohes Maß an Vertrauen.

EZB:

Die EZB hingegen operiert in einem hochgradig fragmentierten politischen Umfeld. Mit 20 Mitgliedsstaaten, die alle unterschiedliche wirtschaftliche Interessen und politische Prioritäten haben, ist die Durchsetzung einer einheitlichen Geldpolitik eine enorme Herausforderung. Die EZB wird daher oft politisch instrumentalisiert: Länder mit hoher Staatsverschuldung fordern niedrige Zinsen, während fiskalisch konservative Staaten auf Sparsamkeit und Preisstabilität pochen. Diese Konflikte schränken den Handlungsspielraum der EZB massiv ein.

Herausforderungen und Ausblick

Die ungleichen Mandate und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der beiden Zentralbanken bedeuten, dass EZB und Fed auch in Zukunft unterschiedliche Wege einschlagen werden.

Für die EZB bleibt die zentrale Herausforderung, die Inflation in einer fragmentierten Währungsunion unter Kontrolle zu bringen, ohne das fragile Wachstum zu gefährden. Dabei könnte sie sich stärker auf gezielte Maßnahmen wie den Ankauf von Anleihen bestimmter Länder oder spezielle Kreditprogramme konzentrieren.

Für die Fed wird es darum gehen, die Zinspolitik so auszubalancieren, dass die Inflation weiter sinkt, ohne die Wirtschaft abzuwürgen. Zudem muss sie langfristig Herausforderungen wie die hohe Staatsverschuldung und strukturelle Veränderungen durch Digitalisierung und Klimawandel bewältigen.

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Die Unterschiede zwischen EZB und Federal Reserve verdeutlichen, wie stark die Mandate und wirtschaftlichen Bedingungen die Geldpolitik beeinflussen. Für Anleger bedeutet dies, dass sich in den USA und Europa unterschiedliche Chancen und Risiken ergeben. Hier ist eine fundierte Beratung entscheidend, um das Beste aus beiden Welten zu machen. 

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Autor

  • Steffen Gruschka ist CFO und Co-Geschäftsführer von Envestor. Er ist seit über 25 Jahren Fondsmanager für Emerging-Markets-Aktien, zunächst bei der DWS, heute bei Pyfore Capital, wo er als Berater für den Emerging Markets Digital Leaders verantwortlich zeichnet.

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Steffen Gruschka

Steffen Gruschka ist CFO und Co-Geschäftsführer von Envestor. Er ist seit über 25 Jahren Fondsmanager für Emerging-Markets-Aktien, zunächst bei der DWS, heute bei Pyfore Capital, wo er als Berater für den Emerging Markets Digital Leaders verantwortlich zeichnet.
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