Geldmarktfonds – ein sicherer und effizienter Weg zum Zinsglück

Mit jedem Zinsschritt der Europäischen Zentralbank wird Geldmarktfonds neues Leben eingehaucht. Sie sind für Privatanleger eine gute Alternative zu Tagesgeldkonten. Was es mit diesen Fonds auf sich hat, was sie bringen und warum sie gerade heute so attraktiv sind.  

Wäre es nach den apodiktischen Aussagen vieler Finanzprofis gegangen, dann dürfte es keine Geldmarktfonds mehr geben. Lange Zeit galt der Zins als abgeschafft. „Die EZB ist am Point of no Return“, schrieb etwa der Kölner Vermögensverwalter Bert Flossbach in einer Markteinschätzung Mitte 2019. Die herbeigesehnte Zinswende in Europa werde nicht kommen, „weil sie nicht kommen darf.“ Mit dieser Einschätzung stand Flossbach nicht allein. Die Verschuldung der Euro-Südstaaten sei so hoch, dass es keine Zinsen mehr geben werde, so der Tenor vieler Vermögensverwalter. Tagesgelder und Sparbücher brachten seit Beginn der Eurokrise 2010 zunächst wenig, dann nichts und schließlich Negativzinsen.

Dieses Bild hat sich in den vergangenen neun Monaten um 180 Grad gewendet: Die galoppierende Inflation hat zum Comeback der Zinsen geführt. Die Europäische Zentralbank hat zwar spät auf die rasant steigende Inflation reagiert, ist dafür aber umso härter auf die geldpolitische Bremse getreten. Das Tempo der Zinserhöhungen ist atemberaubend: Ende Juli 2022 stieg der Hauptrefinanzierungssatz erstmals nach sechs Jahren über die Nulllinie, nämlich von null auf 0,5 Prozent, er sprang dann jeweils in 0,75 Punkte-Schritten auf 1,25 Prozent im September und 2,0 Prozent Anfang November 2022. Aktuell notiert der wichtigste Euro-Zinssatz bei 3,5 Prozent. Die hartnäckige Teuerung dürfte für weiter steigende Zinsen sorgen. Das macht Kurzfristanlagen hochspannend. Warum Geldmarktfonds dabei eine besonders wichtige Rolle haben, wollen wir hier erläutern.

Vom zinslosen Risiko zurück zum risikolosen Zins

Länger laufende Anleihen sind zwar im Zuge stark gestiegener Renditen attraktiv geworden, sind aber nach wie vor unsichere Kantonisten. Steigen die Kurzfristzinsen weiter wie erwartet, dann drohen Anleihen weitere Kursverluste. Bereits 2022 sind die Kurse vermeintlich sicherer Anleihen um über zehn Prozent eingebrochen. Zudem sind die Renditen langlaufender Zinspapiere im Vergleich zu kurzfristigen aktuell relativ unattraktiv, weil viele Marktteilnehmer mit einer Rezession rechnen. Das drückt auf die Langfristrenditen. Man spricht auch von einer inversen Zinskurve.  

Demgegenüber ist die Attraktivität kurzfristiger Anleihen nicht nur größer, sondern auch die Abwärtsrisiken geringer als bei länger laufenden Anleihen. Das liegt daran, dass das sogenannte „kurze Ende“ der Zinskurve am stärksten von der Geldpolitik der Notenbank geprägt wird. Daher dürften die ganz kurzfristigen Zinspapiere angesichts absehbar weiter steigender Zinsen an Attraktivität gewinnen. 

Diese beiden Punkte bringen uns zum Fazit: Die Zeit der Zinsfüchse ist gekommen. Doch wie sollten sich Anleger positionieren? Die Banken lassen sich Zeit, die gestiegenen Zinsen an Anleger weiterzugeben. Viele wollen ihre Zinsmarge – der Unterschied zwischen Einlagezinsen und Kreditzinsen – aus vollen Zügen auskosten – und das möglichst lange. Die Zinsen lagen schon längst bei drei Prozent, als Trade Republic mit einem Tagesgeld-Angebot von zwei Prozent Furore machte. Laut Medienberichten wurde der Broker innerhalb weniger Wochen mit einer Milliarde Euro an Einlagen überschüttet. 

Geldmarktfonds haben Vorteile – gerade in der heutigen Marktphase

Doch es gibt einen besseren Weg zum Zinsglück: Geldmarktfonds. Sie verschaffen Anlegern einen effizienteren Weg zu Zinsanlagen als kurzfristige Bankeinlagen. Diese Fonds investieren breit diversifiziert in Zinspapiere mit kurzer Restlaufzeit von qualitativ hochwertigen Emittenten, die am Geldmarkt gehandelt werden: staatliche Emissionen, Bankobligationen oder Commercial Papers, aber auch in Bankguthaben, Tages- und Termingelder. Geldmarktfonds erschließen diese Investments für Privatanleger, die sonst keinen Zugang zum Geldmarkt haben. 

Geldmarktfonds reagieren schneller auf geänderte Zinskonditionen als typische Kurzfristeinlagen bei Banken. Das ist gerade in der heute sehr dynamischen Zinslandschaft wichtig. In nur neun Monaten ist der Zins von null auf 3,5 Prozent gestiegen. Das spiegeln die trägen Tagesgeldangebote nicht annähernd wider. Anders Geldmarktfonds: Weil die Laufzeit der Papiere in den Fonds kurz ist, können Fondsmanager die geänderten Zinskonditionen zügig an Anleger weiter geben, eben weil es sich nicht um Banken handelt, die ihre Zinsmarge im Blick haben müssen. Sie sind ein viel effizienterer Transmissionsmechanismus, als es Tagesgeldkonten oder Termingeldkonten sein könnten. Es ist diese Genauigkeit, mit der Geldmarktfonds die Konditionen der Zinsmärkte zeitnah weitergeben, die Anlegern heute zum Vorteil gereicht. 

Geldmarktfonds haben natürlich auch Nachteile: Sie kosten mehr als typische Termingeld-Angebote – bis zu 0,5 Prozent pro Jahr, und es soll Banken und Vertriebe geben, die auch hier Ausgabeaufschläge von einem Prozent und mehr verlangen. Darüber hinaus gibt es auch hier – wenn auch nur minimale – Kursrisiken, da Geldmarktfonds eben nicht nur in täglich fälige Einlagen investieren, sondern auch in Papiere mit längeren Laufzeiten, die nicht gegen Kursschwankungen immun sind. Allerdings lag der maximale Verlust bei Geldmarktfonds in den vergangenen Jahren im Schnitt bei gerade einmal 1,75 Prozent. Bei nur wenigen Fonds betrug die maximale Abwärtsbewegung mehr als 2,0 Prozent. 

Sondervermögen haben nichts mit der Einlagensicherung am Hut

Zudem sind Geldmarktfonds Sondervermögen und damit vor einer Insolvenz des Emittenten – hier: der Fondsgesellschaft – geschützt. Anleger ersparen sich also bei Geldmarktfonds den Ärger mit der Einlagensicherung, die gesetzlich nur bis 100.000 Euro gilt. Man kann sein Cash in Geldmarktfonds sicher verwahren, statt es wie bei Tagesgeldern über verschiedene Banken zu verteilen. 

Dennoch waren Geldmarktfonds lange Zeit aus dem Blick von Privatanlegern verschwunden, und das nicht nur wegen der Null- bzw. Niedrigzinsphase seit 2010. In der Finanzkrise erlitten einige dieser Fonds hohe Verluste, weil auch sie auf riskante Papiere gesetzt hatten und damit Schiffbruch erlitten. Allerdings wurden Geldmarktfonds nach der Finanzkrise in mehreren Schritten deutlich sicherergemacht. In der EU wurden zuletzt 2017 neue Diversifikationsregeln eingeführt. Geldmarktfonds stehen heute also auf soliden Beinen. 

Es gibt zwei Arten von Geldmarktfonds: Einmal solche mit sehr kurzen Laufzeiten. Sogenannte kurzfristige Geldmarktfonds haben als Ganzes eine Zinsbindungsdauer von maximal 60 Tagen, einzelne Papiere dürfen eine Restlaufzeit von maximal 397 Tagen haben. Diese Fonds sind sicherer als herkömmliche Geldmarktfonds, werfen aber im Schnitt weniger ab. Herkömmliche Geldmarktfonds investieren in Summe in Papiere mit einer Zinsbindungsdauer von maximal sechs Monaten, die maximale Restlaufzeit einzelner Papiere beträgt zwei Jahre. Sie dürfen auch in andere Geldmarktfonds investieren. 

Was werfen Geldmarktfonds in heutigen Zeiten ab?

Die historische Bilanz mag mau sein, aber sie spiegelt natürlich die vergangene Niedrigzinsphase wider. Laut der Rating-Agentur Morningstar haben Euro-Geldmarktfonds in den vergangenen fünf Jahren jedes Jahr im Schnitt 0,3 Prozent verloren. Doch je kürzer die Historie, desto besser die Bilanz: In den vergangenen drei Jahren lag das jährliche Minus bei 0,12 Prozent, und zwischen April 2022 und März 2023 konnten die Fonds erstmals nach Jahren wieder ein 12-Monats-Plus erwirtschaften – immerhin durchschnittlich 0,36 Prozent. 

In diesem Jahr legten Geldmarktfonds (per 23. März) um 0,44 Prozent zu. Das klingt nach wenig, aber annualisiert man die Rendite des ersten Quartals, dann kommt man auf ein potenzielles Plus von über zwei Prozent. Doch die Performance wird 2023 voraussichtlich höher sein, denn die aktuelle Performance spiegelt nur anteilig die Zinsschritte der letzten Monate wider – und auch nicht die, die in den nächsten Monaten noch erfolgen werden. Daher dürfte bei vielen Geldmarkfonds in diesem Kalenderjahr ein Plus von drei Prozent und mehr auf der Habenseite stehen. Offensiver aufgestellte Fonds könnten auf über vier Prozent kommen, wobei dann auch die Kursrisiken spiegelbildlich höher sind. Natürlich ist die Inflation aktuell höher, aber die Inflationserwartung zeigt steil nach unten. Die EU-Kommission rechnet für 2024 mit einer Inflationsrate von gerade einmal 2,8 Prozent. Es ist fraglich, ob die Kurzfristzinsen so schnell nach unten angepasst werden. 

Die Attraktivität von Geldmarktfonds wird immer mehr Anlegern bewusst, die verstärkt ihre Konten plündern. In den USA sind derzeit Rekordzuflüsse in Geldmarktfonds zu beobachten, wobei das zum Teil auf die Angst von Anlegern vor Bankpleiten zurückgeht. In Europa ist die Nachfrage nach Geldmarktfonds zwar in den vergangenen 12 Monaten gestiegen, ist aber noch auf moderatem Niveau, wie die untere Grafik zeigt. 

Monatliche Zuflüsse in Euro-Geldmarktfonds, in Euro, Daten per 23.3.2023, Quelle: Morningstar

Fazit: Flexibilität ist bei Geldmarktfonds Trumpf

Geldmarktfonds haben in der aktuellen Lage einen ganz besonderen Vorteil. Anleger sind nicht darauf angewiesen, dass ihre Bank irgendwann Gnade zeigt und die üppigen Marktzinsen an sie weitergibt. Wie das Portal Zinsvergleich.net ermittelt hat, liegt der Durchschnitt von 66 Tagesgeld-Angeboten aktuell bei 1,27 Prozent pro Jahr. In der Spitze sind es 2,4 Prozent p.a. bei der schwedischen TFBank AB; 2,2 Prozent bei der Renault Bank direkt und 2,1 Prozent bei der Consorsbank. Die „Zinsgarantie“ dieser Angebote liegt bei zwischen drei und sechs Monaten. Was nach der Fixierung eines attraktiven Angebots klingt, ist angesichts der Aussicht auf steigende Zinsen im Euroraum eher eine Zinsfalle. Es ist nicht gesagt, dass die vermeintlichen Zins-Champions unter den Banken ihre “Zinsgarantien” zeitnah nach oben anpassen werden, wenn die EZB weiter die Zinsen anhebt.

Anders Geldmarktfonds. Sie bieten Privatanlegern hochflexible Konditionen, und das ist in Zeiten steigender Zinsen von Vorteil. Privatinvestoren profitieren mit Geldmarktfonds also fast 1:1 von den sich verbessernden Zinskonditionen – so, wie das bei institutionellen Anlegern der Fall ist. Envestor bietet Anleger einen Zugang zum gesamten deutschen Fondsmarkt und somit auch zu vielen Geldmarktfonds. Hier profitieren Anleger in der Regel nicht von Cashbacks auf die Vertriebskosten, denn die Gebühren dieser Fonds sind bereits sehr niedrig – auch das ein Grund, warum sie im Vergleich zu den Tagesgeldkonditionen der Banken attraktiv sind.  

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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