MSCI World ETFs: nachhaltig oder konventionell?

MSCI World ETFs gelten als das Nonplusultra für Aktienfonds-Anleger. Aber was ist mit den nachhaltigen Versionen des Königsindex MSCI World? Bereits seit gut zwölf Jahren gibt es ETFs auf den MSCI World SRI. Worin sich die beiden ETFs unterscheiden, wo ihre Vorteile liegen und wo die Nachteile, arbeiten wir heute heraus.

Nachhaltig zu investieren zählt zu den obersten Maximen der globalen Maßnahmen gegen den Klimawandel. Im Abkommen der Pariser Klimakonferenz 2015 zählt die Lenkung von Finanzmitteln in Investments, die im Einklang mit den Klimaschutzzielen stehen, zu den wichtigsten Zielen der internationalen Staatengemeinschaft. Seitdem sind nachhaltig investierende Fonds und ETFs stark nachgefragt. Zahlreiche ESG-Produkte sind seitdem auf den Markt gekommen. Seit 2011 gibt es bereits ETFs, die den MSCI World SRI abbilden. Dieser Index gilt als der prominenteste Vertreter der ESG-Indizes für globale Aktien. Wir erläutern in fünf Punkten die wichtigsten Unterschiede zwischen MSCI World ETFs und denen, die den MSCI World Index SRI abbilden.

1. Diversifikation: Konventionell schlägt nachhaltig

Der erste Punkt ist relativ einfach abgehakt: Der MSCI World ist besser diversifiziert als der MSCI World SRI. Er enthält etwa 1.500 Aktien, während der MSCI World SRI auf „nur“ 400 Aktien kommt. Ein Index, der mehr Wertpapiere enthält, kann auf eine größere Anzahl an Performance-Quellen zurückgreifen, als ein Index, der weniger Wertpapiere beinhaltet. Nun könnte man einwenden, dass die Wertpapiere, die ein ESG-Fonds oder -ETF ausschließt, wegen der schwächeren Nachhaltigkeitsbilanz auch Rendite-Nachteile aufweisen. Diese These wird mitunter aufgestellt, bewiesen ist sie indes nicht. 2022 etwa erlebten die Förderer fossiler Energieträger eine Renaissance. Wer auf Öl-, Gas- und Kohleförderer verzichtete, verpasste viel Rendite.

Worauf verzichten also MSCI World SRI ETFs? Wer erwartet, dass nur die fossilen Schmuddelkinder ausgeschlossen werden, wird erstaunt sein. Die untere Liste zeigt die am höchsten gewichteten Aktien im MSCI World, die im SRI-Pendant fehlen.

Distinct Holdings MSCI World vs SRI

Wie die obere Liste zeigt, fehlen zwar mit Exxon Mobil und Chevron tatsächlich zwei Öl-Giganten. Doch auch Apple, Alphabet, Amazon, Nvidia und Meta sind im MSCI World SRI ebenso wenig vertreten wie Berkshire Hathaway, Johnson & Johnson, Procter & Gamble, Nestle, Mastercard und Visa. Sie sind die Lieblinge von Anlegern, die auf Unternehmen mit soliden Bilanzen und starken Cashflows setzen. Insgesamt machen die Top 20 Aktien aus dem Mutterindex, die im MSCI World SRI fehlen, 23,5 Prozent des Gewichts des MSCI World aus.

Halten wir also fest, dass im MSCI World SRI einige Aktien aus dem MSCI World fehlen. Nun ist ein Fonds, der über 400 Aktien enthält, gut diversifiziert. Das relativiert den Diversifikationsvorteil des MSCI World ein wenig, zeigt aber, dass es sich lohnt, eine Etage tiefer einzusteigen: Durch welches Verfahren werden gut 1.100 Aktien Aktien aus dem MSCI World entfernt? Das bringt uns umstandslos zum zweiten Punkt.

2. Komplexität: Nachhaltigkeit ist erklärungsbedürftig

Dass so viele Aktien aus dem MSCI World im SRI-Pendant fehlen, führt uns schnurstracks zum Konstruktionsprinzip des MSCI World SRI. Welche Aktien schließt er aus, auf welche setzt er einen Schwerpunkt? Ein kurzer Blick zunächst auf den MSCI World. Er ist ziemlich einfach gestrickt. Er schließt 85 Prozent der frei handelbaren Marktkapitalisierung von 23 Industrieländern ein und umfasst Standard- und mittelgroße Nebenwerte. Er wird zweimal im Jahr neu zusammengesetzt.

Der MSCI World SRI startet – wie auch der MSCI World – mit Aktien aus 23 Industrieländern, die kapitalisierungsgewichtet sind. Zunächst kommen die Ausschlüsse zum Tragen. Es werden Unternehmen ausgeschlossen, deren geschäftliche Aktivitäten in die Bereich Atom-Energie, Tabak, Alkohol, Waffen, Glücksspiel, Kohle, fossile Energien, Pornografie und Gentechnik fallen. Im zweiten Schritt werden die verbliebenen Aktien auf ihre Nachhaltigkeits-Qualitäten geprüft. Maßstab ist das ESG-Aktien-Rating von MSCI. Es werden 25 Prozent der Marktkapitalisierung der jeweiligen Sektoren und Regionen des Mutterindex mit den nachhaltigsten Aktien in den SRI-Index „gefüllt“.

Dabei wird der MSCI SRI so berechnet, dass seine Sektoren- und Regionengewichtungen in etwa den Gewichtungen des Mutterindex entsprechen. Das soll laut MSCI das systematische Risiko, das die Anwendung des Nachhaltigkeitsfilters auf den MSCI World Index mit sich bringt, begrenzen. Das ist insofern missverständlich, als die Risiken hier durchaus unsystematischer Natur sind: Die ESG-Analysen von MSCI sind zwar quantitativ getrieben, aber die Auswahl und Gewichtung der Indikatoren sind so diskretionär, dass man durchaus von idiosynchratischen Risiken sprechen sollte. Die meisten Auswahlprozesse bei Nachhaltigkeitsindizes (und ETFs) sind aus Anlegersicht diskretionär. Die ESG-Ratings großer Häuser wie Sustainalytics, MSCI, S&P usw. kommen wegen der unterschiedlichen Methodik oft bei den identischen  Emittenten zu unterschiedlichen Rating-Ergebnissen. In einem Harvard-Papier werden ESG-Ratings daher als „Kompasse ohne Nadeln“ kritisiert.  

Der MSCI World SRI wird einmal im Jahr neu adjustiert.

3. Die Faktorenebene: Nachhaltigkeit ist sportlich

ETFs auf den MSCI World SRI zeichnen sich auf der Faktorenebene durch einige Unterschiede gegenüber MSCI World ETFs aus, wie die untere Abbildung zeigt. Der iShares MSCI World SRI wird durch die blauen Kreise repräsentiert, der iShares Core MSCI World ETF durch die roten; die schwarzen Punkte repräsentieren den Durchschnitt der global anlegenden Aktienfonds. Der nachhaltige Bruder des MSCI World ETF investiert stärker in Growth-Aktien, wie die Abbildung unten links zeigt. Entsprechend ist die Bewertung der Aktien im MSCI World SRI höher als im MSCI World. Das Forward-KGV liegt bei 18 gegenüber 16,1 beim MSCI World. Weiter rechts zeigt die Faktoranalyse, dass der Dividenden-Fokus des SRI-ETF geringer ist als beim MSCI World ETF.

MSCI World SRI

Die Analyse zeigt auch, dass die Bilanz-Qualität der Aktien im MSCI World SRI höher ist als beim MSCI World, wie auch die Volatilität. Demgegenüber zeigt die letzte Abbildung oben rechts, dass die durchschnittliche Größe der Aktien im MSCI World SRI niedriger ist als im MSCI Word. Wer hier nachhaltig investiert, hat also einen höheren Anteil an Nebenwerten und investiert stärker in Growth-Aktien. Das gilt es mit Blick auf den Performance-Vergleich weiter unten im Blick zu behalten.

Eine Anmerkung zum relativ niedrigen Exposure des MSCI World SRI zum Momentum-Faktor: Lange Zeit war das Momentum bei MSCI World SRI ETFs höher als bei ETFs auf den Mutterindex. Weil viele Growth-Aktien in den vergangenen 24 Monaten stärker verloren haben, fällt der Momentum-Faktor nunmehr geringer aus als im MSCI World. Im Gegensatz zu den eher stabilen Exposures des SRI-Index zu Growth, Nebenwerten und Quality ist es beim Momentum-Faktor nicht so klar, da er wie Quecksilber zwischen den anderen Faktoren oszilliert.

4. Preis und Angebot: Tücken bei MSCI World ETFs

Weil der MSCI World der Königsindex für ETF-Anleger ist, verwundert nicht, dass die Auswahl größer ist als bei ETFs, die den MSCI World SRI abbilden. Es gibt 16 MSCI World ETFs und nur fünf MSCI World SRI ETFs. Auf den ersten Blick erstaunt, dass MSCI World ETFs im Schnitt 0,27 Prozent pro Jahr an Produktkosten aufweisen, während MSCI World SRI ETFs im Schnitt nur 0,21 Prozent kosten. Des Rätsels Lösung ist einfach: Unter den MSCI World ETFs befinden sich einige „Dinos“, die in den Nuller-Jahren dieses Jahrhunderts aufgelegt wurden. Damals war das Pricing ganz anders als heute. Der iShares MSCI World ETF etwa kostet stolze 0,50 Prozent pro Jahr.

Indes ist es bei den ETFs auf den MSCI World SRI beim Pricing recht einfach: die Gebühren bewegen sich in einer engen Spanne zwischen 0,18 und 0,25 Prozent pro Jahr. Anleger laufen also nicht Gefahr, aus Versehen zum falschen, also teuren, ETF zu greifen. Wegen der häufigeren Umschichtungen fallen die Handelskosten bei ETFs auf den MSCI World allerdings im Schnitt um rund zwei Basispunkte höher aus als bei ETFs auf den MSCI World.

5. Performance: MSCI World SRI ETFs liegen vorn, aber ...

Weil eine gemeinsame Historie der MSCI World ETFs und der ETFs auf den MSCI World SRI nur seit 2011 existiert und weil das Pricing der Produkte unterschiedlich ist, greifen wir auf die Index-Daten von MSCI zurück, die seit September 2008 vorliegen. Per Ende September 2023 konnte der MSCI World SRI den Mutterindex doch recht deutlich outperformen: 374,5 Prozent gegen 350 Prozent Plus nach 15 Jahren. 1:0 also für den SRI-Index also, wie die untere MSCI-Grafik zeigt (in Prozent, per Ende September 2023).

MSCI WOrld ETF Performa

Der Performance-Vergleich zeigt im einzelnen allerdings, dass es markante Unterschiede zwischen der Performance beider Indizes gab. 2022 etwa lag der MSCI World SRI 4,5 Prozentpunkte hinter dem MSCI World. Spiegelbildlich outperformte der MSCI World SRI seine konventionelle Mutter im Jahr 2021 um über fünf Prozentpunkte. Auch 2019 und 2020 lag er deutlich vorn. Indes lag er 2012, 2014 und 2015 hinten. Aufmerksame Beobachter werden bemerkt haben, dass in diesen Jahren vor allem der Kontrast zwischen Growth und Value den Unterschied machte. So interessant also der Performance-Vergleich ist, so sollten Anleger tunlichst keine Schlüsse aus der vergangenen Performance für die Zukunft ziehen – denn die ist unwiederbringlich vergangen. Übrig bleiben die persönlichen Präferenzen der Anleger hinsichtlich Nachhaltigkeit und Investment-Stil: Wer nachhaltig investieren will, verzichtet unter Umständen freiwillig auf einige Renditepunkte, und wer in ETFs auf den MSCI World SRI investiert, darf sich nicht beschweren, wenn die Performance in einem Value-Zyklus am Markt zu wünschen übrig lässt. 

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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