Sparbuch kontra defensive Mischfonds: Anleger bewegen sich in Richtung Risiko

Für Anleger wird der Gegensatz immer akuter: Sparbuch kontra defensive Mischfonds. Auch wenn die Zeit der Niedrigzinsen bereits seit einer Dekade andauert, könnte die verstärkte Weitergabe der sogenannten „Strafzinsen“ an Privatkunden durch die Banken vielen Anlegern den Anlass für eine Neuorientierung geben. Die Investmentbranche berichtet über immer stärkere Investments in Aktienfonds und Mischfonds.

Auch das Kaufverhalten auf envestor.de zeigt, dass Anleger derzeit verstärkt auf defensive Mischfonds setzen. Diese Fonds dürften immer mehr als Alternative zu Sparbüchern in den Mittelpunkt rücken. Das ist prinzipiell eine gute Wahl, allerdings müssen Anleger einige Punkte berücksichtigen.

Defensive Mischfonds als Profiteure in der Negativzinswelt

Manchmal sind es die kleinen Meldungen, die von großen Veränderungen künden. Wie die Freie Presse aus Chemnitz jüngst berichtete, wird die Sparkasse Chemnitz ab August die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank an Sparer ab einem Einlagevolumen von 25.000 Euro weitergeben.

Damit liegt die Sparkasse voll im Trend. Laut dem Verbraucherportal biallo.de erheben derzeit 450 Banken und Sparkassen Negativzinsen bei ihren Privatkunden. Allein seit Anfang dieses Jahres hätten fast 200 Banken damit angefangen oder es angekündigt, Negativzinsen an ihre Kunden weiterzugeben. Ein Drittel dieser Banken gewährt nur noch einen Freibetrag von 25.000 Euro oder weniger, wie biallo.de berichtet.

Unter den Banken, die demnächst Geld für die Verwahrung von Sichteinlagen verlangen werden, sind auch zwei große Brocken: Postbank und ING Diba.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Anleger immer mehr nach Alternativen suchen. Wir haben bereits vor einigen Wochen berichtet, dass Anleger in Deutschland ihre Investments in defensiven Mischfonds verstärken. Das ist auf envestor.de nicht anders.

Die untere Tabelle zeigt die Fonds mit den höchsten Mittelzuflüssen auf envestor.de in den vergangenen 30 Tagen. Der DWS Invest Conservative Opportunities ist gleich mit zwei Tranchen vertreten. Der Fonds investiert vorwiegend in Anleihen, allerdings geht er auch signifikante Aktienrisiken ein. Zuletzt waren gut 40 Prozent der Fondsgelder in Aktien oder Aktienfonds investiert.

Mit dem Allianz Dynamic Multi Asset Strategy SRI 15 befindet sich ein weiterer defensiver Mischfonds in der Liste der Top-Seller. Die Zahl „15“ im Fondsnamen suggeriert, dass die Aktienquote recht niedrig ist. Doch auch dieser Fonds hat in der Vergangenheit häufig auch die 30 Prozent Marke bei der Aktienquote überschritten. Mischfonds werden immer risikoreicher.

Defensive Mischfonds kontra Sparbuch: wahrscheinliche Gewinner, sicherer Verlierer

Auch wenn das Risikomanagement des Allianz-Fonds im Jahr 2020 recht gut funktioniert hat, müssen Anleger wissen, dass dieser defensive Mischfonds in der aktuellen Marktphase überdurchschnittlich hohe Aktienquoten aufweist. Das gilt im Grunde für die allermeisten Fonds dieser Kategorie: Sie verstärken die Aktienrisiken und investieren auf der Anleihenseite ebenfalls in immer riskantere Papiere. Solche Fonds weisen also zumindest kurzfristig deutlich höhere Risiken auf als Sichteinlagen.

Andererseits dürften Investoren bei einer längeren Haltedauer die möglichen Verluste, die auch bei defensiven Mischfonds nicht auszuschließen sind, locker wegstecken. Sie mögen sich vor allem damit trösten, dass Kursverluste bei Aktien langfristig zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht besonders wahrscheinlich sind. Ganz im Gegensatz zum Sparbuch, bei dem die Verluste inzwischen auch nominal gesehen immer häufiger eine sichere Sache sind. Diese „Sicherheit“ dürfte immer weniger Anlegern in Zukunft schmecken.

Tabelle: Die Top-Seller auf envestor.de in den vergangenen 30 Tagen

Defensive Mischfonds sind gefragt
Die Fonds mit den höchsten Nettomittelzuflüssen auf envestor.de im vergangenen Monat. Stand: 18.7.2021, Quelle: Envestor

Depot Eröffnung

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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