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Aktien vs. Anleihen

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Aktien vs. Anleihen: Haben die Skeptiker die besseren Argumente?

Aktien vs. Anleihen: Die Aktien-Sunnyboys feiern, Anleihen-Investoren schlagen Alarm. Wer liegt richtig? Wie belastbar ist das Vertrauen in die US-Finanzpolitik, wenn die Zinsen steigen und die Defizite wachsen? Wie gesund sind die Unternehmen? Was Investoren abwägen sollten. 

Im Frühsommer 2025 stehen sich zwei Lager an den Finanzmärkten unversöhnlich gegenüber. Auf der einen Seite die Aktien-Investoren – die „Sunnyboys“, die trotz geopolitischer Unwägbarkeiten und fiskalischer Risiken weiter auf steigende Kurse setzen. Auf der anderen Seite steigen die Renditen am Anleihenmarkt. Investoren in Staatanleihen zeichnen also ein pessimistisches Bild der Konjunktur. Aktienrally und Bond-Korrektur – wie passt das zusammen? Wer hat den besseren Riecher für die kommenden Monate – und was bedeutet das für die Asset-Allokation von Investoren?

Aktien vs. Anleihen: Die Lage im Frühsommer

Stand Mitte Juni haben die US-Aktienindizes in diesem Jahr zwar insgesamt eher seitwärts tendiert – der S&P 500 legte bis Anfang Juni auf Dollar-Basis um rund 0,5 Prozent zu. Allerdings haben sie sich deutlich von ihren April-Tiefs erholt. Europäische Aktien konnten 2025 hingegen kräftig zulegen: Der Euro STOXX 50 verzeichnet seit Jahresbeginn ein Plus von über 10 Prozent, der breitere Stoxx Europe 600 rund 8,8 Prozent, während der deutsche DAX sogar um 13 Prozent gestiegen ist.

Drei Argumente der Aktien-Sunnyboys

Solide Unternehmensgewinne und Innovationskraft

Trotz gestiegener Zinsen und Unsicherheiten rund um die US-Wahl zeigen sich die Gewinnzahlen vieler US-Unternehmen robust. Besonders die großen Tech-Konzerne, aber auch Value-Titel, konnten ihre Margen verteidigen und profitieren weiterhin von strukturellen Trends wie Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Selbst nach der jüngsten Korrektur notiert der US-Aktienmarkt laut aktuellen Bewertungen nur knapp unter seinem fairen Wert. Die Unternehmenslandschaft bleibt innovationsgetrieben – ein Argument, das langfristig für Aktien spricht.

Zinswende in Sicht – Rückenwind für Aktien

Die Erwartung, dass die US-Notenbank und die EZB im weiteren Jahresverlauf mit Zinssenkungen beginnen, nährt die Hoffnung auf eine Entlastung bei den Finanzierungskosten und einen neuen Schub für die Aktienmärkte. Historisch betrachtet haben Phasen sinkender Zinsen oft zu einer Outperformance von Aktien geführt, insbesondere wenn die Konjunktur nicht in eine tiefe Rezession abgleitet. Die Aussicht auf geldpolitische Lockerung bleibt ein zentraler Pfeiler des Aktien-Optimismus. Während der US-Aktienmarkt laut aktuellen Bewertungen mit einem Forward-KGV auf Zyklus-Hochs handelt und das Gewinnwachstum nach einem guten ersten Quartal für das Gesamtjahr 2025 nur noch moderat erwartet wird, sind europäische Aktien auf dem höchsten Stand seit Jahren und profitieren von einer verbesserten internationalen Anlegernachfrage.

Sektor-Rotation und Bewertungsunterschiede als Chance

Die Bewertungen an den Aktienmärkten sind differenziert: Während Wachstumswerte teils teuer erscheinen, bieten Value- und Small-Cap-Aktien noch immer Abschläge zum fairen Wert. Die laufende Sektor-Rotation – weg von überbewerteten Tech-Giganten hin zu zyklischen und Substanzwerten – eröffnet aktiven Investoren Chancen. Wer gezielt unterbewertete Segmente auswählt, kann von einer möglichen Schließung der Bewertungsschere profitieren.

Drei Argumente der Anleihen-Skeptiker

Fiskalische Risiken und steigende Emissionsvolumina

Vor allem die US-Regierung steht vor gewaltigen Haushaltsdefiziten, die durch neue Ausgabenprogramme und mögliche Steuerkürzungen weiter aufgebläht werden könnten. Die jährlichen Zinszahlungen haben bereits die Marke von einer Billion US-Dollar überschritten. Investoren beginnen, diese Risiken einzupreisen: Die Risikoaufschläge – insbesondere für langlaufende US-Staatsanleihen – sind auf das höchste Niveau seit 2014 gestiegen. Ein Käuferstreik ausländischer Investoren, etwa aus China und Japan, verschärft den Druck zusätzlich. Für Anleihen-Investoren ist das ein Warnsignal: Die Finanzierungskosten des Staates steigen, und mit ihnen das Risiko für alle Assetklassen. Zur Erinnerung: steigende Refinanzierungskosten treiben auch die Refinanzierungskosten für Unternehmen in die Höhe.

Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries bewegt sich bisher in diesem Jahr in einer außergewöhnlich breiten Spanne von 3,5 bis 5 Prozent und lag zuletzt bei etwa 4,8 Prozent, was an sich der höchste Stand seit Oktober 2023 ist. Die Volatilität bei US-Staatsanleihen ist dabei außergewöhnlich hoch, was sich auch in abrupten Renditesprüngen widerspiegelt. Auch die Renditen europäischer Anleihen sind gestiegen – nach der Verkündung der massiven Infrastrukturausgaben in Deutschland im März sind die Renditen deutscher Staatsanleihen deutlich angezogen – und verharren seitdem auf relativ hohem Niveau: Gut 2,5 Prozent sind bei zehnjährigen Bunds zu holen und das, obwohl die Inflationsrate in der Eurozone zuletzt auf unter 2,0 Prozent gesunken ist.

Attraktive Renditen und defensive Bonds

Warum sich nach Aktienrisiken strecken, wenn die Früchte am Anleihenmarkt niedrig hängen? Dass Bond-Anleger traditionell Pessimisten sind, darf nicht verschleiern, dass auch sie nach Renditen streben. An den Anleihenmärkten speisen sich die Renditen auch an den Bedingungen von Investoren, die aufgrund veränderter Rahmenbedingungen eine bessere Kompensation für ihr Risiko einfordern. Pessimismus lässt sich also zu Geld machen. Im konkreten Fall bedeutet dass, das US-Staatsanleihen heute immer noch investierbar sind – sofern die Bedingungen stimmen. Der Markt für (US-)Staatsanleihen sucht gerade ein neues Gleichgewicht. Die Nachfrage auf den Auktionen von US-Bonds war zuletzt verhalten, aber sollten die Renditen von, sagen wir, 30-jährigen Staatsanleihen, auf über 5,0 Prozent steigen, werden renditehungrige Bond-Anleger früher oder später zugreifen.

Das gilt erst recht für Unternehmensanleihen. Die Renditeaufschläge gegenüber Staatsanleihen mögen gesunken sein, aber sie sind noch immer relativ attraktiv.  Nach Jahren der Niedrigzinsen bieten Investment-Grade-Anleihen heute Renditen, die über dem langjährigen Durchschnitt liegen – aktuell etwa 4,8% für globale Anleihen mit gutem Kredit-Rating gegenüber einer Gewinnrendite von 3,3% im S&P 500. Anleihen bieten nicht nur laufende Erträge, sondern auch einen gewissen Schutz in Phasen erhöhter Volatilität oder konjunktureller Schwäche. 

Sollte es zu einem Wachstumsschock kommen, könnten Bonds durch Kursgewinne von Zinssenkungen profitieren und damit Aktien-lastige Portfolios diversifizieren. Wer will, kann hier einen Anflug von Sunnyboy-Allüren bei Anleihen-Investoren finden – ja, die Welt da draußen ist komplex!

Neue Ära der fiskalischen Dominanz – Volatilität bleibt hoch

2025 ist geprägt von einer Verschiebung der Marktdynamik: Nicht mehr die Notenbanken, sondern die Regierungen bestimmen zunehmend das makroökonomische Umfeld. Fiskalpolitik, Handelskonflikte und politische Unsicherheiten – insbesondere rund um die US-Wahl und Trumps Steuerpläne – sorgen für anhaltende Volatilität. Die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen dürfte sich wieder normalisieren, was Bonds als Absicherung attraktiver macht. Gleichzeitig bleibt die Gefahr eines plötzlichen Schocks – etwa durch eine Vertrauenskrise in die US-Fiskalpolitik – real und würde die Risikoprämien weiter steigen lassen.

Aktien vs. Anleihen: Ying und Yang in Balance bringen

Der Gleichlauf von stabilen Aktienkursen und steigenden Anleiherenditen ist kein neues Phänomen, aber selten war die Divergenz so ausgeprägt wie heute. Während Aktien-Investoren auf Innovationskraft, Sektor-Rotation und die Aussicht auf Zinssenkungen setzen, warnen Bond-Investoren vor den strukturellen Risiken in erster Linie der US-Finanzpolitik und preisen diese mit höheren Renditen ein. Dass es eine Ansteckungsgefahr in Europa gibt, liegt auch daran, dass hierzulande die langjährige Phase der Austerität zu Ende gegangen ist. Die europäischen Staaten sind im Begriff, sich von der Diktatur der EU-Defizitgrenzen zu emanzipieren, und das treibt konsequenterweise die Renditen nach oben. Steigende Renditen können also als Alarmsignal gewertet werden, oder aber als Ausdruck der Normalisierung der Verhältnisse an den Rentenmärkten. 

Wer steigende Renditen beklagt, scheint zu unterstellen, dass die Nullzinsphase zwischen 2009 und 2021 die Normalität war. Das war sie aber definitiv nicht. Seit 10.000 Jahren wissen wir, dass Geld vor allem aus Schulden stammt und insofern zwingend einen Preis braucht. Das relativiert ein wenig die Diagnose, wonach Bond-Anleger nur Pessimisten sind.

Kommen wir nun zum vermeintlichen Sunnyboy: Die Frage, wie lange die Party an den Aktienmärkten weitergehen kann, ist vielleicht falsch gestellt. Historisch betrachtet mögen Zinsanstiege oft Vorboten für Korrekturen an den Aktienmärkten gewesen sein. Daher ist einerseits Vorsicht angebracht. Aber ebenso gilt: Wer sich zu früh aus dem Aktienmarkt verabschiedet, verpasst oft die letzten, besonders renditestarken Phasen eines Bullenmarkts. Außerdem relativiert sich die Frage der Bewertungen, wenn man die Magnificent Seven ausklammert. Der gleichgewichtete S&P 500 Index ist deutlich moderater bewertet als der kapitalisierungsgewichtete, von europäischen und gerade deutschen Aktien ganz zu schweigen!

Für Anleger bleibt die Lage spannend; es gilt, das eigene Portfolio so zu kalibrieren, dass sowohl die Gewichtung von Aktien als auch von Anleihen im Lot bleibt. Weil die überwiegende Mehrheit der Investoren gemischte Portfolios bewirtschaftet, müssen sie die plausibelsten Argumente der Aktien-Sunnyboys und der Anleihen-Pessimisten für sich nutzen. Einen gewissen Stress könnten dabei Value-Anleger bekommen, da die Bewertungen an beiden Märkten ambitioniert sind, und die Unsicherheit zugleich groß.

Es bietet sich also eine pragmatische Lösung an und keine „All-in-Strategie“ pro Aktien oder pro Anleihen: Wer die Warnsignale des Bondmarkts ignoriert, riskiert böse Überraschungen – aber wer zu früh auf das Aktienrisiko verzichtet, verpasst womöglich gute Chancen eines ziemlich langen und unberechenbaren Marktzyklus.

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Autor

  • Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.

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