Märkte 2025 – war da nicht was? Wie viele Auguren haben auch wir Prognosen und Thesen für die Märkte abgegeben. Ist es jetzt, 12 Monate später, Zeit, uns in Sack und Asche zu kleiden? Wo wir Anfang des Jahres richtig und wo wir falsch lagen.
Jeder, der Jahresprognosen und Thesen zu den Märkten abgibt, muss sich im Zweifel zum Jahreswechsel eine dicke Portion „Humble Pie“ auf den Teller laden. Dass Prognosen tückisch sind, weil sie ja die Zukunft betreffen, ist hinlänglich bekannt. Weil sich das Jahresende nähert, können wir das Unausweichliche nicht mehr herauszögern und unternehmen diese Woche eine Rückschau über das, was wir zum Jahresanfang verzapft haben. In der kommenden Woche wollen wir dann im zweiten Teil unsere Thesen für 2026 formulieren.
Fünf Thesen in der Rückschau
Die erste These waren eigentlich zwei: „US-Techwerte werden in der nächsten Zeit unschlagbar sein“, so unsere vollmundige Prognose. Und dann weiter: „Wenn die Deregulierung der US-Finanzindustrie tatsächlich fortschreitet, wären US-Banken ein Kauf wert.“
Einerseits ist unsere zweigeteilte These erstaunlich gut aufgegangen. Zu US-Tech: Seit Januar gab es zwar etliche Rücksetzer – den „Deep Seek Schock“ im Januar, den „Liberation Day“ im April – und dennoch sind US-Techwerte stramm nach oben marschiert, trotz hoher Bewertungen. Der Nasdaq 100, Inbegriff der großen KI-Wette, legte in diesem Jahr bisher um 23 Prozent zu. US-Banken, in Gestalt des MSCI USA Banks, stiegen sogar um gut 31 Prozent. Dass der US-Dollar mit einem Verlust von 14 Prozent gegenüber dem Euro die Totalgrätsche machen würde, hatten wir allerdings nicht auf dem Radar. Am Ende war die Performance in der Basiswährung Dollar aus Sicht von Euro-Anlegern nicht beeindruckend: Für uns stieg der Nasdaq um nur gut acht Prozent, der USA-Banken-Index legte immerhin um 15,5% zu.
Europa und Japan: Im Zweifel für die Diversifikation
Unsere zweite These lautete wie folgt: Die US-Suprematie in der Weltwirtschaft und an den Kapitalmärkten bedeutet nicht, dass US-Aktien europäische Dividendentitel zwingend immer outperformen werden. „Europäische Aktien sind von ihren US-Pendants seit 15 Jahren deklassiert worden. Es ist klar, dass irgendwann eine Schubumkehr in die andere Richtung kommen wird. Keiner weiß, wann, warum und wie lang, aber sie wird kommen. Weshalb es sich immer lohnt zu diversifizieren.“ Hier klopfen wir uns in aller Bescheidenheit auf die Schulter. Betrachtet man die Ergebnisse in Euro, so lagen alle maßgeblichen und auch die weniger maßgeblichen europäischen Märkte weit vor ihren amerikanischen Cousins. Besonders stark konnte der italienische Aktienmarkt zulegen: Der MSCI Italy stieg in diesem Jahr bis zum 11. Dezember um gut 33%, der DAX legte um 22% zu, der britische FTSE um 23%, europäische Nebenwerte (MSCI Europe Mid Caps) stiegen um 21 Prozent. Der S&P 500 legte aus Sicht von Euro-Anlegern nur um 4,6% zu.
Bitcoin-These: Schuster bleib bei deinen Leisten
Unsere dritte These, wonach Kryptos neue Investmenthorizonte eröffnen würden, war dagegen ziemlich mau. Anfang dieses Jahres notierte der Bitcoin bei rund 94.400 Dollar, am 12. Dezember lag der Kurs nur noch bei 90.000 Dollar. Berücksichtigt man die Dollar-Performance relativ zum Euro, fiel der Verlust sogar fast zweistellig aus. Weil wir als fundamentale Anleger ausdrücklich nichts von Kryptos halten und wir recht gezwungen die Diversifikationskappe aufgesetzt hatten, ist unsere Fehlprognose umso ärgerlicher.
Zeit für Zins-Spreads
Die Zeiten für Anleihen, seien ziemlich gut und würden auf absehbare Zeit gut bleiben, so unsere Prognose, die sich zwar nicht als falsch, aber auch nicht so richtig zutreffend erwiesen hat. Aufgegangen ist sie, sofern Anleger nicht in Euro-Staatsanleihen investiert haben und bei Investments außerhalb Europas die Währungsrisiken abgesichert haben. Der deutsche Rentenindex REXP stieg gerade einmal um 1% bis zum 11. Dezember; der breite Euro-Rentenmarkt in Gestalt des Bloomberg Euro Aggregate lag nur minimal darüber. Abgesicherte Emerging-Markets-Anleihen konnten dagegen ordentlich performen. An dieser Stelle einen kleinen Spoiler für Teil II der Analyse: Weil die Renditen nur leicht gesunken sind, sind die Basiszinsen in den Industrieländern gar nicht so tief. Auch wenn die Notenbanken die Leitzinsen in der Eurozone und in den USA 2025 deutlich gesenkt haben, sind die Renditen am langen Ende noch recht ordentlich. Das wiederum bedeutet, dass die künftigen Renditen auch bei konservativen Anleihen den Inflationsausgleich schaffen dürften, sofern sich kein Unfall ereignet. Aber ich greife nicht weiter vor und verweise auf unsere Prognose in der nächsten Woche.
Staatsanleihen: Hohe Opportunitätskosten
Last, not least: In unserer fünften These haben wir explizit vor US-Staatsanleihen gewarnt und Spread-Märkte empfohlen. Auch wenn der Crash bei Treasuries ausgeblieben ist, sehen wir uns in unserer Warnung bestätigt. Die Renditen sind immer wieder punktuell gestiegen, sodass die Euro-Staatsanleihenmärkte mehr oder weniger auf der Stelle traten. Das hat Opportunitätskosten verursacht: Kreditrisiken haben trotz punktueller Volatilität (Stichwort: First Brands) Anlegern eine auskömmliche Performance gebracht. Besonders gut lief es für Katastrophenbonds. Die von uns eingesetzten Fonds konnten um knapp zehn Prozent auf Eurobasis zulegen. Wehe dem, der 2025 keine Kreditrisiken eingegangen ist!
So wackelig angesichts der inzwischen deutlich zusammengelaufenen Spreads die Aussicht auf eine auskömmliche Risikoprämie ist, so liefern die Kredit- und Illiquiditätsprämien immer noch relativ attraktive Renditen im Umfeld der leicht sinkenden Inflationsraten.
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Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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