Märkte 2025 Trumps Trade

Fünf Thesen zum Kickstart der Märkte 2025

Die Märkte 2025 sind selten fulminant gestartet. Zugleich verursacht die neue US-Administration viel Wirbel. Anleger müssen lernen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Fünf Thesen für mehr Orientierung im noch jungen Anlagejahr.

Es gibt im Englischen den bildlich treffenden Begriff „hitting the ground running“. Er beschreibt den Start der Märkte 2025: Anleger mussten ganz schnell ihren Silvester-Kater abschütteln und sich im Gewusel an den Märkten orientieren. Es gilt, sich in einem neuartigen wie dynamischen Marktumfeld zurechtzufinden. Unser Beitrag dazu in fünf Thesen.

1. Trump sollten wir ernst, aber nicht wörtlich nehmen. Wer sich diesen Filter setzt, sieht klarer, wenn es darum geht, die Treiber des wichtigsten Aktienmarkts der Welt zu verstehen. (Nebenbei bemerkt: Das tägliche Polit-Getöse zu filtern, ist auch ein Gebot der geistigen Gesundheit!) Die neue AI-Allianz „Stargate“ ist zunächst ziemlich dicker Pomp. Trumps Drohung, Kanada, Grönland und den Panama-Kanal zu besetzen, ist auch eher ein Eröffnungs-Schachzug für Diplomatie denn eine Ankündigung, die US-Army demnächst über die Grenzen zu schicken. Aber Trump meint es ernst mit seiner erklärten Strategie, die Überlegenheit der USA gegenüber allen anderen Nationen auszubauen. Für ihn sind internationale Beziehungen prinzipiell ein Nullsummenspiel, keine Win-Win-Konstellation. Was nicht ausschließt, dass Trump im Einzelnen pragmatisch agiert. Trump ist es ernst mit der Deregulierung der Märkte. Wird er dagegen Bitcoin als Bestandteil der Währungsreserven der USA aufnehmen? Nicht zwingend. Für ihn waren die Crypto-Bros vor der Wahl bestenfalls nützliche Idioten. Nach seiner Wahl hat er seine Beliebtheit unter unbedarften Anlegern genutzt, um Millionen mit seinem Trump-Coin-Scam zu verdienen. Die USA könnten unter Trump auch die mächtigste Kleptokratie der Welt werden. Anleger können daraus Stoff für ihr Anlageszenario ziehen. Wenn sie überzeugt sind, dass die Deregulierung gut geht, kaufen sie US-Banken. Erwarten sie ein Lehman 2.0 Armageddon, sollten sie die US-Finanzaktien meiden. Weniger umstritten ist eine andere Wette: US-Tech wird in der nächsten Zeit unschlagbar sein. Die USA haben einen Riesenvorsprung in Sachen AI, und sie haben die Mittel, ihre Interessen brutal durchzusetzen. Das hatten sie übrigens in der vermeintlich kuscheligen Biden-Ära – fragen Sie einmal die ASML-Aktionäre. Nachdem die niederländische Regierung auf Druck der USA den Export der modernsten Chip-Maschinen nach China verbot, brachen die China-Umsätze von ASML regelrecht zusammen.

„Die USA könnten unter Trump auch die mächtigste Kleptokratie der Welt werden“

2. Die Suprematie der USA ist das eine, das andere ist die Markttechnik. Hier kommt André Kostolany ins Spiel. Die Realwirtschaft ist das Herrchen, die Börse ist der Hund: Mal entfernt sich der Hund vom Herrchen, aber am Ende hat dieses die Leine in der Hand und bestimmt den Weg. In diesem Jahr haben der DAX, der italienische MIB 30, der SLI Swiss Leader und der MSCI Greece allesamt … den Nasdaq 100 outperformt! Das lag auch, aber nicht nur daran, dass der Euro gegenüber dem Dollar an Stärke gewann. Auch wenn die These zur US-Suprematie stimmt, heißt das nicht, dass die US-Aktienmärkte stetig und ewig Europa outperformen werden. Europäische Aktien sind von ihren US-Pendants seit 15 Jahren deklassiert worden. Es ist klar, dass irgendwann eine Schubumkehr in die andere Richtung wirkt. Keiner weiß wann, warum und wie lange dieser Trendwechsel dauern wird, aber er wird kommen. Weshalb es sich immer lohnt, zu diversifizieren.

3. An Kryptos scheiden sich die Geister, aber … Investoren sollten ihre Sicht auf diese Assets nicht von ihren persönlichen Präferenzen vernebeln lassen. Keiner muss seine Brötchen mit Bitcoin oder Trumpcoin bezahlen. Allerdings eröffnet die Verquickung von AI und Krypto neue Investment-Horizonte, die es sich auszuloten lohnt. Viele ehemalige Krypto-Zulieferer sind heute AI-Champions – Nvidia liefert dafür ein beredtes Zeugnis ab. Aus ehemaligen Mineuren werden mitunter Data-Centre-Betreiber und Cloud-Infrastruktur-Anbieter. Krypto-Börsen sind, wie die konventionellen Marktplätze, die Gewinner, wenn mehr gehandelt wird, egal, ob die Kurse steigen oder fallen.

„Die Verquickung von AI und Krypto eröffnet neue Investment-Horizonte, die es sich auszuloten lohnt“

4. Der Renditeanstieg am Anleihenmarkt auch in diesem Jahr hat viele Investoren überrascht, aber er ist kein Grund zur Beunruhigung. Jedenfalls nicht unmittelbar. Zunächst sind steigende Renditen etwas Positives: Sie sind Ausdruck einer robusten Weltkonjunktur. Die Zinsen werden außerhalb der Eurozone absehbar nicht auf null fallen, weshalb die Zeiten für Zinsinvestments noch ziemlich gut aussehen und absehbar gut bleiben werden. Es lohnt sich allerdings, die steigenden Renditen im Blick zu behalten. Man muss nicht an die sagenumwobenen Bond Vigilantes glauben, um Risiken am Bond-Markt auszumachen. Sollten die USA weiter jegliche fiskalische Disziplin vermissen lassen, könnten Investoren immer höhere Renditen fordern. Dann könnte sich Trumps Traum vom „goldenen Zeitalter“ der USA in Luft auflösen. Brennt der Bond-Markt, wird auch die Unternehmenswelt in Mitleidenschaft gezogen. Käme die Rezession, die vor einem Jahr noch in aller Munde war (und heute ein Fremdwort ist), werden die Karten an den Märkten völlig neu gemischt. 

„Unternehmensanleihen und andere vermeintlich riskante Papiere liefern eine im Vergleich zu Staatsanleihen attraktive Prämie“

5. Anleger sollten bei Staatsanleihen Vorsicht walten lassen. Weil die Laufzeiten von Staatsanleihen in den vergangenen Jahren immer weiter verlängert wurden, sind die Zinsänderungsrisiken hoch. Zugleich wirft die zunehmende Staatsverschuldung die Bonitätsfrage bei vielen Staaten auf. 2023 wurde die Bonität von US-Staatsanleihen von Fitch herabgestuft – das war nach S&P 2011 die zweite Rating-Agentur. Immer wieder werden auch Zweifel an der Budgetstabilität Großbritanniens geäußert – nicht nur zu Zeiten von Liz „Lettuce“ Truss. Anleger tun deshalb gut daran, länger laufende (Staats-)Anleihen mit einer gehörigen Portion Skepsis zu begegnen. Doch es gibt gute Nachrichten: So wackelig die Aussicht auf eine „Term“-Prämie ist, so sprudeln die Kredit- und Illiquiditäts-Prämien angesichts des ordentlichen Zinssockels immer noch – auch wenn der Speck nicht mehr ganz so üppig ist wie vor 1, 2 Jahren. Zudem gibt es neben qualitativ hochwertigen Unternehmensanleihen mit High Yield Bonds, CLOs und anderen Loans, Katastrophen-Anleihen, Emerging Markets, kleinere, illiquide Emissionen, gerne ohne Ratings, sowie Nischen wie Mikrofinanz viele Renditequellen, die sich am Rentenmarkt anzapfen lassen – viele dieser Instrumente haben Kredit-Risiken, begrenzen aber die Laufzeitrisiken und hegen damit ein signifikantes Risiko der Anleihenmärkte ein.

Autor

  • Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.

    Alle Beiträge ansehen

Über den Autor

Picture of Ali Masarwah

Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
Nach oben scrollen