Investieren in der Krise (IV): In Szenarien denken

Wer ein Weltbild hat, investiert in Szenarien. Wir stellen vier Ansätze vor, wie Anleger Trends in den Märkten in ihren Portfolios abbilden können – und dennoch diversifiziert bleiben. Der vierte und letzte Teil unserer Serie: Investieren in der Krise.

Energie, Rohstoffe, Gold und Infrastruktur. Inflationsschutz-Investments sind das Anlagethema, das die Performance-Ranglisten aktuell dominiert. Die Nachfrage nach entsprechenden Fonds und ETFs ist entsprechend hoch. Aus verständlichen Gründen. Kaum eine Nachrichtensendung, die nicht von den Themen steigende Rohstoffpreise und der Inflation auf Rekordniveau handeln.

So verständlich der Wunsch vieler Anleger ist, dieses und andere Investment-Szenarien im Portfolio umzusetzen, so können sie bei einer allzu engen Fokussierung in eine Sackgasse führen. Investoren sollten die wichtigen Investment-Grundsätze auch bei einer noch so klaren Marktauffassung nicht außer Acht lassen: Diversifikation und die Frage der Risikotragfähigkeit.

Es gibt diverse Themen, die einen sinnvollen „Investment-Case“ widerspiegeln. Neben dem schon erwähnten Inflationsthema sind Nachhaltigkeits-Anlagen gefragt. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass Unternehmen, die verantwortungsvoll mit ihrer Umwelt, ihren Mitarbeitern und bei der Unternehmensführung vorgehen, langfristig einen Wettbewerbsvorteil haben. Anleger stellen diesen Unternehmen also ihr Kapital zur Verfügung und ziehen ihr Kapital aus Unternehmen ab, die dieser Verantwortung nicht nachkommen.

Weitere Investment-Szenarien leiten sich eher aus dem Anleger-Typus selbst ab. Ein junger Anleger, der noch viele Jahre des Investierens vor sich hat, kann andere Risiken eingehen wie ein Anleger, der eher in der Entnahmephase seines Lebens ist.

Der junge Anleger will überproportional vom Wachstum des Aktienmarkts profitieren, während ältere Anleger mehr Wert auf ein laufendes Einkommen legt, beispielsweise durch Investments in dividendenstarke Titel.

Mit den vier Szenarien Inflation, Nachhaltigkeit, Wachstum und Dividende wurden wir in den letzten Jahren in Gesprächen mit Anlegern immer wieder konfrontiert. Aus unserer Sicht vier plausible Szenarien, die Anleger, je nach persönlicher Lebenssituation und der persönlichen Präferenzen in Portfolios umsetzen können.

Das Beste daran: Die Envestor ETF Portfolios, die wir Anfang dieses Jahres lanciert haben, bilden diese Szenarien ab. Alle vier Szenarien sind über uns investierbar. Daher stellen wir heute diese Szenarien vor und schauen uns an, wie sie sich zuletzt entwickelt haben. Anleger, die sich für eine Strategien entscheiden, können die Aktienquote variieren. Von 0 bis zu 100 Prozent ist alles möglich.

Hier zunächst die Performance der Strategien in diesem Jahr im Gesamtüberblick:

In Szenarien denken Chart
Quelle: Fondsnet, Envestor, Stand: 11.03.2022

 

Die Dividendenstrategie

Anleger, die Wert auf eine hohe laufende Ausschüttung aus ihrem Portfolio legen, können in Aktien von Unternehmen mit hoher Dividendenrendite investieren. In dieser ETF-Strategie liegt die Ausschüttungsrendite bei über vier Prozent.

Ein Dividenden-Weltindex (inklusive Schwellenländer) bildet den Kern des Portfolios. Den Dividenden-Turbo zünden Dividenden-ETFs mit Schwerpunkt Asien-Pazifik und Europa, die bis zu 6,5 Prozent ihres Vermögens zuletzt ausgeschüttet haben. US-Dividenden-Aristokraten bilden mit qualitativ hochwertigen Unternehmen eine solide Ergänzung.

Der Fokus auf dividendenstarke Titel hat dazu geführt, dass Aktien aus dem Rohstoff- (7 Prozent) und dem Energie-Sektor (6,69 Prozent) hoch in der Strategie gewichtet sind. Ebenso sind Finanzdienstleistungen mit über 20 Prozent im Portfolio vertreten. Damit hat die Strategie eine klare Value-Ausrichtung. Die Wertentwicklung im laufenden Jahr fiel dementsprechend gut aus. Mit -2,33 Prozent liegt die Strategie deutlich vor dem globalen Aktienindex MSCI World (-8,59 Prozent) oder einem marktbreiten europäischen Index wie dem STOXX Europe 600 (-10,98 Prozent).

Die Inflationsstrategie

Die Strategie, zu der wir aktuell die meisten Nachfragen erhalten, ist aus nachvollziehbaren Gründen die Inflationsstrategie.

Das ETF Portfolio Inflation setzt dabei primär auf Sachwerte in Form von Aktien-ETFs. Der MSCI World bildet mit einem Anteil von 30 Prozent eine solide Basis. Der Europaanteil in dem Welt-Index wird mit einer zusätzlichen Position im STOXX Europe 600 ergänzt. Hinzu kommt ein breit diversifizierter Rohstoffkorb sowie weltweit investierende Energie- und Rohstoff-Unternehmen. Inflationsschutz-Anleihen sichern den Kapitalerhalt auf der Anleihenseite. Alle drei Faktoren haben zur jüngsten Performance beigetragen.

Mit 7,38 Prozent Wertzuwachs im laufenden Jahr hat die Strategie das gemacht, was Anleger von ihr erwarten. Nämlich: Dem erheblichen Preisanstieg mit einem Investment in Sachwerte zu begegnen.

Die Wachstumsstrategie

Wer in das ETF Portfolio Wachstum investiert, kann Risiko verkraften. Anleger, die einen langen Anlagehorizont vor sich haben, kommen auch mit zwischenzeitlich höheren Schwankungen zurecht. Langfristig betrachtet sind Aktien die Anlageklasse mit der besten Performance. Anleger in dieser Strategie wollen den Aktienturbo anwerfen. Mit einem Anteil von 30 Prozent gehört ein weltweit anlegender Momentum ETF zum Kernbaustein dieses Portfolios. Small Caps sind mit 20 Prozent gewichtet, und jeweils zehn Prozent des Portfolios entfallen auf in ETFs für innovative Pharma-Firmen und Schwellenländer-Aktien. Abgerundet wird die Strategie Wachstum mit Kern-Investments in den USA, Europa und Japan.

Durch die hohe Gewichtung des Momentum ETFs sowie von Nebenwerten weist die Strategie im Ergebnis ein höheres Chance/Risiko-Profil auf, wie beispielsweise der MSCI Word. Im laufenden Jahr liegen die Strategie und der MSCI World in etwa gleich auf.

Die Nachhaltigkeitsstrategie

Anleger des ETF Portfolio Nachhaltigkeit investieren in die Wachstumssegmente des Kapitalmarkts und stellen darüber hinaus den nachhaltigsten Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung. Das Kürzel „SRI“ steht für den strengsten ESG-Filter am Markt. Firmen aus zahlreichen Branchen in Europa sowie US-Unternehmen mit Schwerpunkt Technologie bilden den Kern des Portfolios. Qualitativ hochwertige Aktien aus den Schwellenländern und Japan folgen. Abgerundet wird der Aktienanteil mit einem Schuss Wachstum in Gestalt des iShares Global Clean Energy, der in Hersteller alternativer Energien investiert. Die Performance im laufenden Jahr liegt bei -9,04 Prozent.

Auch bei dieser Strategie kann die Aktienquote in fünf Stufen von 0 bis 100 Prozent des Portfolios gewichtet werden. Dabei kommt aber nicht wie bei den anderen Strategien der Staatsanleihen ETF von Vanguard zum Einsatz, sondern ein ETF, der in Eurozonen-Staatsanleihen investiert, die zur Erfüllung von Klimaprojekten aufgenommen wurden.

Fazit

Die vier vorgestellten Strategien sind für Anleger geeignet, die in Szenarien denken. Sie stehen Anlegern und Anlegerinnen auch in einem schwierigen Marktumfeld offen. Viele Wege können zum Ziel führen. Anleger, die Vermögen aufbauen möchten, sollten gerade jetzt Aktion zeigen. Unsere vier Strategien sind natürlich nur ein Weg. Wer ein anderes Weltbild hat, wird sich ein eigenes Investment-Szenario basteln – entsprechend seiner Vorlieben und Risiko-Präferenzen.

Eines sollten Anleger nicht tun: „Abwarten, bis sich die Lage wieder beruhigt hat.“ Denn dann sind die günstigen Einstiegschancen dahin.

Unsere Serie zum Thema „Investieren in der Krise“ in der Übersicht

Intro: Investieren in Krisenzeiten

Teil I: Schritt für Schritt in den Aktienmarkt

Teil II: Buy and Hold

Teil III: Buy the Dip

Teil IV: In Szenarien denken

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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