Die Envestor-Fondsauswahl oder wie finde ich den richtigen Fonds? Fonds-Research ist so alt wie das Fonds-Investieren selbst. Wir erläutern die envestor-Methode und wie wir aus dem europäischen Fonds-Dschungel die besten Tools für unsere Beratungskunden finden. Wann ETFs, wann aktive Fonds – und wann kaufen wir?
Im ersten Teil unserer zweiteiligen Serie haben wir zunächst erklärt, warum wir von der Frage „ETFs oder aktiv verwaltete Fonds?“ nichts halten. Beide Vehikel sind für Investoren unverzichtbar. ETFs sind etwas Wunderbares, weil sie Anlegerinnen und Anlegern einen effizienten und günstigen Zugang zu zahlreichen Märkten bieten. Diese Portfolio-Tools gibt es in Europa schon seit 25 Jahren und sie ermöglichen Anlegern einen guten Deal. Mitunter können ETFs jedoch zum Fluch werden – das ETF-Marketing hat ganze Arbeit geleistet: Viele Anleger, gerade die jüngeren Semester, wissen nicht, dass ETFs nur ein Teil des Fondsangebots sind. Aktiv verwaltete Fonds bieten in manchen Segmenten, gerade bei Anleihen, einen weitaus besseren Zugang zu bestimmten Märkten. (Man muss dazu sagen, dass aktiv verwaltete Fonds durch eine Art Anti-Marketing zum Siegeszug der ETFs beigetragen haben – das haben wir bereits an anderer Stelle ausführlich erläutert.)
Wir kommen nun zur Frage, wie envestor Investmentfonds für seine Beratungskundinnen und -kunden auswählt. Wann ETFs? Wann Fonds? Und wie aktiv werden die Bausteine (wann) allokiert? Wir stellen die wichtigsten Entscheidungskriterien vor, die für alle Portfolios gelten – die konservativen wie die offensiven.
Die Basis-Investments: Effizienz ist (fast) alles
Auf der Aktienseite ist die Sache im ersten Schritt recht einfach: Fonds für Standardwerte und auch mittelgroße Unternehmen stehen hier im Mittelpunkt. Sie müssen die globalen Märkte in ihrer Breite abdecken. Weil Effizienz hier entscheidend ist, sind ETFs hier oft die Default-Option. Bereits seit Jahren zeigen sich ETFs in einigen großen Aktien-Kategorien dem Durchschnitt aktiv verwalteter Fonds überlegen – Aktien USA werden gut durch ETFs auf den S&P 500 oder MSCI USA abgebildet, in Europa sind ETFs auf den STOXX 600 oder MSCI Europe gut geeignet, um europäische Aktien in Portfolios abzubilden.
Anders sieht es bei Japan, den Schwellenländern und vielen Nischenmärkten aus. Hier sind ETFs aktiv verwalteten Fonds nicht per se überlegen. Das lässt sich weniger an der Performance aller aktiv verwalteten Fonds ablesen. Im Schnitt liegen sie auch in einigen dieser Kategorien hinter ETFs. Aber das ist nicht der entscheidende Punkt – es gibt überall viele teure und schlechte aktiv verwaltete Fonds. Durchschnitte sagen also per se nicht viel aus, ob es sich lohnt, nach guten Fonds zu suchen.
Wir setzen etwa für Japan- und Schwellenländer-Aktien meistens aktiv verwaltete Fonds ein, weil ETFs eben nicht die effizientesten Vehikel sind. Qualitativ hochwertige aktiv verwaltete Fonds bieten sich hier an. Dazu zwei Beispiele: Die japanische Unternehmenswelt ist komplex und mithin nicht effizient. Darüber hinaus gibt es bei ETFs Konstruktionsschwächen. Der Index Nikkei 225 ist ein Kursindex. Er ist damit genauso unsinnig konstruiert wie der Dow Jones Industrial Average, der ebenfalls eine vorsintflutliche Konstruktionslogik hat.
Noch klarer ist die Lage bei aktiv verwalteten Fonds für Schwellenländer-Aktien. Sie müssen sich nicht an die ETF-relevante Unterscheidung zwischen Frontier Markets und Emerging Markets halten. Darüber hinaus ist der Listing-Ort für Fondsmanager nicht relevant, für ETFs dagegen schon. Viele Emerging-Markets-Aktien sind an Börsen des globalen Nordens gelistet und sind entsprechend tabu für EM-ETFs. Es gibt noch weitere Gründe, warum ETFs keine gute Lösung bei Schwellenländer-Aktien sind, die mein Kollege Steffen Gruschka an anderer Stelle bereits aufgeführt hat.
Aktiv verwaltete Fonds: Stark vor allem bei Anleihen
Noch stärker ist das Argument für aktiv verwaltete Fonds bei Anleihen. Anleihenmärkte sind deutlich weniger effizient als die Aktienmärkte. ETFs sind daher nur in den liquidesten Bond-Segmenten vertreten. Kleinere, illiquide Emissionen bzw. illiquide Marktsegmente sind für ETFs in der Regel tabu. Aber gerade hier finden sich die attraktivsten Renditen. Ich hebe hier die Segmente CAT-Bonds, Nachranganleihen, Loans/Konsumkredite und High Yield hervor.
ETFs für Unternehmensanleihen haben zudem die unangenehme Eigenschaft, das höchste Gewicht auf das am stärksten verschuldete Index-Mitglied zu legen. Das Prinzip der Marktkapitalisierung bei Aktien ist ein insgesamt vorteilhaftes Gewichtungsprinzip; die Schuldenkapitalisierung als konstitutives Element bei Anleihen ist es oft nicht, zumal nicht bei qualitativ schwachen Emittenten (Hochzins-Anleihen). Zudem suggeriert die Vergangenheits-Performance von Anleihen-ETFs, dass die Sache sehr einfach ist: Kaufe den Rentenmarkt in einem ETF vereint, und gut ist. Aber diese Annahme ist heute fragwürdig. Die überwiegend guten Anleihen-Performances in diesem Jahrtausend waren auch ein Resultat stetig fallender Renditen. Doch wehe, wenn die Renditen in einem Markt mit langen Laufzeiten steigen! Das Jahr 2022 dürfte für viele Renten-ETF-Anleger eine denkwürdige Lektion gewesen sein. Wir haben bereits etliche Artikel über die gravierende Veränderung des Bond-Markts seit 2022 geschrieben. In Summe halten wir also fest: In einigen Aktien- und in vielen Renten-Segmenten sind qualitativ hochwertige, aktiv verwaltete Fonds die Produkte der Wahl.
Morningstar Fonds-Research: Die 5 P-Methode
Nun werden Anleger spätestens hier fragen: Und was zeichnet, bitteschön, einen „guten“ aktiv verwalteten Fonds aus? Die Antwort hat das US-Research-Haus Morningstar, bei dem Ihr Blogger des Vertrauens zehn Jahre gearbeitet hat, über die Jahre systematisch aufgearbeitet. Das Ergebnis ist das Morningstar Medalist Rating, das in den vergangenen 15 Jahren entstanden ist und immer wieder verfeinert wurde. Weil das envestor-Fondsresearch stark inspiriert ist durch das qualitative Fonds-Rating (nicht zu verwechseln mit dem Morningstar-Sterne-Rating, das rein quantitativ ist und an das sich Anleger tunlichst nicht bei der Fondsauswahl orientieren sollten), hier der Rating-Prozess in Kürze:
Das Morningstar Medalist Rating ist ein zukunftsgerichtetes, fünfstufiges Bewertungssystem für Fonds, das Anlegern helfen soll, Fonds zu identifizieren, die nach Kosten mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren Vergleichsindex übertreffen. Das höchste Positiv-Rating ist „Gold“, gefolgt von „Silver“ und „Bronze“. Es folgen die Ratings „Neutral“ und „Negative“.
Die Methodik basiert auf den Bewertungspfeilern People, Process, Parent, Performance und Price, wobei die ersten drei – Fondsmanagement, Anlageprozess und Fondsgesellschaft – das qualitative Rückgrat der Analyse bilden.
Der Pfeiler „People“ bewertet die Qualität und Stabilität des Fondsmanagements. Morningstar prüft Erfahrung, Kontinuität, Anreizstrukturen und die Ressourcen des Teams. Besonders geschätzt werden erfahrene und langfristig stabile Teams mit „Skin in the Game“, die selbst in den Fonds investiert sind.
Beim „Process“ steht die Frage im Mittelpunkt, ob die Anlagestrategie klar, konsistent und wiederholbar ist. Morningstar analysiert, wie nachvollziehbar und robust der Investmentprozess ist, ob er Alpha generieren kann und wie das Risikomanagement strukturiert ist.
Der „Parent“-Pfeiler beurteilt die Fondsgesellschaft hinsichtlich Unternehmenskultur, Governance, Stabilität und Investorenorientierung. Eine solide, langfristig denkende Gesellschaft mit nachhaltigen Strukturen wird positiv bewertet.
Der Faktor „Performance“ wird zur Validierung eingesetzt: Inwiefern lässt sich die historische Wertentwicklung eines Fonds mit dem Investmentprozess und der Strategie des Managements in Einklang bringen?
Über Wohl und Wehe des Fonds-Ratings entscheidet der fünfte Punkt: Price. Anhand der Güte der drei qualitativen Pfeiler wird einem Fonds eine Alpha-Fähigkeit (oder nicht) bescheinigt. Im letzten Schritt werden die Kosten von Fonds von der angenommenen Alpha-Fähigkeit abgezogen, und zwar Fondstranche für Fondstranche. Teure Fonds mindern die Outperformance-Prognose stärker als günstige Fonds. Das kann dazu führen, dass institutionelle Tranchen eines Fonds ein positives Rating haben, während unter der Privatkunden-Tranche des identischen Fonds mitunter das Rating „Negative“ steht. In der Praxis haben nur Fonds mit günstigen Kostenstrukturen realistische Chancen auf ein Top-Rating.
Envestor leistet übrigens einen wichtigen Beitrag dazu, Anlegern einen günstigen Zugang zu aktiv verwalteten Fonds zu liefern. Mit dem envestor-Cashback erstatten wir allen Anlegern, die ihr Portfolio von envestor betreuen lassen, sowohl Selbstentscheider als auch Beratungskunden, die Bestandsprovisionen auf aktiv verwaltete Fonds. Wir haben bereits gezeigt, dass der envestor Cashback ein Rendite-Turbo für Anleger sein kann und mitunter aus Underperformern Outperformer macht.
Die envestor-Methode: Jeder Fonds hat seinen Zyklus
Die Qualität eines Fonds entscheidet also wesentlich darüber, ob ein Fonds in den Beratungs-Portfolios von envestor landet. Aber das ist nicht die ganze Geschichte: Wann ein Fonds gut ist und wann nicht, hängt auch vom jeweiligen Markt ab. Ja, darüber hinaus ist es manchmal besser, mit einem schlechten Fonds in einem guten Markt unterwegs zu sein als mit einem guten Fonds in einem schlechten Markt. Hierfür einige Beispiele:
Amerikanische Staatsanleihen: Fonds und ETFs für amerikanische Staatsanleihen waren lange Zeit ein fester Bestandteil von Rentenportfolios. ETFs waren dabei – Stichwort: effizienter Markt – eine gute Wahl. Risikofreudige Anleger wurden sogar dafür belohnt, das Währungsrisiko nicht abzusichern: Der lange Zeit steigende Dollar gegenüber dem Euro bescherte Investoren in Dollaranleihen hohe Gewinne. Zudem galten Treasuries lange als die sichersten Anleihen schlechthin. Die politische Entwicklung in Amerika, die Trump-Disruption und das stark steigende Budgetdefizit haben bei vielen Anlegern Fragezeichen hinterlassen. Wir haben 2024 begonnen, US-Staatsanleihen systematisch aus den Portfolios unserer Beratungskunden zu entfernen.
Europäische ESG-Aktien: Zwischen 2015 und 2023 war bei europäischen Standardwerten ein Nachhaltigkeitsfilter nicht nur für ESG-Investoren eine gute Wahl: Weil Pharma-Aktien und Techwerte in europäischen ESG-Portfolios stärker gewichtet sind als in klassischen Marktportfolios, konnten diese Produkte eine ordentliche Performance erzielen. Seit 2023 hat sich dieses Bild verändert, und der ESG-Trend wurde spätestens Mitte 2024 bei europäischen Standardwerten gebrochen: Seitdem ist ein Schwerpunkt auf Industrieaktien eine weitaus bessere Wahl.
Themen-ETFs sind ein typisches Beispiel dafür, dass ausschließlich der Markt entscheidet, ob ein Produkt Nutzen stiftet oder Schaden für Anleger verursacht. Für Privatanleger eignen sich Themenfonds und ETFs eher nicht: Das liegt an der hohen Konzentration und an der Praxis von Anlegern, zum falschen Zeitpunkt zu kaufen und zu verkaufen. Wer dagegen antizyklisch vorgeht, kann mit Themenfonds und Themen-ETFs sehr ordentliche Renditen erzielen. Beispiele: ETFs auf Cloud Computing, Defense, Cyber-Sicherheit und Goldminen. Hier handelt es sich um höchst volatile Marktsegmente, die allerdings, wenn die Stimmung am schlechtesten ist und die Mittelabflüsse hoch sind, oftmals hervorragende Chancen bieten.
Die envestor-Methode – machen Sie den Test!
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Autor
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Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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