Schwellenländer Rentenfonds: Lohnt der Schnaps mehr Rendite?

Schwellenländer Rentenfonds bieten im Vergleich zu Anleihen aus den Industrieländern noch einigermaßen üppige Renditen. Darüber hinaus straffen die Notenbanken in den Schwellenländern bereits seit Monaten die Geldpolitik. Die Industrieländer sind da längst nicht so weit. Lohnt sich der Einstieg?

Anleger suchen verzweifelt nach auskömmlichen Zinsen

Verzweiflung ist mit Sicherheit ein schlechter Berater, aber es ist so: Mit jedem Tag, an dem die Zinsen im bei null verharren und die steigenden Inflation die Schlagzeilen dominiert, nimmt die Unruhe der Anleger zu. Denn die realen Renditen, also das, was von den Zinsen nach Abzug der Teuerungsrate übrigbleibt, sind inzwischen auf ein Minus von rund vier Prozent abgerauscht. Stand heute verlieren Anleger real vier Prozent ihres Erspartes, das auf dem Sparbuch herumdämmert.

Wir haben bereits mehrfach für langfristige Aktienanlagen plädiert als Ausweg aus der Zinsfalle, wollen heute aber den Blick auf die noch verbliebenen Zinsalternative richten. Die sind rar. Sichere Staatsanleihen aus den Industrieländern weisen negative Renditen auf. Wer in sie investiert, ist genauso ein sicherer Verlierer wie der Sparbuchbesitzer. Auch hochqualitative Unternehmensanleihen kratzen bereits nominal an der Null-Prozent-Grenze. Selbst Junk-Bonds kommen nur auf zwei, drei Prozent Rendite. Währungsrisiko oftmals inklusive.

Schauen wir deshalb auf die Schwellenländer. Deren Story ist bereits seit langem bekannt: Schwellenländer bieten Wachstumsphantasie. Nicht nur auf Aktienseite, sondern, wegen der höheren Zinsen, auch bei Währungen und Anleihen.

Drei Typen von Schwellenländer Rentenfonds

Bereits seit Jahren investieren Anleger aus Deutschland in Fonds für Schwellenländer-Renten. Wir setzen immer wieder darauf, dass unser niedrig verzinstes Euro-Cash üppige Renditen in Real, Renminbi, Rupie oder Lira abwirft. (Man spricht im Fach-Jargon auch vom sogenannten Carry Trade). Tatsächlich sind die Renditen üppig: Je nach Marktsegment werfen Schwellenländer-Anleihen hohe Zinserträge ab – zwischen vier und fünf Prozent sind bei den gängigen Benchmarks wie dem Index JPMorgan EMBI drin.

Es gibt verschiedene Kategorien für Schwellenländer Rentenfonds. Einmal gibt es Fonds, die speziell für Anleger aus dem Euroraum gedacht sind. Sie halten überwiegend Emissionen, die in Euro begeben werden. Zwar ist der Markt für Euro-Schwellenländer-Anleihen längst nicht so groß wie der für lokale Währungen und Dollar-Papiere, es gehört aber inzwischen zum Repertoire für die Staaten der Schwellenländer, sich in Euro zu verschulden. Für Privatanleger ist der Vorteil klar: Sie eliminieren ein wichtiges Risiko: das Währungsrisiko.

Dann gibt es Fonds, die in lokale Schwelländer Währungen investieren. Emissionen in lokaler Währung sind eine Folge des schmerzhaften Lernprozesses in den Schwellenländern aus den Krisen der Vergangenheit. Früher war es üblich, sich in Dollar zu verschulden. Das war in Krisenzeiten ein Problem. Geriet ein Land in wirtschaftliche Turbulenzen, litt die Fähigkeit, die in Dollar denominierten Schulden zurückzuzahlen, was wiederum die Wirtschafskrisen weiter befeuerte. Inzwischen ist es daher üblich, dass Schwellenländer sich in eigener Währung verschulden. Das mindert einerseits für die Staaten das Fremdwährungsrisiko, erhöht im Gegenzug dieses Risiko aber für Euro-Anleger – aber auch die Chancen, dass die Fremdwährungen aufwerten.

Schlussendlich gibt es Fonds, die in Emissionen, die auf Dollar lauten, investieren. Hier handelt es sich um das klassische Emerging Markets Investment-Universum, die für Dollar-Anleger eine gute Chance auf auskömmliche Zinsen ohne Fremdwährungsrisiken in sich birgt. Aber für Euro-Anleger sind diese Fonds ein zweischneidiges Schwert. Sie können zwar einigermaßen sicher sein, dass die Schwellenländer alles tun werden, um die Schulden zu bedienen. Aber das schützt Anleger nicht vor der im US/Euro-Wechselkurs inhärenten Volatilität.

Chancen und Risiken von Schwellenländer Rentenfonds

Damit kommen wir zu den Risiken eines Investments in Schwellenländer Rentenfonds. Prinzipiell nimmt die Attraktivität der Schwellenländer in dem Maße ab, wie die Zins-/Renditedifferenz zwischen Industrie- und Schwellenländern abnimmt. Das ist logisch: Haben wir Euro-Anleger die Aussicht auf ordentliche Zinsen, dann gewinnt die Heimatwährung an Attraktivität – bis im Extremfall Olafs Sparbuch wieder King ist.

Ein weiterer Einwand gegen Schwellenländer Rentenfonds: Die Kehrseite der hohen Zinsen sind die in der Regel vergleichsweise hohen Teuerungsraten. Anleger sollten also auch hier die realen Zinsen im Blick behalten und sich nicht von den nominal hohen Zinsen blenden lassen.

Die Rendite-Risiko-Eigenschaften von Schwellenländer-Anleihen zeigen wir in den beiden unteren Grafiken. Kommen wir zuerst zur Performance. Die erste Grafik bildet die kurz- und langfristigen Renditen ab, die Anleger in der Eurozone in den drei oben erläuterten Kategorien holen konnten. Es sind die kurz- und langfristigen Performance-Daten (2021, 1 Jahr, 3 Jahre und 5 Jahre) per Ende Oktober 2021 abgebildet.

Volatilität und maximaler Verlust bei Schwellenländer Rentenfonds

Schwellenländer Rentenfonds die Performance
Rendite ab 3 Jahren annualisiert (in Prozent), Quelle: Envestor, Morningstar

Die obere Grafik deutet einmal an, dass die Renditen in den vergangenen Jahren relativ bescheiden waren. In diesem Jahr fielen Verluste bei Euro-Anleihen und auch bei lokalen Währungen von zwischen 2,5 und 2,8 Prozent an. Dass Dollar Schwellenländer Rentenfonds um knapp drei Prozent zulegen konnten, lag, nun, an der Stärke des US-Dollar gegenüber dem Euro und den meisten Schwellenländer-Währungen. Insgesamt sorgten steigende Zinsen, das Performance-Rezept von morgen, für Kursverluste, da die Laufzeiten solcher Fonds recht lang sind – die typischen Indizes weisen Restlaufzeiten von über acht Jahren auf. Das führt zu Zinsänderungsrisiken, die sich 2021 deutlich manifestiert haben.

Dasselbe Phänomen zeigt sich auch längerfristig: Seit Ende 2020 und auch seit Ende 2018 konnten nur Dollar-Rentenfonds richtig überzeugen. Sie legten um über vier Prozent pro Jahr zu. Deutlich bescheidener war die Performance von Fonds für Euro Bonds und für lokale Währungen. In Summe waren in den vergangenen fünf Jahren nur zwischen 0,1 Prozent pro Jahr (lokale Währungen) und 1,9 Prozent pro Jahr (Dollar-Anleihen zu holen).

Daher kommen wir nun umstandslos zu den Risiken. Die untere Grafik bildet die Risiken einer Anlage in Schwellenländer Rentenfonds ab. Einmal die Volatilität, also die Schwankungsbreite der Renditen um den Mittelwert seit 2016. Zum anderen haben wir den maximalen Verlust in den vergangenen fünf Jahren abgebildet.

Etwas anders sieht es bei der Volatilität aus. Hier punkteten in den vergangenen Jahren Fonds für Euro-Anleihen, da hier keine Währungsvolatilität zu Buche schlug. Anleger dürften allerdings auf diese eher abstrakte Kennzahl viel weniger achten als auf die realen Verluste, die zeitweilig in ihren Depots niederschlugen.

Volatilität und maximaler Verluste bei Schwellenländer Rentenfonds

Schwellenländer Rentenfonds die Risiken
Volatilität (p,a.) und maximaler Verlust seit 2016 in Prozent, Quelle: Envestor, Morningstar

Die obere Grafik ergänzt die Renditeseite recht gut. Vor allem der abwärts gerichtete Balken, der den maximalen Verlust zeigt, illustriert die hohen Risiken eines Investments in Schwellenländer Rentenfonds. Besonders kräftig gaben seit 2016 am Tief Fonds für Euro-Anleihen nach. Sie verloren in den vergangenen fünf Jahren maximal 18,4 Prozent. Weniger büßten Fonds für lokale Währungen (16,3 Prozent) und Fonds für Dollar-Anleihen (17,1 Prozent). Besonders heftig korrigierten Schwellenländer Rentenfonds während der Kapitalmarkt-Volatilitäten 2020 und 2018. Damit zeigt sich die große Nähe zu Aktien-Investments, die in diesen Jahren zeitweilig ebenfalls hohe Verluste verbuchen mussten.

Damit kommen wir zu einem wichtigen Sachverhalt. Schwellenländer-Anleihen folgen in viel stärkerem Maße der Richtung der globalen Risikomärkte als sichere Euro-Anleihen. Die Korrelation der vergangenen drei und fünf Jahre mit globalen Aktien war hoch – zwischen 0,7 und 0,8. Dagegen war der Gleichklang zwischen Aktien und Euro-Anleihen deutlich niedriger. Auf den Punkt gebracht: Wer nach Schwellenländer-Anleihen in den vergangenen fünf Jahren gefischt hat, bekam jede Menge Aktien-Beifang extra dazu.

Ausblick: Alles eine Frage des Szenarios

Sollen Anleger sich ein Herz fassen und in Schwellenländer Rentenfonds investieren? Das hängt ganz vom Szenario ab. Wir befinden uns in einer höchst spannenden Situation. Wenn die Notenbanken in den Industrieländern den Schwerpunkt in den kommenden zwölf bis 18 Monaten weiter den Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Folgen der Covid-Krise setzen, dann werden Schwellenländer Anleihen deutlich an Attraktivität gewinnen. Denn dann verharren die Zinsen real hierzulande deutlich unter null, derweil die Schwellenländer derzeit bereits in einem Zinserhöhungs-Modus sind.

Die Notenbanken in den Emerging Markets reagieren viel schneller auf die Signale von der Inflationsfront als die EZB, BoE, BoJ oder die US-Fed. Erst jüngst hat die polnische Zentralbank, die nicht im Ruf steht, dem Lager der geldpolitischen Falken anzugehören, den Leitzins erstmals seit neun Jahren um 40 Basispunkte auf jetzt 0,5 Prozent erhöht. Neuseeland, zwar kein Schwellenland, wohl aber eine klassisches Carry-Ziel, hat auch im Oktober erstmals seit sieben Jahren die Zinsen erhöht.

Und es handelt sich nicht um Einzelfälle. Allerorts steigen in den Emerging Markets die Zinsen. Laut einer Prognose der US-Investmentbank JPMorgan von Ende Juli dürften in den nächsten zwölf Monaten die Notenbanken in 18 Schwellenländer die Zinsen in einem Umfang von 73 Zinsschritten a 25 Basispunkten erhöhen. In den kommenden zwei Jahren sollen die Zinsen dort über 100-mal erhöht werden. Besonders aktiv werden Brasilien, Kolumbien, Chile, Mexiko, Russland, Südafrika, Ungarn und Indien sein.

Das ist nicht nur ein Blue-Sky-Szenario für Anleger. Denn wer jetzt in Schwellenländer-Rentenfonds investiert, wird zunächst einmal die Folgen dieser Zinserhöhungen zu spüren bekommen. Steigende Zinsen bringen lang laufenden Anleihen zunächst einmal Kursverluste. Und da in den klassischen Schwellenländer Rentenindizes die Laufzeiten teillweise bei über zehn Jahren liegen, sind bei derartigen Portfolios (vor allem bei ETFs) die Verlustgefahren recht ausgeprägt.

Szenario Nummer zwei: Kommt die Krise mit steigenden Zinsen?

Aber es gibt auch eine andere Deutung. Da wäre einmal der bereits erwähnte kritische Blick auf die realen Zinsen. So steht in der Türkei den scheinbar sensationellen Zinsen von aktuell 16 Prozent eine Inflationsrate von 20 Prozent gegenüber. Real liegen die Zinsen also bei minus vier Prozent – genauso, wie das aktuell bei Olafs Sparbuch der Fall ist!

Das wirft ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten, mit denen viele Schwellenländer zu kämpfen haben. Im Gegensatz zu den Industrienationen hat sich die Wirtschaftsaktivität in den meisten Ländern der Dritten Welt nach dem Covid-Einbruch noch längst nicht erholt. Die Zinsen steigen also in einer Zeit, in der die konjunkturelle Erholung noch eine zarte Pflanze ist.

Bedenkt man, dass die Quote der Covid-19-Impfungen in den Schwellenländern vergleichsweise niedrig ist, wird deutlich, dass die Gefahr für die Schwellenländer-Ökonomien beachtlich ist. Die Notenbanken in den meisten Schwellenländern sitzen aktuell zwischen Baum und Borke. Sie müssen (Ausnahme: Erdogans Türkei) die Inflation bekämpfen. Mindestens ebenso wichtig ist es, eine Kapitalflucht zu verhindern und ausländische Investitionen anzuziehen.

Die Ampeln für ein Investment in Schwellenländer Rentenfonds sind so lange auf grün, wie sich diese mitunter prekäre Balance in einem Gleichgewicht befindet. Die Zinspolitik der Notenbanken in den Industrieländern, vor allem in den USA, ist für die Schwellenländer so wichtig, weil sie das Zünglein an der Waage sein kann. Nimmt die stark gestiegene Inflation weiter zu und handelt die Fed bereits Anfang 2022, könnte das zu Verwerfungen führen. Beruhigt sich dagegen die Lage an der Inflationsfront, dann werden Schwellenländer Rentenfonds eine der wenigen Quellen bei Zinsanlagen sein, die eine Chance auf üppige Renditen liefern – vorausgesetzt, der Zinserhöhungszyklus fällt nicht zu stark aus.

Im zweiten Teil des Artikels zu Schwellenländer Rentenfonds wollen wir drei empfehlenswerte Fonds vorstellen. Sie bilden jeweils eine der drei Kategorien ab, die wir hier besprochen haben: Schwellenländern Renten Euro, Schwellenländer lokale Währungen und Schwellenländer US-Dollar. Dabei haben wir folgende Fonds ausgewählt. Der Hyperlink hinter dem Fondsnamen führt Sie zu den ausführlichen Fondsportraits.

Neuberger Berman Emerging Markets Debt Hard Currency (Euro-Denomination)

Barings Emerging Markets Local Debt Fund (lokale Währungen)

PIMCO Emerging Markets Bond Fund (Dollar-Denomination)

 

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Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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