Flossbach, Kaldemorgen, Carmignac: Welche Mega-Mischfonds machen 2023 das Rennen?

Flossbach, Kaldemorgen, Carmignac: Wessen Michfonds liegt 2023 vorn? Eine vorläufige Bilanz – und warum die Vorgeschichte des Jahres 2022 dazu gehört. Performance-Vergleich der größten Mischfonds am Markt.

Als wir Mitte 2022 eine Performance-Bilanz der großen Mischfonds am Markt gezogen haben, befanden sich Anleger in einer anderen Welt. Die russische Armee war in der Ukraine eingefallen, die Energiepreise schossen in die Höhe, ebenso wie die Inflation, und ganze Wirtschaftszweige schienen vor dem Abgrund zu stehen. Die Verluste bei Aktien waren hoch, Anleihen hatten sogar einen Jahrhundert-Crash zu beklagen. Auch für den Rest des Jahres blieb die Situation an den Märkten angespannt. Ein 50:50 Aktien-Anleihen-Index (FTSE World und Bloomberg Barclays Euro Aggregate) hat 2022 gut 14,5 Prozent verloren. Das ist eine sehr großzügige Benchmark, da im vergangenen Jahr Rentenindizes hohe Verluste wegen der langen Laufzeiten verbuchen mussten; kaum ein aktiv verwalteter Mischfonds ist mit derart hohen Durationsrisiken ins Crash-Jahr gegangen.    

2023: Abrupter Trendwechsel an den Märkten

Heute ist die Welt eine andere. Auch wenn der russische Angriffskrieg andauert, sind viele Anleger erstaunlich bullish. Die Notenbanken haben zwar kräftig an der Zinsschraube gedreht, aber es stellte sich Ende 2022 etwas ein, was kaum jemand Mitte des Jahres erwartet hatte: die Märkte drehten, und seitdem zeigt sich globale Konjunktur immer resilienter. Die Energiepreise sind von ihrem Hoch 2022 heruntergekommen. Die Inflation ist überall auf dem Rückzug.

Auch wenn die Notenbanken noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen sind, so gehen Notenbank-Watcher zumindest von einem vorsichtigen Verhalten der Notenbanken in der nächsten Zeit aus. Ein Ende der Zinserhöhungen ist also mutmaßlich in Sicht. Die Märkte reagieren mit Euphorie auf die abgesagte Rezession bei gleichzeitig schwindender Inflation. Gewonnen haben 2023 vor allem viele Verlierer des Jahres 2022: Tech-, Software und sonstige Growth-Aktien. Der MSCI World legte um 14 Prozent zu, und der oben erwähnte Aktien-Renten-Index stieg bisher um gut sieben Prozent. 

Recap: Mischfonds auf Achterbahnfahrt

Vor dem Hintergrund der zweigeteilten Märkte 2022/23 greifen wir unsere Halbjahres-Mischfondsbilanz vom letzten Jahr auf und schreiben die Geschichte fort: Wie haben die großen Mischfonds am Markt bisher in diesem Jahr abgeschnitten? Diese Frage ist relevant, denn viele Anleger – auch envestor-Kunden – investieren in die Fonds von Flossbach, Carmignac und Kaldemorgen. Natürlich ist uns bewusst, dass man bei einem Vergleich zwischen der Bilanz eines ganzen Kalenderjahres und den ersten acht Monaten 2023 in die argumentative Schieflage geraten kann. Aber es geht uns um Trends und nicht um Millimeterarbeit.

Der Vergleich ist aber aus einem anderen Grund interessant: Die Märkte fielen von einem Extrem ins andere. Beide Extreme kamen unerwartet – kaum jemand hat mit der russischen Invasion 2022 gerechnet, kaum jemand mit der Erleichterungsrally 2023. Das Tückische an der diesjährigen Rally: Sie setzte zwar schon im Januar ein, wurde aber gefolgt von einem rumpeligen Frühjahr. Viele Anleger konnten also nicht davon ausgehen, dass Ende Juni Rekordergebnisse bei vielen Aktienmärkten stehen würden. Auch im Juli galoppierten die Märkte davon.

Kommen wir nun zum Performance-Abgleich. Die untere Tabelle bildet die 20 größten Mischfonds am Markt ab. Sie ist absteigend nach verwaltetem Vermögen sortiert. (Es sind 21 Fonds – die beiden Multiple Opportunity Fonds aus dem Hause Flossbach sind faktisch identisch). Neben Namen, ISIN, Mischfondskategorie finden sich von links nach rechts das Morningstar Rating, die Kosten (vor envestor Cashback), das Vermögen sowie die Performance in verschiedenen Perioden. Uns interessieren dabei besonders die Spalten 2022 und 2023 (per Ende August).

Bilanz von Flossbach & Co.: 2022 und heute

Flossbach Mischfonds

Performance in Euro (ab 3 Jahre annualisiert), Prozent und per 25.8.2023 (*=24.8.2023), Vermögen in Mio Euro und per 31.7.2023, Quelle: Morningstar

Mischfonds 2023: Die Erfolgsstories

Fangen wir mit den Erfolgsstories an. Die beste Performance hat 2023 der Acatis Value Event Fonds hingelegt, den wir jüngst analysiert haben. Er konnte um gut 13 Prozent per Ende August zulegen. Der Fonds hat mit einer hohen Aktienquote und signifikanten Exposure zu Quality (lies: vor allem Tech-Aktien) in den ersten acht Monaten so ziemlich alles in Grund und Boden outperformt. Im vergangenen Jahr verlor er zwar zweistellig, begrenzte das Minus allerdings auf 12,4 Prozent. Das ist weniger als die Benchmark und vieler Mischfonds unserer Auswahl.

Ordentlich lief es 2022/23 beim Flossbach von Storch Multiple Opportunities. Auch hier war das Minus 2022 zwar nicht gering, aber erträglich, und im Ergebnis schaffte der Fonds, wie so oft, den Wechsel vom Risk-off zum Risk-on Modus. In diesem Jahr liegt der Fonds mit knapp sieben Prozent vergleichsweise weit vorn und nur knapp hinter der 50:50 Benchmark.

Auch weniger spektakuläre Fälle zeugen von einer soliden Leistung. Der DWS Concept Kaldemorgen etwa legte 2023 gut 3,5 Prozent zu. Das ist relativ wenig. Allerdings verlor er im Crash-Jahr 2022 nur 4,8 Prozent. Kein Fonds unserer Auswahl büßte weniger ein. Das unterstreicht den defensiven Charakter des Fonds, der in Abwärtsphasen zumeist solide dasteht und zugleich in der Lage ist, in freundlichen Märkten mitzuhalten, zumindest einigermaßen.

Mischfonds 2023: Licht und Schatten

Licht und Schatten finden sich bei anderen Fonds. Recht ordentlich zulegen konnte der Allianz Income and Growth in diesem Jahr, nämlich um knapp 8 Prozent. Allerdings hat dieser Fonds noch einiges aufzuholen. Er brach im vergangenen Jahr massiv ein und verlor knapp 22 Prozent. Das war ein größeres Minus als bei so machen Aktienfonds. Ein Grund ist, dass der Fonds nicht gut diversifiziert ist. Er setzt bei Anleihen auf Hochzinspapiere, die aktienähnliche Risiken aufweisen. Nicht jeder Anleger dürfte derartige Einbrüche locker wegstecken.

Zwei defensive Fonds performten in beiden Marktphasen so, wie man es erwarten konnte. Der Nordea Stable Return konnte zwar die Verluste 2022 begrenzen, aber das magere Plus von 1,2 Prozent in diesem Jahr reflektiert nicht die Möglichkeiten des Fonds, der auf der Aktienseite auf Quality und bei Anleihen in der Regel auf Staatsanleihen setzt. Beide Asset-Klassen liefen in diesem Jahr besser, als man es dem Fonds ansieht.

Der Carmignac Patrimoine schaffte es 2022 mit einem Minus von unter zehn Prozent die Verluste zu begrenzen. Dafür fällt die Performance für einen ausgewogenen Mischfonds mit einem leichten Minus in diesem Jahr allerdings schwach aus.  Leider zeigt sich immer wieder, dass bei diesem Fonds das durchaus gute Risikomanagement einer unterdurchschnittlichen Performance gegenüber steht. Auch risikokontrollierte  Mischfonds sollten in der Lage sein, an Aufwärtsmärkten zumindest etwas zu partizipieren.

Nicht schwach, aber auch nicht brillant fällt die Bilanz des M&G Optimal Income aus. Der Fonds investiert selten mehr als zehn Prozent seines Vermögens in Aktien. Dass der Fonds im Horrorjahr für Anleihen 2022 kräftig nachgab, ist verständlich. Der Fonds kommt in diesem Jahr mit einem Plus von knapp drei Prozent so einigermaßen mit. Sein Problem ist, dass er die Risiken auf der Bond-Seite suchen muss, weil Aktien nur ausnahmsweise eine Rolle spielen. Die Gewinne 2023 sind erfreulich, aber mit Bonds wird der Manager nicht alles Verlorene wettmachen können.

Eher unbefriedigend sieht es beim UniRak und Janus Henderson Balanced aus. Beide Fonds konnten zwar 2023 bisher einigermaßen mitkommen, aber die Verluste waren 2022 heftig, sodass ein bitterer Nachgeschmack bleibt.

Mischfonds 2023: Wo es nicht lief

Last but not least: Es sind nicht viele, aber einige der großen Mischfonds am deutschen Markt können kein stimmiges Bild in beiden konträren Marktphasen liefern. das wirft die Frage nach der Konsistenz der Ansätze auf. Dazu zählen prominente Produkte aus den Häusern Union Investment, JPMorgan, Fidelity und BlackRock.

Überaus schwach ist die Bilanz des Fidelity Global Multi Asset Income, der 2022 ordentlich verlor und in diesem Jahr die schwächste Performance aller großen Mischfonds hinnehmen musste. Dieser Fonds zählt auch langfristig zu den schwächsten Fonds seiner Kategorie. Hier stellen sich grundsätzliche Fragen zur Stetigkeit des Investmentprozesses. Mau schnitten auch zwei defensive Mischfonds von Union Investment ab: der PrivatFonds: Kontrolliert und der UniRak Nachhaltig Konservativ. Für defensive Mischfonds sind Verluste von zwischen 14 und 20 Prozent bitter; kein anderer defensiver Mischfonds unserer Auswahl verlor so viel.

Wenn dann in ausgeprägten Hausse-Märkten eine signifikante Erholung ausbleibt, zeugt das von einem asymmetrischen Rendite-Risiko-Profil – zu Ungunsten der Anleger. Besonders bitter für Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken: Der immer noch 15,6 Milliarden Euro schwere PrivatFonds: Kontrolliert hat in den vergangenen fünf Jahren jedes Jahr im Schnitt einen Verlust von gut einem Prozent hinnehmen müssen. Überspitzt formuliert wären Anleger mit den Minuszinsen so mancher Genossenschaftsbank besser gefahren als mit Aktien-Renten-Fonds von Union Investment. 

Auch einige Fonds von BlackRock und JPMorgan lieferten Mittelmaß ab. Der JPMorgan Global Income verlor 2022 kräftig, und die Erholung 2023 lässt mit einem Minimalen Plus zu wünschen übrig. Das gilt auch für den BGF Global Multi-Asset Income und erst recht für den BGF ESG Multi-Asset Global Opportunities. Auch diese Ergebnisse sprechen für zu viel Taktik.

Fazit: Taktik tut der Performance nicht gut

Die Fondsbranche hebt  hervor, dass Mischfonds in der Lage sind, die Risiken in Abwärtsmärkten abzufedern und in Aufwärtsphasen an der Entwicklung der Aktien- Anleihen-Märkte teilzunehmen. Das ist leider nicht nur eine Marketing-Binse, sondern eine selbst gestellte Falle. Wer vorgibt, alles zu können, setzt sich dem Druck aus, immer alles richtig machen zu müssen. In der Praxis werden dann viele Portfolios taktisch gemanagt, was oft Performance vernichtet.

Langfristig ist die strategische Vermögenssteuerung wichtiger als taktische Asset Allocation. Wer zu viel herumtaktiert, erweist Anlegern auch in anderer Hinsicht einen Bärendienst: Investoren brauchen zwar in erster Linie Performance, aber sie brauchen auch Berechenbarkeit. Nur, wer einigermaßen einschätzen kann, wie sich ein Fonds in der Baisse und in der Hausse verhält, wird eine qualifizierte Entscheidung im Sinne seiner Präferenzen bei der Fondsauswahl treffen können.

Anders ausgedrückt: Fonds, die in Aktien und Anleihen investieren, werden sich negativen Marktphasen dort nicht entziehen können. Das ist unvermeidlich. Aber Stiltreue bedeutet Berechenbarkeit. Wer ein Szenario entwirft, kann dann gezielt zugreifen, mit dem Wissen, dass der Manager seinen Job macht. 

Unsere Untersuchung zeigt das Verhalten großer Mischfonds in der Baisse 2022 und in der Hausse in diesem Jahr. Anleger sollten bei unserer Untersuchung weniger die konkreten Performance-Zahlen vergleichen, sondern vielmehr auf die Konsistenz achten: Passen die Verluste des Jahres 2022 mit den Ergebnissen des laufenden Jahres zusammen? Auch wenn das Jahr 2023 längst noch nicht zuende ist, ist der Trend bei den einzelnen Fonds ziemlich vielsagend. Leider sind nicht alle Manager wie Flossbach und Acatis Gané bei ihrer Linie geblieben.

Über den Autor

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Ali Masarwah

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar.
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