Ein Gespräch mit Henning Gebhardt, Fondsmanager und Partner beim Vermögensverwalter Hollyhedge Consult. Er verantwortet ab 2022 den Mischfonds Millenium Global Opportunities (ISIN: LU0140354944), der auch auf Envestor gelistet ist und bei dem Kunden von Envestor Direkt auch von der Cashback-Lösung profitieren. Der langjährige Fondsmanager war bis 2016 DWS Geschäftsführer mit Verantwortung für den Aktienbereich der Deutsche-Bank-Tochter. Zwischen 2017 und 2019 war er Leiter des Wealth und Asset Managements bei Berenberg. Wir sprachen über die Unsicherheit an den Märkten und wie Anleger den optimalen Zugang zu Aktien bekommen können.
Herr Gebhardt, in diesen Tagen schwanken die Märkte zwischen der Panik vor der Omikron-Variante des Coronavirus und der Zuversicht, dass die Weltwirtschaft wieder in die Gänge kommt. Wo stehen wir?
Omikron hat zwar anscheinend einen wesentlich schwächeren Verlauf, verbreitet sich dafür aber schneller als die Delta-Variante. Es kann durchaus sein, dass wir einer „Durchseuchung“ der Gesellschaft näher kommen und das Virus endemisch wird. Andererseits ist der Zeitpunkt suboptimal, da die Gesundheitssysteme schon sehr belastet sind. Daher kann es auch wieder zu Lockdowns kommen. Die Frage ist auch, wie sich zum Beispiel China verhält, wenn es dort zu Infektionen kommt. Wird dort wieder in großem Stil alles zugemacht, könnte es zu weiteren Problemen in den Lieferketten kommen.
Investoren mögen ja bekanntlich die Unsicherheit nicht, aber eine schnelle Klärung ist mit Blick auf das, was die Märkte 2022 erwartet, nicht zu erwarten?
2022 wird so oder so herausfordernd. Die Entwicklung der Weltwirtschaft ist mit einigen Unsicherheiten verbunden. Sei es China, wo Evergrande ein Thema ist, die gestressten Lieferketten, Corona und die Inflation. Alle diese Probleme werden den Markt beschäftigen. Von der Inflation und der Wirtschaftsdynamik wird es abhängen, wie sich die FED verhalten wird. Auch das ist heute eher unsicher, wobei Stand heute ab Sommer 2022 mit Zinserhöhungen zu rechnen ist.
Viele Anleger merken in Zeiten steigender Inflation, dass die Teuerung ihr Cash auf dem Sparkonto wegfrist. Gleichzeitig eilen die Aktienmärkte von Hoch zu Hoch. Ist der Einstieg zu spät?
Die Frage höre ich, seitdem ich als Investor aktiv bin. Es ist nie zu spät für den Einstieg. Nur in Übertreibungsphasen ist ein Einstieg temporär nicht ratsam und es dauert dann manchmal etwas länger bis neue Höchststände erreichbar sind. Heute sind die Bewertungen nicht übertrieben. Allerdings kann es sein, dass durch höhere Zinsen die Bewertungsniveaus des Aktienmarktes Anpassungsbedarf haben. Das heißt aber nicht, dass die Aktienmärkte fallen müssen. Das Gewinnwachstum spiegelt dann aber nicht in einem ebenso hohen Anstieg der Aktienmärkte wider.
Sparkonto-Inhaber ohne Aktienerfahrung befürchten, genau zum falschen Zeitpunkt auf Aktien zu setzen. Was sagen Sie denen?
Die Angst besteht bei den Anlegern leider immer. Eigentlich müsste man den Spieß umdrehen: außer der kurzfristig benötigten Liquidität sollte man gar nicht auf einem Konto „sparen“. Langfristig in Aktien oder einen Fonds zu investieren, ist immer die bessere Alternative. Ich empfehle Anlegern, einen Blick auf das Renditedreieck des DAI zu werfen. Dort erkennt man sofort, dass es eigentlich immer richtig war, investiert zu sein. Wer nicht alles auf den Aktienmarkt setzen will, ist bei uns genau richtig.
Sie sind wieder nach einer Pause im Geschäft als Partner des Vermögensverwalters Hollyhedge, wo Mischfonds im Fokus stehen. Wie weit war der Weg für den Fondsmanager Henning Gebhardt von deutschen Aktien zum flexiblen Mischfonds Millennium Global Opportunities?
Der Weg war ganz kurz. Ich habe schon während meiner Zeit bei der DWS erfolgreich einen Multi-Asset-Dachfonds gemanagt. Ich war als europäischer CIO für alle Asset-Klassen verantwortlich und stand im ständigen Austausch mit allen Fondsmanagern. Auch bei Berenberg spielte die Neupositionierung der Vermögensverwaltung eine wichtige Rolle. Die Auflegung des Berenberg Variato habe ich maßgeblich mitverantwortet. Udo Behrenwaldt, mein erster Chef bei der DWS, hat einmal zu mir gesagt, dass eine Multi-Asset-Strategie zu managen die Königsklasse im Asset Management sei. Das trifft es gut, und auch deshalb hat es mich sehr gereizt, jetzt diesen schon lange etablierten Fonds zu übernehmen.
Sie treten die Nachfolge von Fondsmanager Frank Zinnecker an, der in den Ruhestand geht; Christoph Lambert, der zweite Fondsmanager, bleibt an Bord. Was wird sich am Management des Fonds ändern?
Mit Christoph Lampert bleibt ein erfahrener Investor an Bord. Er ist schon seit einigen Jahrzehnten an den Kapitalmärkten aktiv. Gemeinsam werden wir den Fokus bei den Aktieninvestments noch stärker auf Wachstum ausrichten. Die Millennials werden in den nächsten Jahren themenbestimmend sein, da sie weltweit die größte Bevölkerungsgruppe darstellen. Daraus ergeben sich viele Wachstumstrends. Die Fokussierung haben wir bereits umgesetzt. Aktuell sind wir vor allem im E-Commerce, Klimawandel, innovativen Technologien oder Gesundheitswesen investiert. Unternehmen, die in diesen Branchen tätig sind, zum Beispiel Prosus, SSE, ASML oder Pfizer.
Wie wird sich Ihre Handschrift noch bemerkbar machen?
Wir werden gleichzeitig die Anlagerichtlinien so ändern, dass bessere Möglichkeiten bestehen, Investments zu tätigen, in denen der Fonds bisher nicht vertreten war. Wir werden der Strategie auch mehr Fonds, Zertifikate oder andere Anlageinstrumente beifügen, um alle Opportunitäten an den Kapitalmärkten ausnutzen zu können.
Es fällt auf, dass die Aktienquote beim Millennium Global Opportunities bisher relativ hoch war für einen flexiblen Mischfonds, und die Quote wurde bisher je nach Marktsituation stark erhöht oder gesenkt. Was steckt dahinter?
Das ist richtig. Der Idee nach setzt der Fonds auf Aktien, Renten und Kasse. Da Renten-Engagements in jüngster Zeit aber eher unattraktiv geworden sind, hat sich das Portfolio auf Aktien und Kasse reduziert. Im Portfolio wurde dann sozusagen über die Aktienquote geatmet, da hat es ziemlich geschwankt. Das werden wir ändern! Das Basisportfolio sollte eine deutlich höhere Stabilität besitzen. Eine Reduzierung des Aktienrisikos, das immer mal angeraten sein kann, werden wir eher durch eine taktische Implementierung eines Aktien-Overlays anstreben, also durch die Nutzung von Optionen und Futures. Aufgrund der Tatsache, dass die Rentenmärkte mittelfristig unattraktiv bleiben werden, wird die Aktienquote aber weiter um die 70 Prozent schwanken.
Welche Funktion hat der Fonds im Portfolio eines Anlegers? Ist es ein Teil des Aktienbausteins, der über die taktische Steuerung der Aktienquote das Risiko dämpft?
Der Fonds stellt einen vermögensbildenden Baustein da. Er wird Phasen geben, in denen die Aktienmärkte stark steigen. Das wird der Fonds natürlich nicht 1:1 mitmachen. Durch die Positionierung auf Wachstum und Einkommen sollte das Risiko gegenüber Aktienindizes aber deutlich reduziert werden können. Das Aktienportfolio wird zu ca. zwei Dritteln aus Wachstumstiteln und einem Drittel aus Positionen bestehen, bei denen das Einkommen im Vordergrund steht. Gleichzeitig werden wir taktische Absicherungen implementieren, wobei uns bewusst ist, wie schwierig das sogenannte „Market Timing“ ist. Wir streben eine attraktive Rendite bei einem vertretbaren Risiko an.
Wie sieht das Risikomanagement aus? Welche Verluste muss der Anleger bei dem Fonds in Kauf nehmen?
Neben gelegentlichen Absicherungen der Aktienmärkte müssen wir natürlich die Devisenmärkte beobachten. Es gibt immer wieder Phasen ausgeprägter Euro-Stärke, auch wenn die Devisenmärkte langfristig gar nicht so stark schwanken. Hier werden wir agieren. Die wichtigste Rolle um Risiken zu reduzieren spielt aber natürlich die Diversifikation über verschiedene Anlageklassen und Regionen. Wir können weltweit aktiv sein und werden das auch sein. Mit vorübergehenden Verlusten müssen Anleger leider immer rechnen. In solchen Phasen werden wir versuchen, den Verlust der Anleger im Vergleich zu den Märkten zu dämpfen.
Was verstehen Sie unter Wachstumsaktien?
Wachstumsaktien findet man nicht nur in der Technologiebranche. Digitalisierung spielt zwar auch in unserem Portfolio eine wichtige Rolle. Aber im Bereich Konsum, Nahrung, Klima, Industrie oder Gesundheit gibt es ausgeprägte langfristige Wachstumstrends. Es gibt zudem aber auch spannende REITS, die gleichzeitig Wachstum und auch eine attraktive steigende Dividende aufweisen. Ein Beispiel ist die Medical Property Trust, die im Bereich Krankenhausimmobilien in den USA tätig ist. Neben bekannten Wachstumstiteln wie LVMH oder Hermes finden sie bei uns aber auch Titel wie SSE, die alte Scottish Southern Energy, die sich gerade in der Transformation von einem klassischen Versorger zu einem grünen Stromanbieter wandelt. So lange die Transformation stattfindet, erhalten Anleger eine attraktive Dividende. Traditionelle Branchen wie Öl, Autos oder Banken werden bei uns nur ein geringes Gewicht haben, auch weil da wir das Thema ESG sehr ernst nehmen.
Wie hält es Henning Gebhardt mit dem Thema Nachhaltigkeit genau?
Es ist wichtig und richtig diese Faktoren bei der Anlage zu berücksichtigen. In welche Richtung das Thema geht ist noch nicht eindeutig. Die Initiativen der EU und des deutschen Gesetzgebers erreichen auf jeden Fall, dass das Bewusstsein der Anleger und der Unternehmen für Umwelt, soziales und Governance steigt. Das ist begrüßenswert. Wir sind hier gut aufgestellt. Unser Portfolio besitzt schon heute kaum Titel mit einem schlechten Nachhaltigkeits-Rating. Kontroverse Unternehmen und Branchen meiden wir bewusst.